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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 5.1925

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Heft 3 (März 1925)
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Müller, F.: Ornament-Symphonien
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Umschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.22865#0080

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72

IcbeiiSvolleii Kunslgesehe, die über allem Regel- u.
Foimelwerk slehen, die erlebk werden und die der
iiienschlichen Seele im tlefsten Grunde elngeprSgt
sind, die, wie man sagt, lm Aluke stecken."
Dlese Seelensllmniung und d'.ese innere Emp-
siiildung slehen ln demselben ursächllchen Zusammen-
hang ivie der äuszere Reiz und seine Empfindung.
Unser Sprachgebrauch ist In der Aezelchnung psycho.
-loglscher Aorgänge nichl so scharf, dah der 3nhall
eineS Worles eindeutlg ersaßt werden könnle. llch
verstehe daher das Lob Frledrichs des Grohen, das
er denjenigen Philosophen spendek, welche lhrem
Werk eine klare Terminologie vorausschicken. Äuch
das Worl „Geschmack" im äslhetischen Sinne wird
vom Sprachgebrauch dem Kunstgefllhl zum Teil odsr
ganz identifizlert. 2n welchem Slnne Krieger das
Kunstgesühl auffaszk, ist aus seinem Buch nicht klar
ersichtlich, doch icheiitt er hauptsächllch Gemlltswerte
darunker zu verstehen, sonst würde er dem Aerstand
nicht solche überragende Bedeutung in der Kunst
belmessen, auch scheint das aus Seite 31 hervorzu-
gehen, wo er von „künsklerischer Schaffensfreude"
und „weihevollen Stlmmungsschivinaungen" spricht.

Kriegers Buch enlhält eine grohe Menge Zrrkümer
und liebertreibungen, und man würde den Raum
dieses Hefkes fast allein benötlgen, wollte man sie
alle einzeln auffllhren und zurückweisen. Die hohe
Meinung, welche er von der Tragweite seiner Dar-
legungen hat und die Verächtlichmachung aller „frühe-
ren Vesetmiästigkeilen", werden nicht angenehm emp-
funden. So lst es ficher Ilebertreibung, wenn er auf
S. 23 sagt, dast „in der jehigen Kunstepoche" in-
folge der wlssenschaftlichen Formenlehre Oskwalds
„den Kllnstlern die Srenzen des Schönen und der
Äeginn des Lhaos genau bekannt" find, „was bis
auf die heutige Zeit troh aller Aeskhekik nicht der
Fall war", oder wenn er auf S. 24 sagk, dast mit den
Ilnkersuchungen über die „gleiche Dichte" „eln Gebiet
beleuchtet wird, über dem bisher ein völliges Dun-
kel lng." Wir haben die „gleiche Dichks" (eln von
Ostwald geprägter Ausdruck) bisher als gleichmästige
oder harmonische Raumfüllung bezeichnet. Den Ae»
fasser aber fesselt diese Entdeckung so stark, dast er
nach dem „Durcharbeiten von ekwa Ä>ll) kunstge-
schichtlichen. ästhetischen und kunstpraktlschen Wer-
ken" mik Erstauiienll) wahinimmt, „datz dieses so
bedeutende Aerfahren der gleichen Dichte in keinem
dieser Werke näher behandel worden Ist." Aiellelcht
hat man die harmonilcke Füllung des Raumes immer
als ekwas Selbstverständliches angesehen, über das
man nicht viel Worke macht. Was mlt den natürllchen
Kunslgesehen zusammenhängt, ist immer als selbst-
verständlich, weil „natürllch" empsunden worden. 3n
diesem Falle handelt 'es stch^um das Glelchgewicht
der Massen, womik auch der Grundsah, dah die post.
tiven Flächen den negaliven an Wert unqefähr gleich
sein müssen, sowie das Abstimmen der Tonwerte in
Schwarz-Weibzeichnungen zusammenhängen. Me

Umschau

Die hapaner und der NaturaliSmuS in der Kunst.

