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Kunst der Zeit: Zeitschrift der Künstler-Selbsthilfe: Periodica — 1.1929/​1930

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Schulz-Albrecht, August Julius: Hans Baluschek
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https://doi.org/10.11588/diglit.55057#0211

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Hans Baluschek

Rangierbahnhof (Oel)

Hans Baluschek
von
OTTO BRATTSKOVEN
Am 9. Mai dieses Jahres wurde der Maler, Zeichner und Graphiker Hans
Baluschek 60 Jahre alt. Seine historische Bedeutung, als einer der ersten
Künstler in Deutschland das Leben und Treiben, die Sorgen und Nöte des vier-
ten Standes ungeschminkt und ohne Verschönerung dargestellt zu haben, ist
heute bekannt. Der gegenwärtigen Generation scheint sein Werk und seine
seit den Anfängen her fast unverändert beibehaltene Auffassung und Dar-
stellungsweise nicht mehr recht ihr zupassend, man lebt teilweise schon in
anderen Gefühlswelten, man ist nüchterner, kühler, wesensbetonter geworden.
Man muß jedoch die Vergangenheit lebendig zu machen versuchen, um seine
Eigenart vollkommen verstehen und somit auch seine ganze Bedeutung er-
fassen zu können. Der zu seiner Zeit auch lebhaft in kulturellen und künst-
lerischen Dingen am Zeitgeschehen teilnehmende Politiker Friedrich Nau-
mann—-Liebermann hat ihn mit seiner charakteristischen Haltung beim
Sprechen in einem Gemälde lebendig erfaßt! — schrieb schon 1902 über den
Künstler anläßlich einer Ausstellung: „Um die Armut zu malen, muß man sie
erlebt und über sie philosophiert haben. Das tat Meunier, als er Arbeit und
Mangel zu urkundlicher Größe hob und ein Heer duldender Helden malte,
zeichnete und modellierte. Nicht so monumental, aber ebenso ernsthaft malt
Hans Baluschek die kleinen Leute. Er malt sie nicht, wie irgendein junger
Mann eine Kuh am Bach oder ein Mädchen auf der Wiese verewigt, sondern
sie werden eben in ihrer Kleinheit, Kleinlichkeit und ihrer proletarischen Gut-

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