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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 3.1909

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Heft VI (Juni 1909)
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Kolb, Gustav: Die Organisationsarbeit des Stadtschulrats Dr. Kerschensteiner in München, [3]: ein Bericht über das Münchner Fortbildungsschulwesen sowie über den Handarbeits- und Zeichenunterricht der Münchner Volksschulen
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https://doi.org/10.11588/diglit.33469#0097

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— 79 -

Schatten Papierton, Lichtflächen mit Weiss, das mit etwas Rot gebrochen war, angegeben,
Glanzlichter mit reinem Weiss aufgesetzt). 15. Bücher mit Tintengefäss (Behandlung der
Bücher wie bei dem oben angeführten aufgeschlagenen Buch). 16. 5 Zündholzschachteln
in einer Flucht hintereinandergestellt, dieselben Schachteln willkürlich zerstreut. 17. Tauben-
häuschen aus verschiedenfarbigen Blöckchen (Kinderspielzeug). 18. Kinderspiel-
waren (Kirche, Häuschen, Figürchen teils gestellt, teils gelegt). 19. Pickelhauben-
helm lauf dunkelgrünes Tonpapier gemalt mit Deckfarben; Schatten schwarz, Glanzlichter
heller orangegelb, Mitteltöne gebrochenes Gelb). 20. Trommel mit Schlegel. 21. Pflanzen
mit Blüten, z. B. Schlüsselblume. 22. Gans (weisses Stopfpräparat, dargestellt mit
weisser Kreide auf blaugraues Tonpapier, die Lichtflächen wurden durch verstärkte Kreide-
striche hervorgehoben, der Schnabel und die Füsse mit orangegelbem Pastellstift ange-
geben). 23. Rabe (mit Kohle auf dunkelgraues Tonpapier gezeichnet, der Hintergrund
mit weisser Kreide aufgelichtet, Mitteltöne mit Kohle, Schatten ganz schwarz, anscheinend
mit Tusche angegeben).

Von derselben Klasse (Knabenschule an der Wörtstr.) waren eine Anzahl
Mappen vertreten mit „Klassenleistungen“ z. B. der Rabe (15 Arbeiten) und
die Gans (ebenfalls 15

Arbeiten). Es wäre nun
jedenfalls interessant ge-
wesen, sämtliche Ar-
beiten eines Schülers zu
sehen; man hätte dann
einen gründlicheren Ein-
blick in den Entwick-
lungsgang , den ein
solcher Schüler durch-
macht, gewonnen. Die
eben angeführten „Klas-
senleistungen“ erregten
manches Kopfschütteln
bei den Besuchern der
Ausstellung; denn es
waren insgemein erstaun-
lich gute Arbeiten, so
gut, dass man sie einem
Volksschüler, selbst
einem hochbegabten,
nicht zutrauen durfte.
Wenn von mancher Seite
angesichts dieser Arbei-
ten der Ausdruck
„Schwindel“ fiel, so muss
dies als ungerechtfertigt
bezeichnetwerden. Diese


Modelle fiir Ofenkacheln. Resultat' einer Konkurrenz. Schülerarbeiten der
Fachklasse für Bildhauer der Gewerbeschule München (Leiter: K. Killer).

Arbeiten waren sämtlich

verbessert und zwar hat Inspektor Steigerwald, wie er mir persönlich mitteilte, in
diesem besonderen Fall die Korrektur eigenhändig vorgenommen. Er wollte mit der
Vorführung dieser Arbeiten das Endziel bezeichnen, das unter günstigen Verhält-
nissen mit begabten Schülern erreicht werden kann. Das konnte der Ausstellungs-
besucher allerdings nicht wissen und dem Kritiker, der den Münchner Lehrplan
kannte, gereicht noch zur Entschuldigung, dass die Bestimmungen des Lehrplans
die Korrektur an den Arbeiten der Schüler selbst nur „bei ganz schwachen Schülern“
zulässt, im allgemeinen aber „Massenkorrektur“ vorschreibt.
Bei meinem Besuch der Schulen habe ich mich indessen überzeugt, dass die
Schüler angeleitet werden, durchaus selbständig zu arbeiten. Die Leistungen,
die vor meinen Augen entstanden, waren durchschnittlich so gut, dass sie vor
jedem Kritiker mit Ehren bestehen können. Die Münchner Schulen haben
also durchaus nicht nötig, die Arbeiten der Schüler für die Ausstellung auf-
zuputzen.
 
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