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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 8
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Galland, Georg: Die künstlerische Hebung der Frauentracht
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E. Doeplers d. A. Lebenserinnerungen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0138
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-r- Die Aun st-Halle -L-

Nr. 8

das sich unter dem Vorwand der „künstlerischen
Hebung der Frauentracht" in Deutschland aufthun
will, auch der Direktor eines Museums befindet, das
den Namen Kaiser Wilhelms trägt. G. G.
Druckfehler. Nr. 7 S. 98 Spalte 2 Z. Z7 v. oben
lies künstlerischen Verhältnisse (statt künstlichen).
E. Weplers d. A. Febenserimermgen.
er Memoirenschreiber darf auf um so
höhere Theilnahme des Lesers rechnen,
se wichtiger, einflußreicher seine eigene
Persönlichkeit ist, oder se wichtigere Dinge und se
einflußreichere Personen er geistreich zu beleuchten
weiß. Erinnerungen eines erfahrenen alten Künstlers
am Ende einer so wandlungsreichen Zeit, wie sie
bekanntermaßen die deutsche Kunst in den letzten
75 Zähren durchlebt, müßten von Nechtswegen sehr
hochgespannte Erwartungen erfüllen, selbst wenn man
nicht an sede Selbstbiographie den Maaßstab anlegen
wird, den etwa Eellinis Lebensbeschreibung oder
Feuerbachs tiefgründiges „vermächtniß" giebt. Aber
inan wird doch ohne Frage einräumen, daß ein ge-
waltiger Unterschied herrschen müsse zwischen Künstler-
erinnerungen und den Memoiren etwa einer redseligen
alten Hofdame, die über alle ihre Knixe und sämmt-
liche Gunstbezeugungen höchster Herrschaften sorg-
fältig berichtet. Zn Karl Emil Doeplers des
Kelteren, „75 Zahre Leben, Schaffen, Sweben"
ist von solchem Unterschiede wenig genug zu merken.
Es ist hier erstaunlich viel die Rede von allerhand
Kurzweil, belegten Stullen und getrunkenen Schnäpsen,
und wenn der verehrungswürdige Selbstbiograph
wirklich dann und wann „auch" von Kunst redet,
der Unterhaltung mit einem der berühmten Künstler
seiner Zeit gedenkt, so erscheint ihm der Znhalt des
Gesprächs meist ziemlich nebensächlich, jedenfalls
nebensächlicher als die „Marke" (Liebfrauenmilch
u. dgl.), die dabei getrunken wurde. Doeplers Er-
innerungen haften also leider überwiegend au manch-
mal absolut gleichgiltigen Äußerlichkeiten. Znter-
essante Charaktere, die er in nicht geringer Zahl in
München, Weimar und Berlin kennen lernte, werden
oft allerdings nicht ohne Humor und Schalkhaftigkeit,
aber meist ohne psychologischen Scharfblick flüchtig
und grob skizzirt. Manche werden bei den an-
schaulichsten Schilderungen vielleicht an Heines Harz-
reise, Andere an L. Pietschs Memoiren denken, die
ihm sicherlich vorgeschwebt haben. Zch vermisse am
lebhaftesten wirklich intime Züge der erwähnten
Personen, in die Tiefe des Seelenlebens steigende
Bekenntnisse, die nicht grade mit Kneipenklatsch oder
Hofintriguen zu thun haben; von letzterer Gattung
enthalten die Memoiren genügenden Stoff.

Natürlich fehlt es dem dickleibigen Bande von
50 f Seiten nicht gänzlich an Mittheilungen, die über
das flüchtige Znteresse des Kunsthistorikers hinaus-
gehen. Wir glauben daher in diesen Spalten, die
als Lesebuch jedenfalls vortreffliche Schilderung
Doeplers nicht besser würdigen zukönnen, als da-
durch, daß wir einzelnes auf Kunst und Künstler der
Vergangenheit Bezügliche hier reproduziren.
Wir knüpfen zunächst an Meister Doeplers
Münchener Aufenthalt in den Zähren (858 und
(859 an:
„Zn das Atelier p ilotvs trat ich ein und bekam
meinen Platz in den unteren Lokalitäten der König!.
Akademie der Künste, in welchen der Maler Baum-
gartner, der junge Makart, Liezenmayer und Alexander-
Wagner bereits geraume Zeit arbeiteten. Makart
hatte ein Bild angefangen von nicht großer räum-
licher Ausdehnung: „Die vertheidigung der Salzburger-
veste durch einen Erzbischof", dessen Name mir nicht
mehr gegenwärtig ist. Dieses Bild war ein wenig
konfus angelegt, zeigte jedoch einzelne koloristisch schöne
Stellen, aber vorläufig befand sich dasselbe in einem
verzweifelten Stadium und ich glaube, daß dieses
Bild nie fertig gemalt worden ist. Zch sprach mit
pilotv darüber und er hielt damals das Talent
Makarts noch für ein sehr fragliches. Liezenmayer
und Alexander Wagner malten an Stillleben, die
unverkennbar die eminente technische Begabung Beider
zeigten. Zch hatte zu jener Zeit von König Max II.
drei Aufträge für das Wittelsbacher Museum er-
halten und beschäftigte mich mit den Studien zu den
Vorwürfen. Ab und zu malte ich im oberen Stock-
werk der Akademie in einem Saal, wo Köpfe und
ganze Figuren nach der Natur gemalt wurden. Dort
stand ich mit Lenbach Schulter an Schulter, vor dem
bekannten „pifferaro", der am Anfang dieses Zahres
im Verein Berliner Künstler ausgestellt war und
welcher sich in: Besitz der Weimarschen Kunstschule
befindet. — Es fiel mir damals schon sehr auf, mit
welcher Charakteristik Lenbach auffaßte und wie er
den Kerl bis auf die Pockennarben im Gesicht wieder-
zugeben verstand. Diese meine Studie nach dem
pifferaro befindet sich noch in meinen: Besitz und ich
wurde durch die Ausstellung der Lenbachschen Arbeit
wieder daran erinnert. . .
Eines Tages überraschte uns im Atelier König
Ludwig I., examinirte Alles, sah sich dies und jenes
an und verweilte längere Zeit. Als er sich ver-
abschieden wollte, begann es plötzlich heftig an zu
regnen, sodaß der Regen an die Fenster schlug. Der
König bat um einen Begleiter mit einem Schirm
durch die offenen Höfe der Akademie. Als zufälliger
Besitzer eines Regenschirmes an diesen! Tage wurde
mir die Ehre, den König zu geleiten. Er hing sich
in meinen rechten Arm ein und ich führte ihn durch
Gänge, Treppen hinunter, bis wir an gewissen
Oertlichkeiten vorüberkamen, wo die Luft nicht sonder-
lich normal zu nennen war. Der König blieb plötzlich
stehen und machte mit dem rechten Arn: eine seiner-
bekannten Ruderbewegungen, indem er ausrief: „Hier-
steht die Akademie iu sehr üblem Geruch!" und lachte
herzlich dabei. Zch durfte meiner Heiterkeit keinen
Ausdruck geben und brachte Se. Majestät bis zum
Ausgang der Akademie, wo der Thürsteher einen
Wagen heranrief. König Ludwig verabschiedete sich
 
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