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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 18.1938

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Heft 8 (August 1938)
DOI Artikel:
Scharnweber, Otto: Zum Zeichnen in wenig gegliederten Schulen
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https://doi.org/10.11588/diglit.28172#0164

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153

Endklaffen der höheren Schule. Daß in dieser Richtung die
Aufgabe des Volksschulzcichncns §ar nicht liegt, muß man
leider immer noch mit schwerer Mühe klarmachen. Es gc-
lingt dann, wenn der eingebildete Vrichts-Rönner Rinder
bei ihrem unbeküinmcrt frischen Zupacken im Bildnern
jeder Art erlebt unv verstchen lernt. So, daß er
cs als ein erzieherisches Vcrbrechen empfindet, wenn er
dicse Bildefreudigkeit lahmlegen würde, und hingegen
schäyen lernt, welche lebendige Anschauungs. und Gestal-
tungsfähigkeit seiner harrt, um gcweckt und angeregt und
gcnutzt ;u werden für die gesamte Bildungsarbcit!

wir glauben, daß die schöpferische Rrast unserer Raffe,
wenn auch in bescheidencr Bcreitschaft, jedem von uns ein-
geboren ist. Das verpflichtet jeden, diese Rraft Zu hegen
ünd ;u pslegen; möglich ist das nur im Ringen um sinn-
volle Aufträge, die wir mit unseren wie auch bescheidenen
Rräften erfüllen können. Beschränkung in Thema und Stoff
ist die Grundlage der Laienarbeit. Sie sollte vor allem
dem Volksschullehrer, der sich in sciner Arbeit immerfort
mit einer Beschränkung dcs Stoffes auseinandersetzen muß,
bedeutsam bleiben. Ein Dergleich, den jeder auf sich persön-
lich übertragen mag, sei ;ur Rlärung angedeutet: in der
Volksschule lesen wir keinen Rant, keinen Zarathustra, keine
Gedankenlyrik eines Schiller. wo liegen die Gren;en der
bildncrischen Arbeit; Lernen wir doch aus dem Ueberliefe-
rungsgut unserer Volkskunst, wo für uns Laien Aufgaben
und Möglichkeiten der Arbeit liegcn!

Gewiß hängt dann unsere Arbeit nicht mehr nur am
Zeichenblatt; ste wird vielmehr ;u einem vielfältigen
werken. Die hier ;um Zeichnen vorgebrachten Gedanken
sind nur aus organisatorischen Gründen auf dieses Fach
bcschränkt worden. Schöpferisches werken und Zeichnen stnd
nicht voneinander ;u trcnnen.

Eine ;weite Schwierigkeit! Gft kommt von praktischen
Schulmännern die Forderung: „Gebt mir cinen Stoffplan!"
Gemeint ist dann ein plan, der einen stetigcn Aufbau vom
„Einfachen ;um Schwierigen" darbietet. Da müffen wir
crklären: „So einen plan haben wir nicht mehr!"(Vgl. Richt-
linien für die Grundschule: Muttertag, Schulfeier, Heimat-
fest.) Da nun ein solcher Stoffplan, und mit ihm gcnau ab-
gemeffene Aufgabcn als Normen nicht gegeben werdcn kön-
nen, weiß der in der Beurtcilung der kindlichen Bildsprache
ungeübte Er;ieher die Schüler-Arbeiten oft nicht ;u bewer-
ten. Das ist eine weitcre Schwierigkeit! Sie ;u beheben er-
fordert Arbeit; es gilt die echte, gewachsene kindliche Bild-
sprache ;u lcsen und sie von unechtcn Formen ;u unter-
scheiden. Am Deutschen, wo cs um die Beurteilung der Lei-
stungcn des kindlichcn Er;ählens gcht, ist dies dcm Lehrer
schon eine gewiffe Selbstvcrständlichkeit. Hier erkennt ec
auch meist „unechte" Lcistungen,;. B. phrasenhafte oder ab-
geschriebene Sätze.

Aus der Grganisation dec wenig geglicderten Schule er-
gibt sich schließlich noch eine Schwierigkcit. Da das Zeichnen
meist nur als „Stillbcschästigung" cingcsetzt wird, bleibt
dem Lehrer vielfach nicht die Zcit, sich um die geleistete
Arbeit ;u küinmern. Damit lebt das „Fach" am Rande der
schulischcn Arbeit. Tatsächlich lebt cs in cinigen Rlaffen
und Schulen wirklich nur als „Füllsel" und „Zeitvertreib"
vom Randschmuck für Aufsätze und vlicdcrschristen. Das ist
ein unwürdigcr Zustand, dcr überwunden werden kann und
muß.

V o r b e d i n g u n g c n der praktischen Arbcit.

Voraussctzung für sic ist dcr Glaube an die schöpfcrische
Bcreitschaft dcr Augcnd und das Zugeständnis des Lebens.
rechtcs an die kindlichcn Formkräfte.

