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Kunst der Zeit: Zeitschrift der Künstler-Selbsthilfe: Periodica — 1.1929/​1930

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Wolfradt, Willi: Schienen in der Landschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.55057#0232

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Georg Scholz

Landschaft (Oel)

Schienen in der Landschaft
von
WILLI WOLFRADT
Seit Menzels kühnem Vorgang mit der Darstellung der gerade
eröffneten Bahnstrecke Berlin-Potsdam, die in der Nationalgalerie
zu sehen ist, haben manche Maler den Reiz des schlank durch das
Gelände schneidenden Schienenbogens ins Auge gefaßt. Immerhin
sind derartige Bilder doch nur vereinzelt aufgetaucht. Es muß dem-
gegenüber auffallen, wie häufig seit einigen Jahren das Motiv der
durch die Natur geschlagenen Geleiskurve behandelt wird. Die von
der Diagonale der Bahnlinie scharf durchquerte Landschaft kann
geradezu als ein bevorzugtes Thema der Gegenwartskunst bezeich-
net werden. Nahezu in jeder Ausstellung sind derartige Aufnahmen
anzutreffen, die offenbar einem gesteigerten Interesse an der blank
und stracks wie mit dem Lineal gezogenen Form verdankt werden.
Zu lange schon ist die Erde vom Stahlnetz der Bahnen um-
sponnen, zu selbstverständlich ist uns im Zeitalter des Flugverkehrs
längst die Vorstellung von der Großartigkeit eines nach allen
Seiten ausstrahlenden Systems weithinzielender Verbindungslinien
geworden, als daß der Anblick von Schienen noch Sensationen
auslösen könnte, — es sei denn rein ästhetische. Verwunderlich
genug, daß solche Hochgefühle in den hinter uns liegenden Jahr-

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