Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 7.1927

DOI Heft:
Heft 8 (August 1927)
DOI Artikel:
Martell, P.: Zur Geschichte der Radierung
DOI Artikel:
Wiener, Oskar: Bronzeguß
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.23855#0220

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
sOZ

einer Wendung in der Kunst der Radierung. 3n
den Moklven unbegrenzk, flojz die Geschichle der Ra-
dierung üahin. Ludwig Richter, der dem Bolks-
tüinlichen im Zolzschnitk zu einem bis dahin unbe-
kannten lumstlerijchen Triumph verhalf, lietz seinen
Genius entsprechend auch in der Radierung walten.
Der Äerliner Älrademiedirektor Gottfried Scha-
dow, als Aildhauer ein Titan, wutzke auch in der
Radiecung seinen Genius kllnstlerisch walten zu
lnssen. Schadow liejz. in geistreicher Weise Humor
und Sakyre aus seinen Alokiven ertönen. 2nzwischen
war der Radierung durch die Erfindung der Litho-
graphie ein starker Wettbewerb erwau-ien, denn der
neue, von der Huld öes Zeitgeistes getragene Skein-
druck fand überall begeisterte Freunde. Anwillkür-
lich drängte die neue Technik des Steindrucks, die
ein neues künstlerisches Ausdrucksvermögen entbot,
die alken, im Geschmack gesäktigten Techniken des
Kupferstichs und der Radierung etwas zurück, doch
zum Glück nur zu einer vorübergehenden Schädigung.
Es zeigte sich bald, datz Kupferstich und Radierung
schlieszlich doch durch eine liahrhunderte alte Tradition
als bewährke Kunstformen zu befestigk waren, um
durch den Skeindruck dauernd einer ernsthafken Be-
drohung ausgesetzk werden zu können. Die künft-
lerische Mission der Nadierung ist unangreifbar und
eine in Aeonen gesicherke.

AlS liebenswürdige Meggenossen in der Geschichte
der Radierung sind zu nennen der Zeichner und Ra-
dierer Franz Graf Pocci (1807—1876), der im
Rahmen des bayerlschen Volkslebens ein kleines
schlichtes Radierwerk schuf, ohne nach der Palme
des HLchsten zu stceben. Auch Eugen Reureuther
(1806—1883), ganz auf bayrischer Erde und Kulkur
erwachsen, war ein treuer und emsiger Diener der
Radierung. Wenn man Neuceuther gelegentlich als
einen Wiedererwecker der Nadierung bezeichnek, so
greifk dies ekwas über die Wahrheit ylnaus. 3n der
Ornamentik ein gedankenreicher Sämann, hak er
Goethes Gedichte mit Nandzeichnungen umsponnen,
die den greisen Dichterfürsten noch wenige Mochen
voc seinem Tode zur wärmsten Anerkennung dem
Künstler gegenüber bewegken. 3n Adolph von
Menzel erwuchS der deuischen Radierung dann
nach langer Zeit ein Meister, der viel zu ihrem lang-
sam einsetzenüen Siegeszug auf dem Felde der mo-
dernen Graphik beitrug. Menzel, in den Säkkeln
aller graphischen Techniken gerechk, begann im tzahre
1843 sich der Radierung zuzuwenden, und finden wir

sein künstlerisches Bekenntnis in der vielseikigen
Folge seiner „Radierversuche" niedergelegt. Auch in
der Aadierung zeigte Menzel unter leinen Zeilge-
nossen ienes überragende Genie, das ihn llberall als
einen Kllnstler von Gotkes Gnaden offenbarke. Das
von dem Meister lebhaft betriebene Raturstudium
wirkt sich in seinen AadieruMen zu einer erhabenen
künsklerischen Ernte aus. Malerei und Holzichnilk
als die eigenklichen Fundamenke der Menzellchen
Kunst ließen die Radierung im Leben des Meislers
schlietzlich doch nur zu einer Episode kommen, die
aber die deutsche Kunsk nimmer missen möchte.

