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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 15.1935

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Heft 4 (April 1935)
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Löhmann, Leni: Alte Musik in der Schule
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https://doi.org/10.11588/diglit.28171#0096

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-.n- ^m°°n-s,°°-b°rs Alte Mßk ln öer Lchllle

^usik vor Bach und Händcl, — warum pslc'
cxcn wir diesc alte lNusik in dcr Schulc; Gc-
ucnwartsslucht; Sind wir Träumcr, die in
schöngcistigcm Nkusizicrcn dic Iugcnd vor dcn
Fordcrungen dcs Tagcs in einc „r,utc, altc Zcit" rcttcn
wollcn; Gdcr abcr intcllcktuellc Historikcr? — „Dcr
Schwerpunkt dcs Lebens blcibt im unbcwusstcn
Wachsen aus dcm natur- und volkhaftcn Untcrgrund,
dem „Muttcrbodcn" dcs Volkes." Und: „Erzichuny ist
Ausrichtung und Formung dcs wachstums durch
Gemcinschaft" (Rricck). wo ist volkhaftc Notwcndig-
keit abcr cindcutigcr als in der altcn Musikr Und in dcr
Folge: welche Musik crzwingt so rcin und bcgluckend Gc-
meinschaftsdienst? „Ausrichtung und Formung durch Ge-
meinschaft?" Nicht wcrke einzclncr persönlichkeiten,
Höchstlcistungcn in individucller prägung sind hicr ent-
scheidcnd, abcr auch nichts von dem, was im vorigen Aahr-
hundert als volkstümliche Musik galt — scntimcntal und
gewollt populär —; sern auch die problematik der Moder.

vcrnachlässigtc Lautc odcr Gitarrc gibt sovicl Nlöglich-
kcitcn; und wic vcrtraut wird dcn 'Lindcrn ihr Anstru-
mcnt, wcnn stc auch i„ dcn höhcrcn Lagcn spiclcn müffcn.

— Ein klcincr Eanz von M. prätorius, L'Espagnolcttc,
drcistimmig: drci Gcigcn; Zwci Gcigcn und Gambc oder
Lautc; ; Dlockslötcn cntspracl)cn dicscm klcincn wcrk.
Wie sroh ist man als Schulmcistcr an Mädchcnschulen, auf
diesc wcise die wundcrvolle Litcratur dcr gcmischtcn
Lhorc singcn zu könncn; dic Lhörc mit dem Lantus sir-
muo im Dcnor z. B.: wic köstlich klingt da dic Block-
slötcnumrahmung, Uncrschöpflich ist das „Plotenbüchlcm
dcr Anna Magdalena Bach"; denn rn den klerncren For- s,
mcn beziehen wir auch Bach in diescn Bererch alter Musik,
Lach als Vollcndcr diescr Formen. Dcr D-Dur-Marsch z.

B. von Altslötc und Laute gespiclt.und das brkannte
f Dur-Präludiun, von drei Lauten, — wieviel durchsichti-
gcr u„d schöncr im 'Llang als auf unserm s
vrer. überwältigcnd ader ein Dachchorai, von vier L
sloten erklrngendi rvrgelkla

nen und gesuchte primitivität! Alte Musik rst Ründerin Durch dirse Berveglichkeit in

dcutscher Sccle. Am Vordcrgrund stehcn uns nü

Musik unentbehrlichcr

schrchtliche probleme, sondern die Lebensnähe, auf daß. in iich aber vor qUem
der tätigen Pflegc dieser Lunst Rräfte frei-, werden,
stark und gestaltend in der Gegenwart wirken

Eine jugendliche Schar singt Haßler, prätorrus; —
straffste Selbstzucht ist erforderlich, Hingabe und Dpfcr-
bereitschaft! Denn da gibt es kein solistisches Sich-Hervor-
tun! Einordnen und einfügen; und doch sein Bestes geben,
um dem Ganzen zu dienen. Gesund in geistig-seelischer Hal-
tung ist das Singen dieser werke; gesund aber auch rein
stimmlich. Hier kann nichts forciert werden; Stimmum-
^ fang und melodische Linie sind ja noch durchaus vokal ge-
dacht und verlangen keinc instrumentalen Bewegungen
der Stimme. Auf ruhige, großzügige Atemführung ist dic
vokale Dongebung gcgründet und ist so eine wesentlich an-
dere als in neueren werken. wesentlich anders ist ja auch
' die Tongebung der alten Instrumente als die unserer
heutigen. was für eine welt tut ^rch dem Ainde auf,
wenn es versucht, chen altc» Anstrumegten die ihnen eigc-
^nen Rlänge abzulauschen. Romantischcs Schwelgen ist un-
möglich auf Blockflöten und violeni Und wie heißt es sich
hineinvertiesen, lauschen auf dre Forderungen der Musik,
wenn die Besetzung ;u erarbeiten ist. Dcnn meist ist die
Bcsctzung frei uiie hat vcrschiedene Möglichkerten, so daß
des Rindes schöpserische Phantasie rege wird. Da haben
wir eine vierstimmrge Allemande von Schcin; wir ver-

i, dann auf vier Lauten (die
Lautenbe.

suchfn sie astf L

- beiden GbcrstimmHM^iWUch rn Lage); der LauteNbe- Roftlrch wären dic Stundcn, dre «ns bas „Freiburgek

setzung wird der Borzug gegebcn. Dic augenblicklich so Rammertrio für alte Musik" bereitete!

Musik nebenher, in fteter Perbindung mi
ohne viel Gerede und twckene Lehrhaftic
nierkt vom Schulcr. Und Musikgcschichte, Forme
lebt er als ewrges waltcn drutschcr Geif
gan; hervorragendcm Maßc auch da, wo
vercint mit der darstellendcn Runst. Jch denke an r
niederdcutschce Larfreitagsspiel, die Bord
Marienklagc, wie sic vom prior Reborch am 2ahre
ausgeschriebcn wurdc. Gesetzc des Ausdrucks und dcr Au».
drucksgcstaltung dcs nicderdeutschen Menschen erfährt hier
unsere niederdeutsche 'Iugend im Spiel. was für «ine
Rrast rn dcn einstimmigcn, unbegleitcten Gcsängen, die
hervorgcwachsen sind aus dem Melos der Sprache; — wie
bezeichnend sür dic Haltung des niederdeutschen Menschen,
daß inr Augcnblick größter Erregung das Sprechen den
Gcsang ablöst — cr schreit sein Leid nrcht aus sich heraus!
Und wre überzeugend erkennt hier der junge Mensch, daß
Ausdrucksgewalt unabhängig ist von ernem großen Appa.
rat! Unsern Darstellcrn brauchtcn kaum Regieanweisungen
gcgeben zu werden, so selbstverständlich und zwingrnd rst
mittelalterlich deutscher Geist «och lebendig im jungen
Deutschen vön heute, wenri dieser sich dienend hineinstcllt
rn solches Geschehcn. Dann auch beim Hören alter Musik:
Röstlrch waren dic Stundcn, die uns das „Freiburger
 
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