Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — 3.1909

DOI issue:
Heft II (Februar 1909)
DOI article:
Das Ornament im gewerblichen Unterricht
DOI article:
Kunst und Gewerbe in pompejanischen Privathäusern
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.33469#0039

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
werden, aus oben angegebenen Gründen;
die naturalistische stellt zu hohe Anforde-
rungen an das Darktellungsvermögen des
Schülers. Bleibt die elementare Ornamentik.
Diese enthält etwas allen Stilen Gemeinsames,
sie bildet eine Unterströmung durch alle
Stilarten und beruht auf Reihungen, Bändern,
Zickzack- und Wellenlinien. Punkten u. dergl.
Anfänglich hat innerhalb der neuzeitlichen
stilistischen Bewegung das Naturstudium alles
Ornament verdrängt und deshalb sind auch
die Bestrebungen, zu einer wirklich neuen
Ornamentik zu gelangen, missglückt. Gelernt
hat man ein erhöhtes Gefühl für das Or-
ganische und die Schönheit der Materialien.
Für das Bedürfnis nach Ornamentik ist dies
aber noch nicht genügend. Hat unter diesen
Umständen das Naturstudium einen Wert?
Gewiss; nur hat man zu hoch gegriffen und
Abbildung 5.

gibt unstilisiert keine ornamentale Wirkung.
Das Ornament muss aus stilistischen Ele-
menten bestehen, nicht aus naturalistischen.
Stilisieren lassen soll man bloss das einfachste
Naturelement. Es genügt aber nicht, dass
Kleinigkeiten, Unregelmässigkeiten weg-
gelassen werden. Das Wesentliche muss
hervorgehoben werden, damit ein Ornament
entsteht.
Im ornamentalen F a c h z e i ch n e n würde
Fachliches (z. B. bei Goldschmieden Broschen
und sonstige Schmuckgegenstände, deren
technische Zusammensetzung der Schüler
ohnehin meist nicht kennt), da Entwerfen
unmöglich, nur wieder zum Kopieren führen.
Wenn der Schüler am Schluss des Jahres
einige wenige fachliche Aufgaben behandelt,
gewissermassen als Probe auf das^Fxempel,
so ist genug geschehen. In der Hauptsache
soll der Schüler keine fertigen, voll-
ständigen Arbeiten liefern, sondern
Teile von solchen. Auch im Geschäft


macht der Lehrling (Goldschmied)
nichts ganzes; was er tut, ist Stück-
und Flickwerk, er ist in gewissem
Sinne Hilfs- oder Teilarbeiter, und so
stimmt es also nur mit der geschäft-
lichen Tätigkeit des Lehrlings zu-
sammen, wenn man auch im Unter-
richt sich beim Schüler mit Teil-
arbeit begnügt.
Bisher erfreute sich das Ornament
im Unterricht bei den trotz der auf-
gewendeten grossen Mühe wenig

keinen Unterschied gemacht zwischen den
malerischen und den ornamentalen Qualitäten
des Naturvorbildes.
Im Unterricht soll man in erster Linie
diejenigen Motive einführen, welche an sich
ornamental wirken. Von einer Rose z. B.
kann man dies nicht sagen. Sie ist zu viel
kompliziert und wirkt in erster Linie male-
risch. Verlangt man beispielsweise von einem
Schüler, eine ganze Pflanze, etwa eine
Schlüsselblume mit Blättern und Blüten or-
namental darzustellen, so wird er das nicht
fertig bringen. Wohl aber wird es ihm ge-
lingen, einen einzelnen Teil, wie z. B. die
Schuppe fünfmal in einer Kreisfläche herum-
zulegen und er wird ein befriedigendes Bild
hervorbringen. Solche Wiederholungen,
Reihungen u. dergl. sind sehr geeignet für
den Unterricht. Der Schüler soll keine Or-
namente machen, sondern ornamentale
Wirkungen erzielen lernen.
Zu warnen ist vor der allzu einseitigen
Anwendung des Bleistifts. Der Bleistift
wirkt undekorativ. Besser wirkt der Pinsel.
Das Naturmotiv (Schuppe, Lorbeerblatt)

befriedigenden Ergebnissen keiner grossen
Beliebtheit. Floffen wir, dass neue Wege,
neue Ziele zu besseren Resultaten führen.“

Kunst und Gewerbe in pompe-
janischenPrivathäusern wardasThema,
über das Dr. Julius Kurth in der Vereinigung
der Saalburgfreunde sprach. Kunst und Kunst-
gewerbe waren in den meisten Fällen bei den
Alten untrennbar verbunden. Pompeji darf
allerdings nicht als Kunststadt angesprochen
werden ; es war ein kleines, fröhliches Provinz-
nest, aber selbst hier offenbarte sich der rege
Schönheitssinn der Alten, die auch den ein-
facheren Wohnräumen, ihren Möbeln und
Geräten den Stempel ihres schönheitsdurstigen
Geistes aufdrückten. Der Vortragende ver-
glich die einfarbige Dekoration der Wände
und deren wachsartigen, jede Staubansamm-
lung unmöglich machenden Ueberzug mit der
modernen Tapete, wobei diese recht schlecht
wegkam. In Pompeji wirkte die Wand-
dekoration immer einheitlich, selbst wenn
 
Annotationen