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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 18.1938

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Heft 7 (Juli 1938)
DOI Artikel:
Herrmann, Hans: Zeichnen und Sticken: zwei kleine Berichte aus Münchener Volksschulen
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https://doi.org/10.11588/diglit.28172#0143

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Ich muß dabei vorausschicken, daß meine Schülerinnen
z—9 Iahre alt waren (allerdings aus einem Rurs
für Begabte), also im Arbeitsunterricht die Technik des
Rreuzstiches noch nicht erlernt hatten. Das brachte zunächst
den großen Vorzug, daß in ihre Vorstellungsrvelt noch
keine „modernen" Muster (in Lild 4) eingedrungen waren.
Anderseits mußte ich versuchen, ihnen vor dem Beginn
der Ärbeit die Möglichkeiten dieser Technik begreiflich
;u machen: daß es nur dreierlei Richtungen gibt, innerhalb
welcher dieZeichnung der Stickerei verlaufcn kann- senkrccht,
waagrecht, mittelschräg — daß runde Grenzen der For-
men unausführbar sind, daß stets ganze Rreuzchen ge-
arbeitet werden müssen, und diese wiederum streng waag-
rccht neben- und senkrecht übereinander stehen. Die Mit-
verwendung des Strichstiches habe ich grundsätzlich
ausgeschaltet. Er verleitet zumal bei 2lnfängerinnen leicht
;u sinnlosen Spielereien.

Beim Entwurf wurde nicht gleich die Gesamtform
dcs Deckchens angepackt. Das wäre bcsonders für die Rlei-

;

nen vicl ;u schwer gewesen. wir versuchten ;unächst auf dem
Tupfbogen einfache Reihungen, welche ja spielend entstehen
(Bild r). Die eine oder andere wagte sich schon an eine
Ecklösung, ein richtiges problem für dic kleincn Mädchen,
dieses Drehcn der Formen um 00 Grad und das gleich-
abständige Anschließen derselben von der Ecke aus!

Dann versuchten wir allerhand Dinge dar;ustellen, die
ihnen Freude machten: Vögel (Gockel und Pfau sind be-
sonders dankbar), ^er;en, Blumen im Rörbchen odcr in
der Vase, Stcrne, natürlich Bäume. Vor allem die Danne
fällt den Rindern leicht. Die Figuren wurden crst allmäh-
lich in Angriff genommen, denn sie bieten doch mehr
Schwicrigkeiten. Ähre Größe läßt l.lngeschicklichkcitcn viel
kraffer ;utagetrcten. Dann wollen sie auch sinnvoll geglic-
dert sein (nicht cinfach ;usticken!). Die Mädchen sollen eine
gemustertc Schür;e bekommcn und eine Borte am Rock,
das Micder ist vcrschnürt, die Zöpfe stehen ab. Auch dic
Duben dürfen nicht schmucklos aussehen. Da;u muß ein
^ut mit der Feder bcitragen oder cine gcmusterte weste.
Die Architektur kam auch an die Reihe, vom üandhaus
angefangen bis ;ur Rirche, die beinahe wie ein romani-
scher Dom aussieht (in Bild 4).

Soweit dic Dinge cine symmctrische Anordnung cr-
forderten, und das war ;umeist der Fall, gab cs manchc
Schwierigkeiten. Dic absolute Gleichseitigkcit wollte an-
fangs den kleincn Röpfcn nicht rccht eingehen. Allgemcin
>st hier noch ;u bcmcrkcn, daß ;unächst keine Absicht be-
stand, ;weifarbig ;u arbcitcn. Ein Tcil dcr lNuster ist cin-

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farbig blau geblieben. Nur wo es die Rlarheit erforderte,
wurde eine ;weite Farbe, Rot, ;u 'Ailfe genommen.

Als jede Schülerin etliche Formen aufge;eichnet hatte,
machten wir uns an die Zusammenstellung. Zu diesem
Zweck wurden die brauchbaren Dinge herausgeschnitten,
auf cinem frischen Tupfbogen angeordnet und aufgeklebt
(Bild r). Es gibt auch durchsichtige Tupfbögen, auf welchc
man die Formen überpausen kann. Äch kannte sie damals
noch nicht und kann daher über ihre Brauchbarkeit kein
Urteil abgeben.

Natürlich ergab sich bei der Zusammenstellung, daß noch
merkliche Lücken klafften. Blumenvase und pfaue brauch.
tcn eine Dorte als Grundlinie. Ueber dem Dom fehlte

ein Abschluß. Ein ^er; wurde da;u erwählt. In kleinere
Lückcn schob sich ein Stern hinein oder das Monogramm
der Stickerin. Schließlich war noch die wahl dcr Borte
außcn herum ;u überlegen und vor allem ihr sinngcmäßer
Abstand.

Endlich ging es ans Sticken. wie ich schon cingangs
crwähnte, keine leichte 2lufgabe für die ungcübten ^ände.
Auch das richtige Ab;ählen der Rreu;chen machte viel
Ropf;erbrechen. Da mußte gar oft aufgetrennt wcrden.
Aber schließlich gelang die Arbeit und wir freutcn uns
an ihr.

Zum Schluß noch einigc praktische Anmerkungen. Für
dcn Entwurf sind Dupfbögen mit ;-Millimetcr-Guadratcn
am gceignetsten, weil sie der Größe der gestickten Rrcu;-
chen am nächsten kommen. Zum Stickcn licß ich sog.
Aidastoff nchmen, ein grobes Baumwollgewebe, dcffcn
Fäden lcicht ;u ;ählen sind. Schöner ist 2l>dalcinen, aber
auch tcurer. Als Stickfaden nahmen wir perlgarn in
dunklcm Blau, dem Ultramarin oder prcußisch Blau
ähnlich, und da;u bci ;weifarbigcr ^lusführung Rostrot.
Moulinegarn eignct sich gleichfalls.

»Zclcne Bropncr.
 
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