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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 15.1935

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Heft 9 (September 1935)
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Grunow, Gertrud: Die Wirkung des klingenden Tones auf das Hören
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https://doi.org/10.11588/diglit.28171#0218
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GertruL Grunow-Hamblirg

M Wjtkung öV kllNMöeu TonlN auf öos kjoren

^as Ghr ist dasjenige Grgan, dem das Hörcn an-
gehört. Es dient jedoch nicht tzflein dem Gchör,
sondern auch dem Gleichgewichte. Zwischen bei-
dcn bcsteht in psychisch-physischer Hinsicht ein
besondcrs inniger Zusammenhang. Das ivhr ist kcin iso-
iicrt tätiges Grgan, sondern ist den Gesctzlichkeiten des
Gcsamtorganismus untcrworfen. Geder Mensch hört, ist
hörend tätig, zunächft und zutiefst seiner völkischen Ur-
natur, seinem urtümlichen Lharakter entsprechend. Dic
Lhinesen z. D. hören, empfindcn Töne verschieden vom
Europäer; Östcrreicher empfinden die Töne in höherer
Gespanntheit als Norddeutsche usw. Ursachc ist dic Ver-
schiedenartigkeit der Resonanzbildung.

Diescm Subjektivcn steht das ;u hörende Vbjekt, dcr
Ton, gegenüber, der Ton in seiner Schwingungszahl und
scinem Rlingen. wir können kcincn Ton wahrnehmen,
ohne daß cr klingt. Der Rlang wiederum ist tönend
schwingende Luft, bewegt nach akustisch seststellbaren Ge-
setzen. In diesen Ausführungen hier werden wir kur;
vom klingenden Ton, dem Done mit seinen Vbertönen
sprechen. ' - "

Nimmt der Mensch einen Ton mit seinem ivhr auf,
ruhig und in längerer Zeit, gewährt also der Resonanz,
dem Rlingen, mehr Zeit und Raum, dann kann man be-
obachten, daß stch mit diescm Hören, Aufnehmen, Erleben
eines Tones äußerlich in der physiognomie des Menschen
eine veränderung vollzieht. Das Gesicht nimmt den Aus-
druck einer besonderen geistigen Spannung an und zeigt
beim Menschen, der sehr lebhaft empfindet, eine besondere
Beseelung. - - > ' ^

Auch im ivhre geschieht einc Entwicklung. Richtet der
Hörende, nachdem er empfunden hat, daß der Ton in ein-
heitlicher, harmonischer Ruhe in seinem Vhre erklingt, die
Aufmerksamkcit auf dieses Erklingen des Tones, dann er-
kennt er, daß der Ton in höchster Rcinheit er-
klingt. Diesc Reinheit ist zugleich von einer Helle
und zwar bei jedem der Töne von einer anderen Hellig-
keit. Ieder Ton besitzt eine besondere, ihm
eigene Urhelligkeit. Diese Helligkeiten stimmen
in ihrem HelliKkeitscharakter mit den ivktaven überein.
Der Flügcl (Rlavier- besitzt von den Mölf.Hefligkeiten
nur acht, von denen die tiefste ivktave außerdem unvoll-
stäydig ist; von den -vicr hochsten Helligkeiten besindet sich
aüf dem Flügel nur das unterste c. will man stden Tsn

Die Töne els, äls, kis, xls, uls, sowie b, ss, ^es, ss, «lss
besitzen eine Eigenhelligkeit, Eigencharakter. Sie stimmen
mit den Helligkeitcn von 5 ivktaven überein (siehe rvkta-
vcnordnungs-Schema), und erschcinen in den Helligkeits-
lagcn von e, 6, l, s und k, s, §, e, ä nur attributiv,
„erhöhend" oder „erniedrigend" charakterisierend. Das
Rlavicr zeigt diese 5 Tönc in seincn 5 schwarzen Dasten:
ois-äss, äls-ök, lls-ges, AM'SS, gjs-d.

Diese neuen Tatsachen des U r h e l l i g k e i t s -
klanges der Töne ausführlicher darzulegen, den
wcrt, die wichtigkeit der Tatsachc auseinanderzusetzen,
oder die Richtigkeit der Behauptung tief ;u bcgründen,
würde eincr umsangreichen Arbeit bedürfen, ein Dhema
für sich bilden. Von der Ureigenhelligkeit der Töne Rennt-
nis ;u haben, ist jedoch nötig, um leichteres und befferes
Verständnis ;u gewinnen für einige der Tatsachen, von
denen jetzt die Rede sein soll.

wenn der Mensch, nachdem er den Don in seinem (vhr
rein und Harmonisch erklingen gefühlt hat, seine Aufmerk-
samkcit dem eigenen Hören zuwendet, sein Hören objektiv
;u erkennen sucht, wird er sich bewußt, daß er jedem Tonc
gegenüber eine besondereEinstellung einnimmt
und jeden Ton in einer bestimmten Hörart aufnimmt.
Versucht man, die Art des Hörens ;u benen-
yen, sozerkennt man bei e die Art des Lau-
schens, bci <l diejenigc des H 0 rchens, bci s
ein geistig-höchstes Hörcn, bei 1 ein wahr-
nehmendes Hören, bei 8 Hi". und Zuhören,
bei s sachliches, bci li intensives Hören.
Diese einfachcn Hörarten erfährt man am ehesten, wenn
man den Ton von seincr Helligkeits.(<vktav.)Lage cher
empfängt. Der im <vhr klingende Ton würde zwar von
jeder Lagc äus zuletzt Ruhe und ivrdnung in seiner eige-
nen Räumlichkeit finden, gefunden haben, bevor der
Hörende die Aufnierksamkeit dem Hören selbst zuwenden
wird (und darf); allein der unmittelbare weg zur Er-
kenntnis ist stets der einfachste, beste. will man ben Ton
willentlich in anderer Helligkeitslage als drr dem
Tone eigenen hören, so erfahrt -ie Hörweise eine Verände-
rung, d. h. sie bleibt zwar dieselbr, tritt aber zugleich auf
in derjenigen Art, welche mit dcm betreffendm aNdern
Helligkeitsklang verbunden ist. Iemand, deffen natürliche
Art ^ B. Hin- und Zuhören ist, vermag auch M horchen,

seinem Urkiingen gemäß in die betreffende Oktave legen, lauschen usw. So kann jeder Mensch auf jede weise
so ergeben sich solgende Entsprechungen:' Hören, jedoch stets nur in der Art und in dem Lharakter,

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welche ihm von Matur angeboren stnd. ,

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en zeigen einc Erhöhung; das sachlicke Hüren wird
ektiviert, das geistig.hohe Hören bei e wird bei els
^ennbaeHn muflkalisches Hör«u-

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