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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 15.1935

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Heft 1 (Januar 1935)
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Zur Schriftfrage
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Unsere Leser haben das Wort
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https://doi.org/10.11588/diglit.28171#0022

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Zur Schriftfrage

U„ter dcm Titel „Allcs an scinrm PI a tz'' gibt
prof. Ehmckc in dcr sehr empfchlrnswcrtc» Zcitschrift
„Schrift und Schreibcn" (Verlag F. Socnneckcn,
Bonn) cincn Ubcrblick über die Entwicklung dcr abend-
ländischcn Schrift. Er vcrsucht sodann, die Aufgaben zwi-
schcn dcutscher Fraktur und dcutschcr Antiqua abzugrcnzen.
Durch Bcispiel und Gcgenbeispiel veran>cyaulicht er, wo
beidc Schriftartcn dem Zwcck am bcstcn gcrccht werden:
Die Fraktur ;. B. im Verkchrslebcn auf Wcgweiscrn an
idvllischen Fußpfaden zwischcn klcincn Dörfcrn, die An-
tiqua dagegen bci wcgschildern an großcn Autostraßen.
Für Schreibmaschincnschrift hält cr dic Fraktur für unan-
gcbracht, schon dcshalb, weil kcine andere Schrift so ficht-
lich auf den Ausglcich von hcll und dunkel, auf die Gleich-
inäßigkcit der lichtcn Stellen zwischcn den krästigcn Scnk-

rcchtcn angcwiescn sei wic geradc diese. Die jetzige Schrcib-
maschinc mit dcn gleichcn Lrciten threr sämtlichen Rcgel
bewirkc geradczu einc Larikätur des eigentlichen Lha-
raktcrs dcr Deutschschriftcn.

prof. Ehmckc fordcrt dann, daß die Schriftfrage bei der
Erzichung der 2>ugend mehr berücksichtigt werdc als
bisher. Es sei vor allcm nötig, daß die Erzieher der 2u-
gcnd sclbst einc vollkommcnc Bildung erhalten, in der dic
Erkenntnis des geschichtlichen werdeganges unserer
Schriftentwicklung ebensowcnig fehlen dürfe, wie dic
Beherrschung dcr Schriftformen, die heute überall ge-
bräuchlich sind und cin Vcrständnis für die Besonderhcrt
und Verwendbarkeit dcr einzelncn Schriftarten. Er schließt
mit Goethc:

wcr nicht von dreitausend Iahren
Sich weiß Rcckcnschaft ;u geben,
Bleib im Dunkeln uncrfahren,
lNag von Tag ;» Tagc leben.

Deutsche Runfterziehung

ri a t i o n a l s o; i a l i s m u s und Runsterzic-
hung in cincm Atemzuge ;u nennen ist einc zeitgemässe
Erschcinung.

was ivill dcnn der )7lationalso;ialismus eigentlich von
uns Runsterziehcrn; Darauf wird meist mit großartiger
Geste geantwortet: „Ihr sollt helfen den deutschcn
Menschen ;u bilden, ;u erziehen!" Gut! Aber kein
Deuwel weiß so recht, was er sich darunter vorzustellcn
hat. So wie der rkationalsozialismus eine weltanschauung
jst, so ist auch der deutsche Mensch eine weltanschauliche
Sache. An sich trägt der Begriff welt anschauung inter-
nationale Züge. Für uns Deutsche ist dqs aber doch s o
;u verstehen, daß wir von der warte unseres Landes
und unsere « Volkes den Blick schweifen laffen über a n-
dere Länder und Völker, um;u erkcnnen, daß es dahei m
am besten ist. Was gehen uns nach diesem Umblick
Finncn, Russen, polen, Dschcchen, mussolineare Faschisten,
was geht uns däs in waffen starrende Frankreich an? Ich
stehe nicht an ;u erklären, daß mir auch deren Runst von
Limabue bis Michclangelo, von Manet bis Derain als
Deutschcn piepe ist, bei aller Anerkennung ihrer für ihr