Um ein Gclingen dcr Arbeit;u gcwährlcistcn, sollcn die
Rindcr von der Grundschule an möglichst auf Papicr ;cich-
ncn. Dic Zcichiiung auf dcr Schicfcrtafcl, leicht vcrwischbar
und von kur;er Lebcnsdaucr, ist in kciner weise gceignct,
werkgefühl und Schöpfcrfrcude ;u stärken. Unter allen
Uiilständen niuß im Laufe des crstcn Schuljahrs die Schie-

fertafel beim eigentlichen Zeichnen verlaffen werden! Rleine
Blättchen eines billigen Papiers laffen sich stets beschaffen.
Die fertigen Zeichnungen kommen in kleine Mappen; so
hat der Lehrer immer wiedec die Möglichkeit des Stu-
diums und der Ueberprüfung, der Schüler aber Gelegen-
hcit, am Schluß des Iahres oder der Schulstufe seinen
werdegang selber ;u verfolgen, wirklich ;u beachten und
auch die Eltern „ins Bild ;u setzen".

Das Arbeiten mit Buntstiften ist in der Grundschule
;weckmäßig. Auf der Mittelstufe ersetze man sie durch Deck-
farben, die besonders - vorteilhaft sind, da sie auch für
werkarbeiten verwandt werden können. Dort, wo wirt-
schaftliche Schwierigkeiten den Schülern die Anschaffung
cines Tuschkastens erschweren, ist es ratsam, cinige pinsel
und Farbsätze für die Schule ;u kaufen. Ein Brettchen, vom
Tischler mit Bohrlöchern in der Größe der Näpschen ver-
sehen, hilft Ordnung halten.

Die wichtigsten Farben: Rlares Gelb (Ladmium oder
auch Lhrom), Ziegelrot (Zinnober), Blutrot (Rarmin oder
Rrapplack), klares Blau (Ultramarin, auch preußischblau),
Grün (Zinnobergrün oder auch Ehromopyd), Erdgelb (lich-
ter Gcker), Erdbraun (gebrannte Siena); da;u weiß,
Schwar;, Gold und Silber.

Dcr Lehrer muß den Rindern das saubere Anlegen einer
Fläche und das Arbeiten mit dem pinsel ;eigen; er muß
also selber seinen Farbkasten haben!

Für größere Arbeiten (Gemeinschaftsarbeiten) benutze
man Zeichen- oder graues, festes Packpapier von der Rolle.
Aneinander geklebte größere Zeichenbogen tun es auch.

Ueber die wahl der Aufgaben.

Die Aufgaben werden bedingt durch „den Lebenskreis
der Rinder, das Leben der Heimat und das Gegenwarts«
geschehen". Sie sollen immer aus voller Verantwortung
gegeben werden als sinnvolle „Aufträge". Sie müssen den
Fähigkeiten der Altersstufe entsprechen. Es soll nicht ge-
;eichnet werden um des Stundenplans willen.

Aufträge ergeben sich genug aus dem Ubrigen Unterricht
(Deutsch, Heimatkunde, Geschichte usw.) und aus dem Ge-
meinschaftsleben im Elternhaus, Schule und HG. (Mutter-
tag, Vstern, Heimatfest, Schulfeier, Fahrt, Lager). Der
Lehrer ist vor allem auf der Mittel- und Gberstufe für
cine Beschränkung des Dhenias verantwortlich, damit die
Aufgaben wirklich bewältigt werden können. Vor allem sind
Themen ;u vermeiden, die ;u bloßen „Bildchen" (Land-
schäftchcn) führen, weil die den Rindern vorschwebenden
Lcitbilder von den „Gemälden" her selbstverständlich ;u
„hoch" liegen. Man ;eichne lieber das Vaterhaus, den
Apfelbaum, den Löwen;ahn usw.

Oben wurde bereits vom „Anmalen" und der Verpflich-
tung des Lehrers ;um eigenen sinnvollen Vorgehen mit
dem Handwerks;eug gesprochen. Damit sind wir bei der
vcrmittlung dcr werklichen Rcnntniffe. Zeichnen heißt nun
nicht nur auf dem Papier arbeiten. Gewiffe Aufgaben ver-
langen andere Mittel der Durchführung. Eine stundenplan-
mäßige Drennung von Zcichnen und werken ist ohnchin
unnötig und verfehlt. Schreiben, Papierschnitt, Rneten,
Schnitzen, Laubsägcn sind werkverfahren, die sich in jeder
Schulstube durchführen laffen.

Das Ziel der Arbeit in den Schulstufen.

Alles Tun des Lehrers sei geleitet von dem Streben, die
in der Augend aktiven schöpferischen Rräfte wicder im
Drauchtum der Familie und der Gemeinschaft ;u ver-
wur;eln.

An der Grundschule wollen wir das ;utrauliche, alles an-
packende Er;ählen der Rinder erhalten und pflcgen. Ab-
lchnung allcr unsaubcrcn und unordentlichen Arbciten ge-
wöhnt die Rinder bald an Zucht.

Auf der Mittclstufe pflcgen wir cine anständige Arbeits-
haltung. Neue werkvcrfahrcn (Deckfarbenmalen, Papier-
schnitt, wcben) werdcn geübt. Arbeitcn wcrdcn übcr län-
 
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