KUNST DER ZEIT
HEFTNUMMER9 JUN11 930 1. JAHRGANG
Sehr einfach
„Ach, Fräulein, ik wollte Ihnen man sagen, det ik seit jestern
nich mehr Kaklow heiße, ik heifje jetzt Mieze Buschke." — „Ja,
aber, wieso denn, Mariechen?" — „Na, er hat ihr doch jeheirat' I"
Bruno Paul
von
PAUL F. SCHMIDT
Es ist lange her, daß
Bruno Paul zu den Mit-
arbeitern des Simpli-
cissimus zählte. Man
kann es wohl die klassi-
sche Zeit dieses einzig-
artigen Witzblattes
nennen, dies erste Jahr-
zehnt seines Bestehens,
so um 1900 herum, als
es ebenso reichlichenStoff
für politische und soziale
Satire wie Gefahren
für den kühnen Wahr-
heitssager gab. Bruno
Paul hat sich zwar nicht
so weit vorgewagt wie
Th. Th. Heine, der seine
,.Majestätsbeleidigungen“
— das gab es damals in
eindeutlicher Sachlichkeit
und mit allen Konse-
quenzen — im Gefängnis
von Stadelheim gebüßt
hat, so gut wie der später
leider recht fromm ge-
wordene Ludwig Thoma.
Aber Pauls Verhöhnun-
gen derBourgeois, Korps-
studenten, Bierdimpfl und
Adligen sind kräftig ge-
nug, um darüber manche
seiner eleganten Innen-
einrichtungen in der
traulichen Art des Bie-
dermeiers zu verges-
sen. Das Merkwürdige
ist, daß er solche Möbel
und die Zeichnungen zum Simplicissimus zu gleicher Zeit hat schaffen können.
Die Möbel mögen noch nicht so weltmännisch elegant und nach Kompromiß
ausgesehen haben wie später, als er aus der aufrührerischen Luft Münchens
193
HEFTNUMMER9 JUN11 930 1. JAHRGANG
Sehr einfach
„Ach, Fräulein, ik wollte Ihnen man sagen, det ik seit jestern
nich mehr Kaklow heiße, ik heifje jetzt Mieze Buschke." — „Ja,
aber, wieso denn, Mariechen?" — „Na, er hat ihr doch jeheirat' I"
Bruno Paul
von
PAUL F. SCHMIDT
Es ist lange her, daß
Bruno Paul zu den Mit-
arbeitern des Simpli-
cissimus zählte. Man
kann es wohl die klassi-
sche Zeit dieses einzig-
artigen Witzblattes
nennen, dies erste Jahr-
zehnt seines Bestehens,
so um 1900 herum, als
es ebenso reichlichenStoff
für politische und soziale
Satire wie Gefahren
für den kühnen Wahr-
heitssager gab. Bruno
Paul hat sich zwar nicht
so weit vorgewagt wie
Th. Th. Heine, der seine
,.Majestätsbeleidigungen“
— das gab es damals in
eindeutlicher Sachlichkeit
und mit allen Konse-
quenzen — im Gefängnis
von Stadelheim gebüßt
hat, so gut wie der später
leider recht fromm ge-
wordene Ludwig Thoma.
Aber Pauls Verhöhnun-
gen derBourgeois, Korps-
studenten, Bierdimpfl und
Adligen sind kräftig ge-
nug, um darüber manche
seiner eleganten Innen-
einrichtungen in der
traulichen Art des Bie-
dermeiers zu verges-
sen. Das Merkwürdige
ist, daß er solche Möbel
und die Zeichnungen zum Simplicissimus zu gleicher Zeit hat schaffen können.
Die Möbel mögen noch nicht so weltmännisch elegant und nach Kompromiß
ausgesehen haben wie später, als er aus der aufrührerischen Luft Münchens
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