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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 17
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Harrach, Max: Die Ausstellung der Darmstädter Künstlerkolonie
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Dworaczek, Wilhelm: Wiener Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0304

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Die Aunst-Halle

26(s

Nr. N

von dem Bildhauer und Medailleur Rudolf Bosselt
modellirt.
Geschmackvoll arraugirte Gartenaulageu führen
von: Ernst Ludwigshaus zu Olbrichs Daus. Schon
in der Mahl des Terrains und der Anlage der
Grundmauern verräth sich der starke Eigenwille des
Erbauers. Das Erdgeschoß ist mit bunten Fayence-
platten bekleidet, die Mauer zart getönt, im Garten
murmelt ein Springbrunnen, das Dach ist mit Ziegeln
eingedeckt und blau und roth gemustert. „Immer
mein" nennt Olbrich sein 8uen retiro. Das Ganze
wirkt durch seinen Hellen, zarten Charakter sehr ver-
schieden von dem gegenüberliegenden Daus von
Christiansen. Don diesem stammt die Idee, von
Olbrich der detaillirte Entwurf. Der originelle Bau
zeigt überall sichtbares und reiches Gebälk in warmem,
dunklen: Roth und in jener Art diskreter Vergoldung,
wie wir sie bei Schnitzwerken auf alten Schiffen
wiederffirden. Das Rosenmotiv ist sehr reichlich or-
namental verwandt. Am Erker ist ein hübsches Mo-
saikbild angebracht: die Darstellung „Famllienglück".
Lin junges paar reicht sich glückselig die Lsand, ein
Knabe scherzt mit einem Hund, ein Mädchen kost mit
einer Katze. — „Irr der: Rosen" benennt Christiansen
sein lheim.
Am Beginn des Dauptweges, den die Kolonisten
mit den: Namen „Dorfstraße" getauft haben, erhebt
sich eter Behrens' Daus, vom Künstler nach
eigenen stllänen erbaut, ernst und streng in deir
Linien, aber irr der architektonischen Linie etwas un-
ruhig. Auf derselben Seite der Straße folgen nun
die Glückertschen khäuser, das Daus des Bild-
hauers Dabich, das mit seinem flachgeformten Dach
und dem quadratischen Grundriß fast einen Bei-
geschmack von antiker Klassizität hat, ferner die
Häuser von Keller und Deiters. In den beiden
letzteren suchte Olbrich einen modernen Typus von
zweckmäßigen Einfamilienhäusern zu schaffen;
auf massigem Unterbau erhebt sich das feinprofilirte
Mauerwerk mit charakteristischen Bogen- und Ecken-
fenstern. Das Daus von Deiters, dem geschäfts-
führenden Sekretär der Künstlerkolonie, bildet die
östlichste Ecke des weiten Gebietes, über das sich
Ausstellung und Kolonie erstreckt; hier biegt die
„Dorfstraße" wieder ein und führt in leicht ge-
schwungenem Bogen aufwärts zum Dauptportal
zurück.
Sind die hier genannten Gebäulichkeiten, mit
Ausnahme der Ausstellungshalle für Flächenkunst, in
dauerndem und massiven: Material erbaut, so tragen
die übrigen Ausstellungsbauten den Stempel der Impro-
visation. Sie sind nur für die Zeit der Ausstellung
berechnet und aus Balken, leichten: Mauerwerk,
Gypswänden und bchlz gebaut.
Es sind dies die Ausstellungsbauten für Blumen-
kunst, die Restaurationsgebäude und das Theater, die
zum Theil noch der Vollendung harren. Die Pläne,
die Olbrich für das Theater entworfen hat, sind in
den: bekannten, extremen, aber theilweise nicht übel
wirkenden Sezessionsstil gehalten; dies gilt in erster
Linie von den: imposanten Eingangsbau, der in
goldenen Lettern die Inschrift trägt: „Der Zeit ihre
Kunst, der Kunst ihre Freiheit."
Die Darmstädter Kolonisten, die bisher ihre
Arbeitsstätten theils in verschiedenen alten Gebäulich-
keiten des Schloßgartens, theils in: „Derrengarten",
theils in der Stadt selbst inne hatten, baden nun-
mehr eine D^uustättenkolonie erhalten, wie sie in
gleicher oder ähnlicher Art wohl nirgends bestehen

