Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — 3.1909

DOI issue:
Heft III (März 1909)
DOI article:
Ueber Zeichenausstellungen
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.33469#0045

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Heft 111

III. Jahrgang

März 1909

Inhalt:

Ueber Zeichenausstellungen. — Wohnungskultur. — Für einfache Schulverhältnisse. — Freiwillige
Ferienkurse. — Der neue Kurs in der Volksschule. — Umschau. — Besprechung. — Verein für
Zeichen- und Kunstunterricht in Elsass-Lothringen.

Ueber Zeichenausstellungen
DBK
Das Osterfest naht, mit ihm die Zeit der Zeichenausstellungen. Es gibt
wohl nur wenige noch, die von der unbedingten Notwendigkeit dieser Veranstal-
tungen überzeugt wären, und doch hält man daran fest. Für die Beurteilung der
Schüler sind sie bedeutungslos, für den Lehrer eine Plage. Die ungebührliche
Heraushebung und Beachtung eines Faches, das man aus eigener Erfahrung noch
nicht allgemein zu würdigen versteht und darum auch leider noch als ein neben-
sächliches wertet, wirkt auf manche Leute wie ein rotes Tuch. Das Ausstellungs-
wesen bedeutet bisweilen sogar eine Gefahr für den ruhigen Betrieb des l nterrichts.
Die Ergebnisse der im Zeichenunterricht geleisteten Arbeit bleiben dauernd sichtbar
und lassen den Gang des Unterrichts bis ins kleinste erkennen. Man kann aus
den Zeichnungen einen Massstab gewinnen für den aufgewendeten Fleiss und die
intellektuelle Begabung der Schüler, wie für die Urteilskraft des Lehrers in künst-
lerischer Beziehung. Das erweckt peinliche Gefühle auf beiden Seiten. In keinem
anderen Fach ist ein solcher Schluss mit gleicher Sicherheit möglich, besonders
dort nicht, wo es sich um die Vermittlung und Aneignung eines Wissensstoffes
handelt, das in gedruckten Büchern niederliegt, einen Irrtum von seifen des Lehrers
ausschliesst und eine persönliche Stellungnahme nicht erfordert, ja bisweilen sogar
verbietet. Auch im Zeichenunterrichte der letzten .Jahrzehnte, der den Schiller
mit einer Auswahl geometrischer und ornamentaler Formen bekannt machte, war
es nicht möglich, sich ein Urteil über die Lehrerpersönlichkeit zu bilden, wenn
man etwa absieht von Aeusserlichkeiten, wie Ordnung und Sauberkeit, glattem Strich
und fleckenlosem Kolorit. Die Methode war die beste, die jedem Lehrer die Er-
zielung nützlicher Resultate ermöglichte, selbst wenn er nicht zeichnen konnte, die
die Schiller am schnellsten zu einer technisch vollendeten, genauen Nachbildung
von fertigen Vorbildern erzog. Trotz aller Betonung von ästhetischen Gesichts-
punkten bildete die Erziehung zu diesen für den Wert einer Zeichnung bedeutungs-
losen Aeusserlichkeiten das Hauptziel alles Zeichenunterrichts, Zeichnen war ein
technisches Fach in des Wortes voller Bedeutung. Die Erfolge waren befriedigend.
Die Gewerbeschulen konnten auf einer ihr damals nützlich erscheinenden Grund-
lage weiter aufbauen. Dass nur wenige Berufe, und diese auch nur zeitweise,
einen wirklichen Nutzen davon hatten, während die Mehrzahl des Volkes mit seinen
Lehrern klagte, dass sie nicht zeichnen lernten, war jenen Gewerbeleuten gleich-
gültig, wenn nur ihren Sonderzwecken gedient war.
Dass die Erziehung zur schönen, glatten Linie und zum Ornament unserem
Kunstgewerbe nicht nur keinen Nutzen gebracht, sondern den Geschmack des
Volkes geradezu verdorben und unser Handwerk zugrunde gerichtet hat, ist von
den massgebenden Kunstgewerblern unserer Zeit offen bekannt und wiederholt
ausgesprochen worden. Leider viel zu spät hat man einsehen gelernt, dass der
Wert und die Schönheit eines kunstgewerblichen Erzeugnisses nicht in erster Linie
danach zu bemessen ist, ob es möglichst reich verziert ist. Man fordert vor allen
Dingen gutes und echtes Material, solide Konstruktion und hält auf Zweckmässig-
keit und Dauerhaftigkeit.
Während diese Ueberzeugung an den Gewerbeschulen immer mehr Freunde
gewann und man nach neuen Zielen und Wegen sucht, besann sich die Lehrer-
schaft, dass es doch eigentlich ganz andere Beweggründe gewesen waren, die die
Einführung des Zeichenunterrichts veranlasst hatten. Im scharfen Gegensatz zu
der auf kunstgewerbliche Zwecke zugeschnittenen Methode vertritt man heute die
Meinung, dass der Zeichenuntericht allgemeinbildend wirken, also auf eine päda-
gogische Grundlage gestellt werden müsse. Zeichnen soll Bildungsmittel sein.
Es soll die Fähigkeit des Kindes, Formen und Farben zu sehen und zu unter-
 
Annotationen