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Bund Deutscher Kunsterzieher [Editor]
Kunst und Jugend — N.F. 18.1938

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Heft 1 (Januar 1938)
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Fröscher, Wilhelm: Stuttgart als Stadt des Auslanddeutschtums im Kunstunterricht
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https://doi.org/10.11588/diglit.28172#0011

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Stuttgart als Gtaöt des Auslanddeutschtums im Nunstunterricht

Von wilhelm Fröscher-Gtuttgart

Der Teppich mit den wappen auslanddeutscher Städte
ist im Frühjahr dieses Iahres am Rönigin-Ratharina-Stift
in Stuttgart entstanden, und;war anläßlich dergroßenStutt.
garter Ausstellung „Frauen am werk". Eine Unterabtei-
lung dieser Ausstellung befaßte sich mit den Aufgaben der
weiblichen Erziehung. Frau Vberstudiendirektorin Dr.
Lscherning hatte die Leitung dieser Abteilung. Sie wollte
in möglichst anschaulicher Form die verschiedenen pro-
bleme, Ziele und wege des weiblichen Unterrichts vor
Augen führen und sie zog inich von 2lnfang an ;u den
Beratungen hin;u. Es kristallisierten sich bald einige gan;
spe;ielle Aufgaben heraus, die ich im Zeichen- und Runst-
unterricht in bildhaft anschauliche Form ;u bringen hatte,
und die sich mit meinen Gberklaffen als schöne Gemein-
schaftsarbeiten lösen ließen.

Das war ;uerst einmal der große Bildteppich. Es han-
delte sich darum, ein symbolisches wahr;eichen für Stutt-
gart — der Stadt der Auslanddeutschen — ;u gestalten
und ;u ;eigen, wie an unseren Schulen der Gedanke des
Auslanddeutschtums lebendig verwur;elt ist.

Der Teppich ist so richtig ein werk der gan;en Schul-
gemeinschaft, wo nicht nur Schülerinnen der Gber- und
Unterklaffe beteiligt waren, sondern wo auch die Frau
Direktorin und andere Rollegen sein Entstehen mit In-
teresse und manchmal auch mit Rat und Tat versolgten.
wohl ist der Gedanke des Bildteppichs in mir selbst ge-
reift; aber wie es so ist: der Gesamtplan und die Aus-
wahl im ein;elnen entstanden auch hier erst während der
Arbeit an der Verwirklichung der Adee.

An einer Rlasse 7 machten die Schülerinncn, nachdem
Sinn und Zweck der Aufgabe durch den Lehrer klargelegt
worden waren, kleine EntwUrfe Uber die Anordnung und
Verteilung von wappen, Schrift usw. das Gute und
Brauchbare an den EntwUrfen wurde gesammelt und auf
Grund davon neue Versuche gemacht. So war der Dep-
pich bal8 in seiner Gesamtanordnung vorhanden; daß ich
selbst natürlich auch mein Teil ;um Entstehen beitrug,
jst wohl selbstverständlich. Die Aufgabe war ;u groß, um
von einer Rlaffe allein bewältigt ;u werden und außer-
dem drängte die Zeit; der Leppich mußte ;ur Ausstellung
fertig sein. Deshalb arbeitete eine parallelklaffe dort wei-
ter, wo die andere stehengeblieben war. Es galt die wirk-
lichen Maße fest;ustellen, die Größe der wappen und der
Schrift. Die ein;elnen wappen wurden ihrer äußeren
Form nach ;uerft in Papier ausgeschnitten, aufgelegt und
geprüft, wie sie sich in die gegebene Fläche einfügten. Da
gab's viel ;u ändern, bis endlich befriedigende Verhält-
niffe da waren. Und schon war die Arbeit wieder so weit
gereift, daß es für die nächste Rlaffe etwas ;u tun gab.
Das war nun diesmal eine Frauenschulklaffe. Sie hatte
nun eigcntlich das Rei;vollste am gan;en Deppich ;u lösen.
Die wappen waren aus;uführen; und hier gab's nicht nur
ctwas ;um Ausschneiden, sondern auch ;um Nähen und
;um Sticken, gan; abgesehen davon, daß das Uebertragen
der wappen auf die gegebene Größe eine ernste und

in unerbirtlicher Fordcrung nach dcm andern Gesetz dcr
Fläche: nach Rlarheit. Die Ausdruckskraft gotischer
Farbenfcnstcr und frühcr Hol;schnitte, altcr und inoderncr
Bildwirkcreien oder einfacher bäucrlichcr Stoffdrucke bc-
ruht auf dicser strengen Formcnklarheit, den stark kontra-
sticrcnden Farbwcrten, dec kräftigen Begrcn;theit und
;upackcnden Rahmung. Die „2lrchaik" diescr Gcstaltungcn
ist ihrc G.ualität. Ahre „Bäucrlichkeit" und Dcrbheit ist
Haltung und geladene Rraft und Iugendlichkcit. 2luch un-
scrcr Augend wUnschen wiid d i e s e Archaik, das Zeichcn

mühevolle 2lrbeit war. wir wollten ursprünglich alles
aufnähen, aber bald ;eigte sich, daß wir nicht fertig ge-
geworden wären; so vereinfachten wir uns die Arbeit und
klebten die ein;elnen Fil;stUckchen aufeinander. Es wurden
;u dieser 2lrbeit sogar auch ^andarbeitsstunden verwen-
det und ^andarbeitslehrerin und Zeichenlehrer arbeiteten
oft mit vereinten Rräften. — In dieser Zeit war eben
die gan;e Schulgemeinschaft in der Arbeit an einer gc-
meinsamen Sache ;usam»iengeschloffen. — wie schon ge-
sagt, das Material ;u dcn wappen war Fil; in pcimären
Farben, die in ihrer Leuchtkraft am ehesten den heraldi-
schen Lharakter ;u wahrcn vermochten. Ich erinnere mich
noch gut, welch mühevolle Arbeit es war, bis ;. B. die
feinen Ein;elheiten des Schiffes von Tondern aufgestickt

wandteppich: „Stuttgarr, Stadt dcr 2luslanddeutschcn".
Gemeinschaftsarbeit mebrerer Rlaffen. Arbeitsart: Fil;
auf Stoff aufgeklebt, ;. T. gcnäht. Abb. nat. Größe.

waren. Aber den Mädchcn machte es riesig Spaß und es
wurde wirklich cin wappcn gcradeso tadellos wie das an-
dere ausgeführt.

cchter, junger, gcsunder Rraft, nicht künstlicher primi-
tivität. Denn sie trägt m sich die Möglichkeit, ;ur Rlar-
heit und Strcnge des klaffischen" Stils auf;usteigen,
wcnn die gcstaltncrische Stufc und Reife dcr kiinst-
lerischcn Rlarheit, d. h. die Anschaulichkcit allcr
Fornibe;iehunge>i unter sich, errcicht ist. Gelingt dicsc Er-
;ichung, dann finden wir viclleicht wieder ;urück ;u jencr
unbewußten Sicherheit dcs Gestaltcns, für die cs kcine
probleme der Fläche und des Raumes gibt, sondern nnr
noch kiinstlcrische Notwcidigkciten.
 
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