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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 3.1909

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Heft III (März 1909)
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Ueber Zeichenausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.33469#0046

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scheiden, zu merken und wiederzugeben, wecken und entfalten; es soll die Mög-
lichkeit bieten, seine Gedanken äusser schriftlich auch zeichnerisch wiederzugeben,
wo andere Darstellungsmittel versagen.
AVer heute, vielleicht nach längerer Pause, eine Zeichenausstellung besucht —
und das sollten recht viele tun — muss sofort erkennen, dass vieles anders und
besser geworden ist als früher. Man geht aus von den kindlichen Malereien und
sucht durch geeignete Hebungen den unbeholfenen zeichnerischen Ausdruck zu immer
grösserer und ausdrucksvollerer Klarheit zu entwickeln, pflegt das Gedächtnis-
zeichnen, schützt und bestrebt selbständige Auffassung und Darstellung an Stelle
des mechanischen Abzeichnens gedruckter Vorbilder. Man führt die Schüler zur
Abbildung 1.

Natur, der Quelle
aller Schönheit und
Zweckmässigkeit,
und sucht diejugend-
lichen Gemüter zu
erziehen für das Ver-
ständnis der bilden-
den Kunst. Wohl
hat das Aussehen
der Zeichenausstel-
lungen äusserlich da-
runter gelitten, sind
es doch nurUebungs-
blätter und ehrliche
Versuche, die man
dem Beschauer dar-
bietet. Man fragt
nicht mehr danach
wenigstens möchte
es so sein —, ob
schöne Zeichnungen
entstehen, sondern
prüft, ob die Arbei-
ten erkennen lassen,
dass die Schüler
richtig sehen und
auffassen und etwas
einfach und klar dar-
stellen gelernthaben,
ob sie um einen
geistigen Besitz und
einen Kraftzuwachs
reicher geworden
sind und ihre natür-
lichen, selbstschöpfe-
rischen Anlagen ent-
wickelt haben. Jetzt erst rechtfertigt das Zeichnen seine Aufnahme unter die obli-
gatorischen Unterrichtsfächer der allgemeinen Volksscßule. Es ist eines der Haupt-
fächer im Schulunterricht und kann durch keine andere Disziplin auch nur annähernd
ersetzt werden.
AVas schadet es auch, wenn die Uebungsblätter das Hingen nach Ausdruck
erkennen lassen, wenn eine Aufgabe ein zweites Mal begonnen werden musste,
weil der erste Versuch misslang? Ist es nicht besser, wenn die Schüler sich üben
und arbeiten müssen und dabei zeichnen lernen, als dass sie A'orlagen sauber
abmalen und damit zu selbständigem Ausdruck nicht gelangen können? Diktiert
man dem Schüler ausgerechnete Exempel oder Uebersetzungen von Sprachstücken.
 
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