fördern wir aufs cifrigstc bcstrebt sein müffen. Das also
muß ich von mcinen Schülern verlangen, muß wecken,
pflegcn, mahnen und sperrige Elcmente auch strafen. Diesc
obcn genannten Eigcnschaftcn kann ich im Zeichnen, im
werkcn und in andern künstlerischen Disziplincn ausgc-
zeichnet pflegen. Damit wird man der nationalsozialisti-
schcn weltanschauung cinen größeren Dienst erweisen,
als wenn man dauernd darauf bedacht ist, alle Arbciten dcr
Schülcr auf Gemcinschaftsarbeit einzustellen, um dcn
Rameradschaftsgeist ;u pflegen. Dabci kann man sehr, sehr
daneben haucn. Ich crblicke in den maffenhaft auftretenden
Gemeinschaftsarbeiten eine ;ur;cit kultivierte Modc, die
man der nationalsozialistischen Adee zuliebe aufgebracht
hat.' Sie hat aber nur von Fall ;u Fall, nur bedingten
wert. Das kann sich jeder selbst an den fünf Fingern ab-
klavieren. - ?

Daß wir als Runsterzieher den intellektuellen Gegen-
druck abfangen müffen, ist eine schon Iahrzehnte altc
Fordcrung von uns. Darum ist auch nicht alles einfach
Mist, was bisher im Zeichenunterrichte gemacht worden
ist; denn für den Gleichgewichtsgedankcn kämpften wir
doch eigentlich schon innncr, wenn auch mit anderen waf-
fen als jetzt.

Die wichtigste Eigenschaft, die wehrhafteste Rraft, die
gegen die erdrückcnde Macht des Intellekts mobil gemacht
/ werden muß, istdieTirfedesdeutschcnGemütes.
1 Das wort „Gemüt" gibt es in keiner andern Sprachc.

Volk geltenden künstlerischen Oualitäten. Die uns bluts- (^Schon darum ist es typisch deutsches Gut und verlangt

verwandten Völker der Schweiz, Gesterreichs, der Nieder-
lande, Skandinaviens und Englands stehen mir seelisch
viel näher. wenn ich nieine Iungcn für Runst erwärmen
will, ss kann'ich das viel beffer durch Rembrandt als durch
Raffael, eher burch Leibl als durcb Manet. wir haben
-Rünstler nordischen, germanischcn Blutes genüg, so daß
wir die andern eNt.behren ckönnen. Das mag vielleicht ein
rtwas rigoroses Verfahren sein; aber es bringt was ein,

!als solches aufmcrksamstr Pflege. Gemüt ist ein Gemisch
'von 'Kumor und wehmut, Sinnigkeit und Besinnlichkeit,
Anteilnahme und ^ilfsbereitschaft, und auch alle dic vor-
hin genannten Eigenschaften sind Träger des deutschen Gc-
mütes. Iedcr gute Deutsche weiß, was Gemiit ist; und
weiß er das nicht, dann ist er eben kein Deutscher.

E^Das deutsche Gemüt wird in Bewegung gesetzt durch das
Mrlebnis. Och muß da an einen Fachkollegen denken,

Nämlich Ronzentration auf den deutschen der vor etwa ;o Oahrcn, als ich noch ein grünrs fKol;
Rünstler. 7 - ' 7''-'-'7'-77--''77'- '" 7 war, in wcinböhla in S<"hken tätig war und bei der da-

' was drutsch jst, jst uns blutsverwandt. Aber nmls herrschenden Unterrichtsart einen RisteNdeckel

die Blutsverwändtschaft ntächt noch nicht allein den zeichnen ließ. Er wählte ;u diesem Bchufe den Deckel

H deutschen Menschen äus. Es ist die Grundbedingung, natür- seiner alten Seminarkiste, in dee ihm seine brave Mutter

^ichl Abewwas- als deutsch;u tage tritt, sind Eigenschaften, sechs Oahre lang WLfche und allerhand Lreßko schickte.

id Nicht ändern Völkern ;u;u- Und er wußte diesen trocktnen Deckel dadukch fo mit

,en: Dreue, Gewiffenhaftigkeit,^ wärme zu «rfüllen und so mit Anteilnahme Zu laden,
rkeit, Forschersinn, Vkackst»e«k>?!) daß jedes seiner. Rinder in die rechteckige Figur'ein Stück
gkeit, Gründlichkeit und Ge-7 seiner gemütserregten Seele hineingezeichnet hatte, Ich
e Dinge, die ;u echalten und ;u will damit sagen, daß cs nicht auf den Stoff, das Dhema
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