Damlt haben wir uns den letzken Meiskern der
Radierung genähert, wie sie der nun auch bald
historisch werdende Kreis der Moderne umschlieht.
3n Max Klingers phantasiereichem Radierwerk
begegnet uns neben Bollendetem auch Fehlerhaftes.
3n oen Blätkern „Bom Tode", Radierung und
Kupferstich, gerät die Phantasie gelegentlich auf 3rr-
wege, öaneben aber triumphierk die Schönheit. Alles
in allem nber doch ein großer Raüierer. Dann der
Graphiker Karl S k a u f f e r-Bern, ein mit unend-
lichem Fleih gesegneker Radierer, aus dessen Motiven
stets der Rhythmus der Lebenswahrheit klingt. Wil-
helm Leibls wenige Radierungen sind echte Kinder
eines wahren Künsklertums. Seine Nadel verlieh
dem Bildnis jene packende Psychologie, ohne welche
eine Aadierung schlieszlich nur ein Druckerzeugnis
bleibt. Der dem Karlsruher Künstlerkreise ange-
hörende Leopold Graf von Kalckreuth gereicht
in seinem Schaffen der deukschen Radierkunst zur
Ehre. Aus einem skark schöpferischen Born flietzt
hier der Kunst echte Seele.

Die deutsche Frau als Graphikerin hat sich in Käte
Kollwitz, eine seltsame, aber achkunggebiekende
Berkrekerin erwählt. 3n ihren Radierungen Ichreik
und stöhnt die Pfyche der Armut zum Beschauer,
ihre Blälker sind ein schreckhaftes ErlebnIS, eine
dröhnende Anklage gegen unsere Kulkur, die hier
zum kläglichen. Stückwerk menschlichen Seins wird.
Daß die alken Meister der nun auch in der Hiskorie
schon erskarrten Berliner Sezession Slevogt,
Liebermann und Corinkh uns im Reiche der
Radierung reife und blendende Früchte schufen, ist
zu bekannt, um hier erläukert zu werden. tznzwischen
ist aus jüngster Zeit der Aadierung eine Schar neuer
siegreicher Kämpfer erstanden, die in treuer Wahrung
deS ruhmreichen histonschen Erbes der deukschen Ra-
dierung neue künstlerische Triumphe sichern.

Bronzeguß

Bon Oskar Wiener (Prag)

Es ist das Kupfer, das unker den Metallen zu
allererst zur Herrschaft gelangte auf unserem Erd-
ball, und es unkerliegt keinem Zweifel, daß es an-
sangs auch nur wle ein gewöhnlicher zäyer und
hämmerbarer Stein benützk wurde. Durch einen Zu-
fall mag man da die edlen und kostbaren Eigenschaf-
ten des Mekalls entdeckt haben. tzrgend ein Ar-
mensch hatte sich am Waldesranh.seinen Feuerherd
errlchkek, um das erlegte Wild zu braken, und da
wird wohl unter die Zerdsteine ein Kupferbrocken
geraten sein. So enkdeckte die Menschhelt, daß es
Steine gebe, die in den Flammen fltlsslg werden,

und erkalkek zu einer schönen und glänzenden Masse
erstarren. — Die ersken Kupfergeräke, Dolche und
Pfriemen, ohne jeden Zierak, sind gemeinsam mlk
Steinwerkzeugen oft aufgefunden worden in den
Höhlenwohnungen unserer frühesten Borfahren. Doch
war die „Kupferzeik nichk allzu lang von Bestand;
wieder mag ein Zufall dem roten Mekall das lichke
Zinn zugeführt haben, und man lernke so die Tugen-
den jener Legierung kennen, die wir Bronze nennen,
und die dem Menschengeschlechte — lang vor Ent-
deckung des Eisens — zu herrlichen Kulkursiegen
verhalf.
 
Annotationen