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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 15.1935

DOI Heft:
Heft 4 (April 1935)
DOI Artikel:
Braig, Adolf: Kunsterziehung: ein Gespräch
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https://doi.org/10.11588/diglit.28171#0080

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AüolsVrajg-Alijnchtn

Minskttzichung / Ein Gesprach

gonncn

2l:

iic crinncrn sich gcwiß, daß wir jüngst, als ich
cincn Abcnd bci Ahncn scin durftc, cin Dcspräch
übcr Runst und übcr Er)ichunci zur Runst bc<
hattcn. Da kani uncrwartctcr Bcsuch und wir
inußtcn dic Untcrhaltun§ plötzlich abbrcchcn.

B: Unscrc Bckanntschaft hat mich Ihncn gccicnübcr im<
mcr mchr in dcr Ubcrzeugung bcstärkt, daß Ihncn das
Vcrhältnis ;u bildendcr Runst wcscntlich cingcbsrcn ist.
tzic smd darin sicher und hcimatlich gcborgen. Und da
hcraus wirkcn Ahrc Rräftc völlig natürlich und mühc-
los, daß ich oft den Eindruck habc, als spiclten Sic damit
im cdclstcn Sinn. So trcfscn auch Ihrc Urtcilc immcr
mit einer Sicherhcit, um dic ich Sic bcncidc. Sic brau-
chcn sich nicht um Erkcnntniffe und Einsichten ;u be-
mühen, um dic andcrc angestrengt und unter tiefen
wcsenserschüttcruncien kämpfcn müffen.

A. Heutc bin ich froh übrr die Unterbrechung, die
unscr Gespräch damals ersahren hat. So habc ich Zeit
gcwonncn, in Ruhc nach;udcnkcn übcr bildende Runst
und übcr das Verhältnis, in dem die meisten Mrnschen
heutc ;u ihr stchcn odcr richtiger, aus dem fie mehr oder afi-emein

wenigcr hcrausgesallcn sind. Ich glaubc zwar nicht, daß man pseut^wenai

« Veffrtt»,
sentlichund^

Sic mit dcm Ergebnis meines Nachdenken» eim
den sein werden. ^ ^

B: Ach weiss, daß ich von Ihncn gcwinnen kann
bitte Sic, frisch vom Ledcr ;u ziehen. Seien Sie sctz
schon mcines Dankes versichcrt, umsomchr als ich ' ^

rischcr Lultur als wicgcngabc scincr Eltcrn und Vor-
cltcrn mitbringcn. Da;u muß von srüh auf dcr mit Rul-
turkräftcn gcsättigtc Lcbcnsumkrcis ihn nährcn und for-
mcn. wo dicscr Lebcnsstrom dcr Familienkultur einmal
vcrsicgt ist, da wird kcinc Runstcr;iehung imstandc sein,
ncucs Lcbcn aus dcm Dodc ;u erwcck'cn. Diese bitterc
wahrhcit gilt übcr dic Familicn hinaus fast über unser
gan;cs Volk hinwcg.

D: Ich schc so dcutlich wic Sic den drohcnden Zerfall
durch immcr wiedcr ncu auftauchende Gcfahrcn. Aber ge-
radc aus dcr Lebensbcrührung hcraus, in dic mein Er-
;ichcrberuf in dcr Schulc und im wcitercn Lcben mich
bringt, kann ich dcn Glaubcn an das Vorhandcnscin vcr-
schloffen ruhcndcr Rräftc und die Möglichkeit ihrer
Wiedercrweckung ;u ncucm Lcbcn nicht aufgeben.

A: wieviel ist nicht in den letzten Jahrzehnten iܻee
Runst und Lunsterzichung gesprochen und -eschriebe« »md
was ist nicht alles versucht worde»! Das wiffe»
gut wir ich. wieviel — nein, wie wenig bieher da
reicht wurdr, das wiffen Sie doch ebenso
Von den verrücktesten Hausgreurtn ist



wclchc großc überwindung es für Sic bedeutrt, aus dem

, en sl .

ciescgnet Unbcwußtcn Ihrer künstlcrischen Viatur heraus- '

lutrctcn und cinen bisher schlummernd bewahrten Besitz me.sten gbrr k-mmt diesr.
in dic Daghellc bewußtcn Denkens vorzurücken.

A: Ach sühlc mich sicher gcnug, nichts dabei preiszu-
gcben. Und nun laffen Sie mich das Ergebnis meiner
Umschau und mcines Nachdenkcns geradeheraus bekennen:

Zur Runst kann man durch besondere „Maßnahmen" und
„Unterweisungcn" nicht erziehen und darum gebührt der
Lunstcrziehung im Zusammenwirken der Erziehungsmächtc
kcinc cigenc Stimmc.

L>: Sic reden kur; und deutlich. Ach staune. Dann fin-
den Sie also in Ordnung, daß die gegenwärtigc Mensch-
heit und darin auch unser deutsches Volk von dem uralten
Gnadengut der künstlerischen Rultur immer mehr abfällt
und ursprüngliche Rräfte verdorren läßt. Und habcn Sie
bedacht, daß mit dem zunehmenden Abfall von der Runst
auch dem Rünstler im Zusammenspicl der Rulturmächte
keine Stimme mkhr gebührt;

A: Sie nennen sclbst die Runst ein Gnadengut der Rultur.

Sie will nur in alten und gesicherten Heimstätten wohnen.

Sie will sich nicht jedem fchenken und noch weniger mit
willen und Gewalt berbeszwingen laffen. Sonst räcbt sie
sich an der Miffetät durch Unfruchtbarkeit.

B: Sie als Spröffe eines altadeligen vörnchmen Ge-
schlechts mögcn beinahe möchte ich sagrn: Sie müffen
diesen Glauben habeq.<Meine überzeugung steht jhm ge-
rade rntgegem , -> >

s-:E«MWh«tN: "*i« Mensch mu- den «efitz

kiMstletisch^?ME^E^ ^'^^^'

sere g
-erlan

ihres ejgrnen WUnf
wird da und dort rtnfa
Bestcller, der Bauhrrr wiff
schieht. Sie nehmen heute vrt
sie früher das Schlrchteste ang
gehobenes wirken riniger Sc ..
hintersteht, dem ein kleine» Gefslge A^gfä
schloffen hat, die mitmachen, «achnuühen,
eben können, davsn spürt die große Maffe gar i
nimmt alles an, willenlos, „weil man da» jeyt
wcr tiefcr blickt wird sich also nicht tauschen
wcsensgrund unseres Volkes sind di« A
allgemeinen wandlung, zu einer frisch er
lerischen Rultur nicht spücbar. Das t^eue hle
Es verträgt sich all;ugut mit dem entarteten
Lebensstil. "-,.7 '

B: Hier haben Sie selbst unsere Unterhalt, ^
punkt gebracht, auf den ich sie bri«gen
kennen und betonen das Trügerische dr» äuKer"
unorganischen Aufnehmcns. Anstrich ist nur ol
wirksam, was darunter liegt kann lrer «nd «« ,

wahrc Bildung abrr ist Lebenswachstum vom Grund auf
und diesem Ziel strcbt jrde wahre Lrziehung M, auch bir
Erziehung zur bildenden Runst.

A: Ich achte den Ernst und drn hohen Willen,mit dem
Sie Ihrc Aufgabe ergreifen. Sie glauben an ikre Lr-
, füllung. So weit kann ich Ihnen heute noch nicht folgen.

die Lrast zu künstle^- Vielleicht — es wäre mir die größte Lreude, weftn 7«

' ^ ^

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