3n bewujztem Gegensah zu den bisherigen Schul-
lradikionen hakle Utamaro in das Relch der Na-
tur selbst hineingegriffen und, anstatt ihre Formen
groszzügig abzukürzen und aus ihren Ilmrissen Hie-

Symmetrie, die der Aerfasser als „alle" „Geseh-
mähigkeit" verwirfk, ist kein eigenlliches Kunslgeseh,
sondern die Lösungsform eines solchen, eben jeneS
GeseheS vom Älelchgewlcht. Uebrigens hindert die
„Aerneinung" dleser „alten Gesehmähigkeil" den
Ae.fasser nichk, sie in se.nsn Schlllerzeichnungen tn
der Bildung der Motive recht fleihig anzuwenden.

Der Aerfasser behaupkek, dah die In „Kunst und
Zugend" seinerzeit abgebildeten „Traunior»anieiite">
„lechnisch so kläglich ausgefüh-l wcuen, dah sie ohne die
Umzeichmrng des belreffenden Herrn ntemals sllr
obige Zellschrift veröffenlli'chungssähig gewefen
wären" . . . und sährl dann fort: „Hingegen find die
nachskehend veiöfsenllichlen Schaler'arbeiken, >die
keinesfalls immer die hervorragendsten Leislungeii
elner Klasse, sondcrn nur gulen Durchschnltl bedeu-
ten, ohn-e jede Milhilse enlslanden und unmitkelbar
vom Orlginal ztnkotypiert worden." Das Auch ent-
hält 13 Äildkafeln, wovon z.A. die crsle „84Molive"
zeigt, „die von 13-jährigen Schulern »ach vorlle-
>ender Einsührung in den Geist der AusdruckSkunst
elbskändlg angefertlgt wurden". Diese Zeichnungen
lnd mik solcher Exaklheit und technischen Sicherheit
ausgeführt, wie Ich sie bisher in meiner langen Praxls
von Kin-dechand noch nicht erlebt habe. Die „vorlie-
gende Einführung" muh mit auheiordentlicher Grllnd-
lichkeit erfosgt sei-n, dah die Zeichnungen sämllicher
Blldtafeln dle gleiche vollkonimene Tecynik und, wie
es mir scheint, die gleiche Handschrift zeigen. Mir
wttrden weniger korrekte Zeichnungen, die aber die
kindertümliche, bzw. persönliche Handschrift noch er-
kennen lassen, lieber gewesen sein. 3n der vorlie-
genden Form ersckeinen fie niir wie erstarrle makhe-
inatische „Gesetzmähigkeilen".

Wie schon die zahlreichen Ueberkreibnngen und 3r»
kümer, sowie die ernilldendeii Wiederholnngen ein-
zelner Gedanken nicht zum Aorteil deS Vuches ge-
reichen, so sind auch dle darin enlhallenen persönlichcn
Angr-Iffe gegen „Kunst und 3ugend", ihren Schrisk-
lelker und dessen Milarbeiler sür das Vuch keine
Emvfehlung. Handelte eS sich um eine Slreikschrift,
in der sich der Aerfasser mit seinen Gegnern aus-
einanderseht, so wllrde man dergleichen vielleicht
verstehen, wenn auch nicht entschuldigen, aber der
Aerfasser bezeichnet sein Buch a-usdrllcklich als
„Werkbuch". Er sagt: „Das Buch ist nicht zum Auf-
iegsn auf den Salon-tisch bestimmt" — dazu wllrde
man es wohl ohnehin nicht benuhen — „sondern es
soll ein Werkbuch fllr den lägsichen Gebrauch in
Schule und Kunstwerkstäkte sein." Gehören persön-
llche An-griffe schon nicht in eine wisscnschaslliche Ab-
handlung, so gehören sie erst rechl nicht ln ein
„Werkbuch fllr den täglichen Gebrauch", das doch
wohl auch in die Hände der Schlller koniint, und liber-
!haupt will mir die lange Polemik des Aersassers
in einem „Werkbuch" fehl am Plahe scheinen.

F. Mllller-Kolberg.

roglyphen zu schaffen, wie biSher, gerade Ihre feln-
sten Einzelheiken abgebildet. Da er das nur Im Tler-
relch tat und die überlleserlc nnlionnle Ausfassung
-des Menschenlelbes höchslenS in einlgen kecken E»
perimenten anlaslele, hatke man ihm das nichl übel-
genommen. Wehe aber dem Aieisler, der das wirk-
liche Leben gegenilber einer vorgekäuschlen lldeen-
 
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