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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 3.1909

DOI Heft:
Heft X (Oktober 1909)
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Hoßfeld, Max: Denkmalpflege auf dem Lande, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33469#0158

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134

Denkmalpflege auf dem Lande.
(Fortsetzung.)
Manches von dem Gesagten klingt hart und erscheint in seiner Verallgemeine-
rung vielleicht ungerecht und übertrieben. Zum Glück ist es auch nicht überall
so bestellt. Noch gibt es Gemeinden oder einflussreiche Gemeindemitglieder, noch
gibt es Geistliche, Gutsherren und Bauern, die ein warmes Herz haben für den
überkommenen Besitz, und denen es an dem Verständnis für den Wert dieses
Besitzes in kultureller, sozialer, politischer Hinsicht nicht mangelt. In Gebirgen,
namentlich in Gegenden, wo noch treuer konservativer Sinn herrscht, der am Erbe
und an der Sitte der Väter hängt, wo der verderbliche Grossstadteinfluss noch
nicht breiten Boden gewonnen hat, wo noch Genügsamkeit und selbstbewusster
Bauernstolz vorhanden sind, dort findet die Denkmalpflege auf dem Lande noch ein
dankbareres Feld ihrer Betätigung. Wo aber Halbbildung und Neuerungssucht
eingedrungen sind, wo die Fabrikschornsteine rauchen und die Industrie das Land
mit ihren Erfindungen und Surrogaterzeugnissen überschwemmt, wo die ganz klugen
Leute sitzen, da hat sie schweren Stand und muss zufrieden sein, wenn sie wenigstens
so viel rettet, dass nicht, wie leider schon in manchem einst reichen Landstriche
der Fall, nahezu vollständige tabula rasa entsteht.
Die Beantwortung der zweiten Frage: „Was muss für die Denkmalpflege
auf dem Lande geschehen?“ liegt zum Teil schon zwischen den Zeilen des bisher
Erörterten. Sie erheischt aber doch auch einige positive Ausführungen. Besonders
nahe liegt es, in Denkmalpflegesachen nach dem Schutze der Landesgesetze zu rufen.
Kann man es auch unseren Konservatoren verargen, wenn sie ihre doch im allgemeinen
noch auf recht schwachen Füssen stehende Machtbefugnis durch gesetzliche Be-
stimmungen befestigt sehen wollen?! Ihnen, die sich die vielfach mit den grössten
Mühen, Unbequemlichkeiten und Opfern verbundene Pflege gerade der hier in Bede
stehenden bescheideneren Schützlinge in einer Weise angelegen sein lassen, die hohe
Anerkennung verdient! Gleichwohl ist bezweifelt worden, ob es richtig ist, in Denk-
malpflegsangelegenheiten gleich nach Gesetzesparagraphen zu verlangen. Und zwar
besonders in Angelegenheiten der ländlichen Denkmalpflege. Denn die Haupt-
grundlage der erfolgreichen Handhabung eines Schutzgesetzes sei, so sagt man, immer
eine Denkmälerliste. Diese aber könne sich —■ das zeige z. B. das nur etwa 2000
unbewegliche Denkmäler umfassende französische Classement — doch immer nur auf
die namhaften Denkmäler von geschichtlichem, kunstgeschichtlichem oder höher
künstlerischem Wert beschränken. Sie werde den Objekten, mit denen es die Denk-
malpflege auf dem Lande in der Hauptsache zu tun hat, insofern sogar mehr schaden
als nützen können, als sie alles, was in der Liste nicht enthalten ist, gewisser-
massen für vogelfrei erkläre. Dieser Gedankengang ist unzweifelhaft so lange richtig,
als es sich um Denkmälerlisten von der Art der erwähnten französischen handelt.
Wird aber die Liste, wie dies bei dem vortrefflichen, mit der grössten Umsicht
bearbeiteten hessischen Gesetze der Fall sein wird, auch auf die bescheideneren,
für uns hier in Frage kommenden Objekte ausgedehnt, so treten jene Bedenken
zurück und man wird zuversichtlich auf eine gute Wirksamkeit des Gesetzes hoffen
dürfen. Nicht minder wirksam erweist sich jetzt schon die Handhabung der kirchen-
aufsichtsrechtlichen Bestimmungen sowie patronatlicher oder ähnlicher Bechte, vor
allem auch das Mittel, von der Erfüllung der Wünsche und Anforderungen, die die
Denkmalpflege zu stellen hat, die Bewilligung von Zuschüssen abhängig zu machen, wie
sie den Staatsregierungen und Selbstverwaltungen in verschiedener Form zur A er-
fügung stehen. Am meisten aber wird sich erreichen lassen durch gütliche Ein-
wirkung, durch Belehrung und Ueberzeugung, durch Belebung des Interesses an den
in Frage kommenden Dingen, kurz, durch das, was Professor Weber-Jena einmal
in einem sehr beherzigenswerten Aufsatze „persönliche Denkmalpflege“
genannt hat.
Dabei kommt es natürlich auf richtige Behandlung des Landbewohners
an. Unzeitige, schwere, in Erregung gemachte Vorwürfe sind nicht am Platze.
 
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