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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 18.1938

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Heft 5 (Mai 1938)
DOI Artikel:
Müller, Bruno: Der Zeichenlehrer als Förderer der bildenden Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.28172#0096

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darauf aufmerkfam gemacht, wie gerade Graphik für dre
neuen Gemeinschaftsräume ein geeigneter Schmuck ist, ich
habe im NSLB über die wohnung des Beamten ge-
sprochen; es haben Fabrikanten gekauft, am meisten Leh-
rcr und einsache Handwerker, sogar gegen ihre Erzeug-
niffe. wenn wir als Zeichenlehrer durch Bildhinweis und
Wort die Leute ;u packen verstehen, die bildende Runst
im Zusainmenhang mit Handwerk und wohnraum und
Bctrieb klarmachen, dann kann der Erfolg nicht ausblei-
ben. Gewiß hätten ich und mancher Helfer in der gan;
erheblichen, da;u drangegebenen Zeit Bilder malen kön-
nen, aber diese von mir öfter durchgeführten Ausstellun-
gen, gcleitet mit den Erfahrungen als Er;ieher, machten
Ausstellungen ;u Erfolgen an Grten, wo früher nur alle
fünf Iahre von schlechten Reisekünstlern Bildcc ver-
kauft worden sind. So kann der Zeichenlehrer durch enge
Zusammenarbeit mit der Runstkammer und der von ihr
;u bestellenden Aury als wirklicher Förderer der bildenden
Runst in kleineren Städten wirken. Seine eigenen Arbei-
ten haben auf solchen Ausstellungen ;u fehlen. Ueberflüs-
sig ;u erwähnen, daß gerade auch die Ankäufe guter volks-
tümlicher Runst von Städten und patronatsbehörden ge-
fordert werden müffen; denn die Zeit, wo bestimmte Druck-
firmen allein den Bildschmuck in den Schulen besorgten,
dürfte überholt scin. Die weihe des Griginals und sein
bloßes Vorhandensein an der wand kann für das Leben
des Schülers von großer Bedeutung sein. Haben wir doch
heute durch den Rudolf Roch-Rreis eine Reihe von Gra-
phikern, die ebenso stark und gegenwärtig ;u gestalten
verstehen, wie die Rünstler des Mittelalters, die auch nicht
viel wesens machten, sondern gan; selbstverständlich ihr
Bestes gaben.

^ Anmerkung d

Die von starkem Verantwortungsgefühl getragenen
Hinweise sind eine wesentliche Ergän;ung ;um „Bildgut"-
Rapitel des vorigen Heftes. Es muß klar sein, daß alles
Vertrautmachen mit dem besten Erbe früheren SchaffenS
ausmünden muß in die lebendige Gegenwart. Es muß
auch klar sein, daß die Fördcrung der Heimatkunst (ohne
2lnführungsstriche) eine wesentliche Aufgabe bedeutet, da
ja manche der im Aprilheft genannten Bildwiedergaben
;u vielen Gauen keine Heimatbe;iehung haben. Der be-
kannte Versuch ;weier großer Verlage aus der Vorkriegs-
;eit, mit Reihen von eigens in Auftrag gcgebencn „Rünst-
ler-Stein;eichnungen" die Lücken aus;ufüllen, gelang des-
halb nicht, weil dicse Blätter oft als „Anschauungsbilder"
anständig sein mochten, aber bis auf gcringste Ausnah-
men einer R u n s t betrachtung nicht dienen konntcn. Daß
dann manche Veranstaltungen örtlicher Verbände für den
Vertrieb einer Heimatkunst für Schule und Haus kein
anderes rriveau ;eitigten und deshalb von einsichtigen
Er;iehern nicht als kunster;ieherisch wertvolle Veranstal-
tungen anerkannt werden konnten, ist bekannt genug.
Ramerad Müller stützt sich in seinen 2lusführungen auf
die Zusammenarbeit mit den bcstcn freien Rünstlern und
tut gewiß recht daran, weil nur dort das kompromißlose
Maß licgt. Indes möchte ich da;u am Rande bcmerken,
daß die Zahl solcher Besten in manchen Gaucn sehr ge-
ring ist gcgenüber den freien Auch-Rünftlcrn, die den Ton
angeben und ohne innercs Recht das crnste Schaffcn man-
cher Amtsgenoffen bemeckern und ;u unterdrückcn suchcn,
nur dcswegcn, weil diese „beamtet" sind.

