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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 3.1909

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Heft VI (Juni 1909)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33469#0108

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hätte“, so dachte mancher, der diese schönen
praktischen Möbel sah. Vor allem fiel auf
ein Zweisitzer mit verstellbarer Platte und
verstellbarem Modellständer, sowie ein nied-
licher Einsitzer. Wo wenig Raum im Zei-
chensaal vorhanden ist und wo sich mehrere
Schüler um ein Modell gruppieren sollen, da
dürfte dieser Einsitzer unübertroffen in seinen
praktischen Vorzügen sein.
Die Zeichen- und Modellständer
der Firma J. Biischges, Dülken, haben
bereits in No. V Seite 71 eine Besprechung
gefunden.
Präparierte Vögel, Schmetterlinge, Natur-
blätter, Früchte aus Marmor mit naturgetreuer
Form und Bemalung führte vor die Badische
Lehrmittelhandlung Betzold - Karlsruhe, die
vor allem das Dürer-Haus, Berlin vertritt.
Besprechungen. — Ein neuer Kata-
log von Günther Wagner liegt uns vor.
Es ist eine Druckschrift, die für den Heraus-
geber spricht: vornehm in der Ausstattung
und zweckmässig in der Gliederung. Ab-
teilungseinschnitte erleichtern das Auffinden
der einzelnen Artikel. Was man auch sucht:
Wasser-, Tempera- oder Oelfarben, Pastell-
kreiden, flüssige Tuschen, Pinsel oder Ra-
diergummi, ein einziger Griff, und die be-
treffende Abteilung des Kataloges liegt auf-
geschlagen vor uns. Eine Abteilung „Mit-
teilungen“ bringt Anleitung für Aquarell-,
Oel- und Tempera-Malerei sowie die Repro-
duktionen einer Reihe vonKünstlerentwürfen,
zu denen auf Seite 231 gesagt wird: „Der
vorliegende Katalog wendet sich an Künstler
und kunstausübende Personen. Ihm deshalb
ein künstlerisches Gewand zu geben, war mir
Bedürfnis. Fs wird interessieren, neben den
gewählten Illustrationen auch einige andere
für den gleichen Zweck gefertigte Entwürfe
kennen zu lernen.“
Lukas-Temperafarbe der Firma Dr. Fr.
Schön feld & Co., Düsseldorf. Diese Farben
werden in den meisten Städten sowohl in
Deutschland als in Oesterreich - Ungarn in
grossen Mengen gebraucht, für Studien und
für Unterrichtszwecke. Die Lukas-Tempera-
farben sind von ausserordentlicher Deck-
kraft und Leuchtkraft. Die Anwendung
ist die einfachste, die es gibt. Die Farben
werden mit Wasser verdünnt und trocknen
so fest auf, dass die Untermalung nicht durch
die nasse Uebermalung aufgelöst wird. Die
Striche bleiben fest stehen, ohne auszulaufen.
Den Herren Zeichenlehrern steht die grosse
Tabelle mit Aufstrichen von Lukas-Tempera-
farben, rein und mit Weiss gemischt, für den
Zeichensaal kostenlos zur Verfügung.
„Form und Farbe“ von Friedr. Naumann
ist eine Sammlung der verschiedensten Auf-
sätze aus dem weiten Gebiete der Kunst.
Ueber Künstler, Kunstwerke, Probleme der
Malerei und die Kunstbildung finden sich
kurze geistreiche Abhandlungen in schöner
Sprache, immer nur die Hauptidee, das Schöne
und Interessanle betonend. Jede Zerstücke-
lung und jeglicher Schematismus ist vermie-
den, so dass das Kunstwerk als ein einheit-

liches schönes Ganzes vor den Augen und
der Seele steht. Die reine und hohe Auf-
fassung, die der Verfasser von den Darbie-
tungen der Künstler hat, lässt im Leser un-
willkürlich das Lustgefühl nach solchem, den
ganzen Menschen erfassenden Kunstgenuss
entstehen. Vor allem ist er ein scharfer
Gegner der modernen Unsitte, der üblichen
Kritisiersucht beim Betrachten von Kunst-
werken. Darüber gibt er in seinem Aufsatz:
Ueber das Ansehen von Bildern, Winke, die
er selbst durch alle seine Arbeiten hindurch
praktisch anwendet. Wenn er z. B. das Bild:
„Auf einsamer Höhe“ v. Daur, ein „gemaltes
Seelenproblem“ nennt und daran seine Ge-
danken knüpft, so ist dies die Veranlassung
dazu: dies Bild musst du unbedingt noch
einmal ansehen. Der Standpunkt des Künst-
lers ist ihm massgebend und das was dieser
uns sagen will; die Ergründung dessen ist
sein Ziel.
Wie wenige Menschen gibt es doch noch
heute, die den unendlichen Reichtum und
inneren Gehalt, der in den Werken der Kunst,
der bildenden Kunst, liegt, in sich aufneh-
men? In Musik und Literatur ist es viel
besser bestellt. Nicht die grosse Masse
ist an diesem Uebelschuld, sondern diejenigen,
die ihr den Weg weisen sollen. Ein Werk
der Kunst will mit der Seele erfasst sein.
Was nützen da seitenlange, wissenschaftliche
Abhandlungen, die wohl den Verstandeskreis
erweitern aber nichts für das Gefühl und die
Seele übrig haben? Der Leserkreis dieser
Beschreibungen ist zudem sehr klein und doch
arbeiten die Künstler für alle; denn nur
dann erfüllt die Kunst ihre Kulturmission.
Hier zeigt Naumann einen Weg, den jeder-
mann zu gehen imstande ist; kurz, bündig
und treffend sind seine Schilderungen, für
die Gesamtheit gemünzt. Dies Büchlein wird
in dieser Hinsicht unstreitbar viel Segen
stiften, besonders wenn sich die „Sonntags-
galleriebummler“ die hier vertretenen 3 Ge-
danken und Grundsätze zu Herzen nehmen
würden.
Dass auch Ansichten und Behauptungen
vorhanden sind, die nicht jedermann unter-
schreiben kann, ist bei einer solch subjektiven
Arbeit selbstverständlich. In seinem Kapitel:
„Fromme Maler“ drängt sich der Theologe,
der Dogmatiker in den Vordergrund, der die
Kunst den kirchlichen Anschauungen unter-
geordnet wissen will, er ist deshalb mit der
„Bergpredigt“ v. Steinhausen und „Jesus auf
den Wellen gehend“ nicht ganz einverstanden.
Naumann sieht zwar das Zeichnen als reine
technische Fertigkeit an, die zur Wiedergabe
von Formen zur Unterstützung und Verdeut-
lichung von Wort und Schrift bestimmt ist.
Dies ist nur ein minimaler Teil und das
letzte der Aufgabe, die der Zeichenunterricht
als „allgemein bildendes Fach“ zu leisten hat
und leisten kann. Entsprechend der obigen
viel zu engen Auffassung des Zeichnens ist
er auch in bezug auf den Zeichenbetrieb auf
einen Seitenweg geraten. Für uns Zeichen-
lehrer, die wir die Aufgabe haben, die in
der Kindesseele schlummernden Kunsttriebe
zu wecken und zu entwickeln, ist aber dies
 
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