Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 3.1909

DOI Heft:
Heft XII (Dezember 1909)
DOI Artikel:
Hoßfeld, Max: Denkmalpflege auf dem Lande, [4]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.33469#0182

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
158

Abbildung 4.

Abbildung 5.

Kirche soll ihr eigenes Museum sein und ist auch zur Aufbewahrung manches
sonstigen Kunstgegenstandes aus dem Dorfe der beste Platz.
Wie die Denkmalpflege zu weit gehen kann, geht sie auch manchmal
nicht weit genug. Oft kommt es vor, dass von konservatorischer Seite erklärt wird,
die Denkmalpflege

habe „kein Interesse an einer Sache“, wenn diese kein Merk-
mal besitzt, aus dem sich eine besondere geschichtliche,
kunstgeschichtliche oder formalistisch-künstlerische Beziehung
ergibt. Findet sich dagegen ein alter Gewölbeansatz, ein
Kapitelrest, eine Jahreszahl vor, so wird das Interesse sofort
rege, und die Gleichgültigkeit schlägt womöglich in das
Gegenteil um. Man vergisst, dass Dörfer selten wichtigere
Geschichte, dass Dorfkirchen und Bauernhäuser selten kunst-
und stilgeschichtliche Bedeutung haben; dass es ganz andere
Momente sind, die sie vorwiegend schützens- und erhaltens-
wert machen. Dies sind die Fragen allgemein künstlerischer
und ethischer Art, die Erhaltung des typischen und schönen
Gepräges der Landschaft, des Ortsbildes, des Malerischen und
landschaftlich Schönen überhaupt. Nicht weniger auch die
Rettung des schlichten Vorbildes für die neuzeitlich heimische
Bauweise ! Die Sicherung des Bestandes der Nebenanlagen,
der alten Einfriedigung, der Bäume und Büsche, des Pflanzen-
wuchses , der die Mauern umrankt und ihnen — das gilt
—- auch Schutz gewährt, wenn nur dem Ueberhandnehmen
sie ist meist wichtiger als die Erhaltung eines „Dokumentes“

namentlich vom Efeu
klug vorgebeugt wird,
jener wenig bedeutsamen Art. Auf das Ganze den Sinn zu richten, nicht an Einzel-
heiten und Kleinigkeiten zu hängen, muss oberster Grundsatz sein. Wie wenig nützt
die Beibehaltung eines aus dem Zusammenhänge gerissenen Dinges! Was soll schliess-
lich ein Kirchturm ohne Kirche, ein Tor ohne die anschliessende Umwehrung?!
Was für Wert hat ein von der Scholle verpflanztes, aus dem Zusammenhänge mit
seinem Zubehör herausgerissenes Bauernhaus gegenüber dem Bilde des ganzen Bauern-
hofes, des schlichten Dorfes, die zwar nicht einen einzelnen Teil von Sonderart ent-
halten, die aber ein lebendiges Ganzes sind, ein Ueberkommenes, das Herz und
Sinn wirklich heimatlich anspricht!
■X-



Einzelne bestimmte Vorschläge zur weiteren Förderung
der Denkmalpflege auf dem Lande beizubringen, ist nicht
leicht. Sie sind in der Hauptsache schon gemacht oder zur
Tat geworden. Möglichst weit auszudehnen ist die Ein-
richtung der Pflegerschaften. Denn der schutzbedürftige
Bestand des Landes ist für den beamteten Konservator
allein schwer zu übersehen und zu kontrollieren. Aller-
dings ist die Zuständigkeit des Pflegers bestimmt zu
begrenzen und dafür zu sorgen, dass er nicht etwa eigen-
mächtig in die Denkmalpflegegeschäfte eingreift. — Von
der Ausdehnung der neuerdings verschiedentlich ergriffenen
oder geplanten Massregeln gegen die Verunstaltung von Ort-
schaften auf das Land wird man sich nicht zu viel versprechen
dürfen. Ueberhaupt werden diese Massregeln der Denkmal-
pflege insofern nur mittelbar zugute kommen, als sie weniger
die Denkmäler selbst, als vielmehr deren Umgebung, be-
sonders die neu zu schaffende Umgebung, ins Auge fassen.

Wichtiger wäre, dass die „Inventare“ den ländlichen Besitzstand in weiterem
Umfange berücksichtigen, als dies bisher zumeist geschehen ist. Die Schwierigkeiten,
mit denen die Erfüllung dieses Wunsches verknüpft ist, sollen nicht verkannt werden.
Die Möglichkeit ist aber durch einzelne Denkmälerverzeichnisse erwiesen. Sodann
müsste der Inhalt der Inventare derart verbreitet werden, dass die an der Erhaltung
 
Annotationen