dürfte. Die Kolonie besteht zur Zeit aus den sieben,
von: Großherzog berufenen und nut dem Professor-
titel bedachten Mitgliedern: den: Aritekten I. M.
Olbrich, den: Bildhauer Ludwig Da buch, den:
Kleinplastiker und Medailleur Rudolf Bosselt, den:
Kunstgewerbler patriz Duber und den Malern
Dans Christiansen, Paul Bürk und Peter-
Behr ei: s.
(Schluß folgt.)
X
Wieyer Uaysk.
von Paul Milhel IN, Mien.
XXVUI. Iahresa usstellung im Künstler Haus.
dein Rücktritt Meyrs von: Vorstand
der Miener Künstlergenossenschaft und
öc der Uebernahme der Führung durch
Baurath Streit ist die Reaktion wieder in die
Räume des Künstlerhauses eingezogen. Ein paar
Jahre machte sich bereits ein frischerer und befrei-
enderer Zug gelteud, und schon zog man Einzelnes
zum vergleich nut der Sezession Hera::. Nun scheinen
wieder alle guten Vorsätze von den: neuen Mind
weggeweht zu sei::, und die diesjährige Ausstellung
muthet in: Große::, Ganzen recht schwächlich an.
Namentlich insoweit es sich um die Wiener Kunst
handelt. Daß ein paar große Ausländer, vor Allen:
Böcklin und Lenbach, der Ausstellung ihren Glanz
leihen, ist zweifellos, daß aber gerade dadurch der
Unterschied zwischen wahrer, großer Kunst und kor-
rekter Tüchtigkeit oder guten: Geschick noch auf-
fallender zu Tage tritt, kam: nicht geleugnet werde::.
Man würde gewiß eii: bitteres Unrecht begehen,
wollte man jedes ehrliche Mollen und Können nut
den: Maßstabe des Döchsten und Unerreichbaren
messen. Die Aufgabe einer guten Kritik ist nicht,
ein blinder Bannerträger bloß großer und über-
ragender Individualitäten zu sei::, und Alles, was
nicht die letzten Döhen der Künstlerschaft zu erklimmen
vermöchte, geringschätzig abzuthun. Ein wenig för-
dernde Güte kann in: Kunstleben einer Stadt viel
Gutes uud Nachhaltiges erwirken. Andererseits ist
kann: irgendwo die Neigung zu küustlerischer U,räg-
heit so groß, als bei uus in Mien. Die Sezession
hat zweifellos etwas aufgerüttelt. Das muß ihr an-
erkannt werden, wenn sie auch dann weit abge-
kommen ist voi: der Linie eines rein künstlerischen,
idealei: Enlwickelungsstrebens. Die Spannkraft aber
hält bei uns meist nicht lange an. Die Ursache
scheint mir darin zu liegeu, daß uns unter den
Jungen große und beherrschende Individualitäten
fehle,:. Gestalten wie Feuerbach, Canon und vor
Allem Dans Makart vermochten tiefgehenden Ein-
fluß zu üben und durch ei,: paar Jahrzehnte einen
Zug von Schule oder Stil in die österreichische Kunst
zu bringen. Die ihnen nachfolgten, trugen noch den
Stempel des gemeinsamen Geistes, das spezifisch
Oesterreichische, Wienerische fand in ihnen bedeut
sameu und echt künstlerischen Ausdruck. Dies
waren Müller und Schindler und unter den
Plastikern Tilgner und Meyr. Auch Millian:
Unger, der die feine, vornehme und bescheidene
österreichische Art besaß, etwa wie Grillparzer, das
klassische Motiv mit der Grazie einer vollendeten
 
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