Aedoch liegen die Dingc doch wohl im Rcgclfall so, daß,
wer Arbeiten auf;uweisen hat, die sich schcn laffcn könncn,
auch den bcdcutsamen ösfentlichen Platz dafür findct und

^n ähnlichen kleinen Ausstellungen können die Fragen
des Runsthandwerks und der wohnraumgestaltung äü
Beispiel und Gegenbeispiel aufge;eigt werden. wie schön
können Elternabende der Schulen durch solche Ausstellun-
gen bereichert werden! Mit wie wenig Mitteln läßt sich
eine Ausstellung herrichten, die den Eltern odec den Bür-
gern ;eigt, wie früher einmal am <vrte eine blühende
Rachelindustrie war, eine Glasbläserei usw.! Man sammle
geschickt und ;eige er;ieherisch richtig! Doch niemals im
Nebeneinanderarbeiten von Rünstlern und Rindern, von
Zeichenlehrern und ihren Schülernü
Am Rande sei hier nur erwähnt, wie auch der Zeichen-
lehrer durch eine vernünftige Ausrichtung im Unterricht
nach alter in der Stadt oder im Dorf geübter Brauch-
tumskunst alte Dinge wieder aufleben läßt. Von dem Hin-
eintragcn von Volkskunst in Gaue, wo gar keine Vor-
ausseyung da;u ist, von Techniken, die eben so weit her-
geholt sind wie früher die „Technik des Radierens" iM
Zeichenunterricht — davon halte ich garnichts. wir haben
heute recht klar ;wischen einer Runster;iehung in der
Stadt und auf dem Lande ;u unterscheiden. Aber an
beiden Stätten kann der Zeichenlehrer ein verantwov-
tungsbewußter Förderer der Bildenden Runst sein. Be-
nutzt er als Sprachrohr die durch die Bewegung geschaf-
fenen Stellen, da;u die bekannten Aemter, so findet der
künstlerische Lehrer hier auch ein politisches Betäti-
gungsfeld, das so leicht keiner neben ihm ausfüllen kann.
Sichere er sich da aber die Rameradschaft der tüchtigen
freien Rünstler, denn nur in Gemeinschaft können Er;ieher
und Rünstler kunster;ieherisch wirken, wenn sie wirklich
mit ihren Mitteln ;um Vleubau des Reiches beitragen
wollen.

sSchriftleiters.

auch keinen Grund hat, ihm aus;uweichen. Unser Lehr-
beruf fordert den „schaffenden Er;ieher", der in irgend
einem Zweig dec Runstübung den Bedingtheiten des Schaf-
fens verbunden bleibt, um eine lebendige Lehre ausüben
;u können. Daß das Verhältnis ;ur Geffentlichkeit durch-
aus eine Lharaktersache ist, ist ;u Recht betont. wir mei-
nen nur, daß ebenso nichtgemeint wie der „verdienstvolle"
Runstpächter sein Spiegelbild: der pädagogische Unter-
nehmertyp ist, der mit einem Monopol auf seine Methode
reist. — Am übrigen: Der wert jeder Arbeit steckt im
werk selber und bleibt — wcnn er bleibend ist — gän;-
lich unabhängig von den Umständen, ob als „Frei;eit- und
Fericnarbeit" odcr sonstwie entstanden. Gewiß liegen die
Dinge im Bildnerischen etwas anders, als ctwa bei den
Schriftstellern, deren Schaffen in vielen Fällen „Frei;eit-
arbeit" ist. wenn wir aber einmal die berufliche Liste
auftun wollten von Malern usw., die wir nicht miffen
mögen, würde sie auch nicht gar so klein werden.

wir möchten nur abschließend feststellen: der Runst-
er;icher hat Verbindungsmann ;ur besten Runst ;u sein;
ragt er dort mit Eigenem hinein, umso besser. Er hat
aber noch die besondere Mission, beispielhaft in dem ;u
sein, was Ramerad Müller den guten Durchschnitt nennt
und was ich „Hauskunst" nennen möchte; wobci mir der
hohe Stand dcs Bildschaffens vorschwebt, der noch um
IS40 in guten Bürgcrhäusern ;u finden war, gleich;eitig
mit eincr lcbendigcn Llultur der Hausmusik und der lite-
rarischcn Bctätigüng. Daß dcr Runstcr;ieher vorlebe, was
Licbe ;ur Runst, Runstpflegc und tätige Antcilnahme be-
wirken können, das bleibt die vornchmste 2lufgabe, die
man ihm auch im Gan;en dankcn wird und um dic cs
dann eigentlich kcinen Streit gcbcn kann.

Aus der Lernschule muß die <Lharakterschule entstehen, in der jede Rlaffe ein Abbild
der Vol' uneinschaft darstellt. Fritz wächtler
 
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