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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 3.1909

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Heft II (Februar 1909)
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Löffler, Gottlieb: Die Vorbereitung des Zeichenlehrers: (ein Beitrag zur Regelung der Pflichtstundenzahl der württembergischen Zeichenlehrer)
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Ratschläge für Bauten in ländlichen Ortschaften
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https://doi.org/10.11588/diglit.33469#0032

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Wo Kräfte keine Freiheit mehr haben, sich durch Uebung zu stärken, geht der
Organismus sicher zu Grunde. Wir werden dann keinen Kunst- und Zeichen-
unterricht mehr haben, in dem Interesse geweckt, sondern in dem keimfähiges Leben
systematisch ertötet wird, Dann kommen wir wieder zum Alten zurück. Dann
wird der Wunsch des Abgeordneten Schrempf sich erfüllen.
Ratschläge für Bauten in ländlichen Ortschaften.
DBK
Das Grossherzoglich sächsische Staatsministerium zu Weimar hat den Schul-
und Kirchenvorständen des Grossherzogtums folgende beherzigenswerte Ratschläge
übermittelt, die auch anderwärts von Nutzen sein werden.
Die Erscheinung der in den letzten Jahrzehnten in ländlichen Ortschaften auf-
geführten öffentlichen Bauten, wie Kirchen, Pfarreien und Schulhäuser, lässt zum
grossen Teil die Aufnahme städtischer Bauweise erkennen und gibt deshalb zu den
nachstehenden Erörterungen Anlass.
Wenn es sich um den Neubau einer Dorfkirche, einer Pfarrei oder eines Schul-
hauses handelt, wird gewöhnlich ein Architekt oder Bauwerkmeister herangezogen,
dessen Tätigkeit ihren Schwerpunkt in der Ausführung städtischer Bauten hat.
Dieser Techniker wird daher meist die ihm aus einer ländlichen Ortschaft zugehenden
Aufträge in derselben Ausführung wie die städtischen Bauten behandeln und damit
Veranlassung geben, dass ein Missverhältnis zwischen den Bauten und der Oert-
lichkeit entsteht, wo sie errichtet werden. Bisweilen wird wohl auch von den länd-
lichen Kirchen- und Schulvorständen der Wunsch nach der Gestaltung eines Neubaues
in städtischen Bauformen ausgesprochen, weil die Meinung besteht, durch einen
solchen Bau der Ortschaft einen besonderen Schmuck zu verleihen Diese wohl-
gemeinte Absicht ist aber gewöhnlich nicht nur mit einer Steigerung der Bausumme
verbunden, sondern sie verursacht auch höhere Unterhaltungskosten und hat ausser-
dem zur Folge, dass der Neubau zu der Umgebung in einem beklagenswerten Miss-
verhältnis steht und den bisher einheitlichen Eindruck der Ortschaften vernichtet.
Es erscheint daher angezeigt, dass beim Entwerfen von Dorfkirchen, Pfarreien
und Schulhäusern dem beauftragten Techniker ausdrücklich die Beachtung der
üblichen Bauweise zur Pflicht gemacht und namentlich die Anwendung städtischer
Bauformen untersagt werde.
Bei Kirchenbauten wird zunächst festzustellen sein, was vom alten Bau etwa
erhalten werden kann, und danach wird sich die weitere Entwurfsbehandlung zu
richten haben. Die Freilegung der Kirchen durch Beseitigung alter Kirchhofsmauern,
nahestehender Gebäude oder grosser Bäume wird vorher genau zu prüfen sein, weil
in vielen Fällen durch diese Freilegung die Erscheinung der Kirche nicht gehoben,
sondern eher beeinträchtigt werden kann. Muss ein neuer Bauplatz gewählt werden,
so soll er möglichst auf einer Anhöhe und so liegen, dass er in nicht zu ferner
Zeit zum Mittelpunkt der Ortschaft werde.
Die Pfarrei soll an die Kirche zwar nicht unmittelbar angebaut, aber mit
dieser, wenn tunlich, zu einer Baugruppe vereinigt werden; doch muss sich das
Wohnhaus des Pfarrers mit seinen Nebengebäuden neben der Kirche nicht auffällig
bemerkbar machen. Es wird daher, namentlich wenn die Pfarrei zwei Stockwerke
erhalten soll, sorgfältig zu beachten sein, dass die Gehäudehöhe im richtigen Ver-
hältnisse zur Höhe der Kirche stehe.
Die Schulhäuser erfordern nach den Vorschriften helle und luftige Schulsäle,
sowie genügende Wohnräume für den Lehrer. Durch entsprechende Anordnung
des geräumigen Spielplatzes wird sich jederzeit ein Entwurf herstellen lassen, dessen
Einfügung in dem Bilde der Ortschaft keine Störung hervorruft. Da meistenteils
ein zweistöckiger Bau auszuführen sein wird, so ist Gelegenheit geboten, im Ober-
geschoss den althergebrachten Fachwerksbau zur Anwendung zu bringen.
Die äussere Erscheinung aller Bauten wird nicht zum geringen Teil durch
die Bildung des Daches hervorgerufen. In Städten, wo Reihenhäuser aufgeführt
 
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