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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 18.1938

DOI Heft:
Heft 11 (November 1938)
DOI Artikel:
Schunck, Erika: Wir arbeiten Puppen für die Winterhilfe
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https://doi.org/10.11588/diglit.28172#0220

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Mr liröejlen Mppen sur üle Wntechllse

Von Erika Schunck, Berlin

Abb. 1 photo: ^ugo Lenz

„Gestern habe ich ein Rind mit einer unserer Puppen
spielen sehen," init diesen worten kam eines Morgens in
der Schule eine kleine Schülerin gan; aufgeregt;u mir ge-
lausen. „Ia, die Puppe hat in einem wagen gelegen, und
das kleine Mädchen hat wie ;u einetn Rinde mit ihr ge-
sprochen."

Das war der beste Lohn sür unsere Mühe, die wir
schon drei winter lang aus die Herstellung unserer vie-
len Puppen verwenden. ÜZun wußten wir — denn es
sprach sich schnell in der gan;en Schule herum daß
unsere vielen Püppenkindcr ihren Zweck crfüllen, nicht nur
diese eine, sondern alle die andern auch, die wir ja mit
ebensoviel Liebe und guten wünschen auf den weg ge-
schickt hatten. Ihr Puppen alle, die wir alljährlich hin-
aussenden, möge jede von euch ein Fest unterm Lhristbaum
fröhlicher gestalten helfen, ein Rinderher; glücklicher
machen, und mögt ihr die Licbe weitertragen, die euch
entstehen ließ. Zur weihnachts;eit Arbeit der Rinder für
Rinder — das ist schon Erfüllung. —

Die Pestalo;;i-Schule in Lichtenberg hat den ersehnten
werkraum bekommen, aber leider vorläufig noch in einem
dem Zeichensaal entgegengesetzt gelegenen Deil der Schule,
so daß das Handwerks;eug, das nun in den kleinen werk-
raum hinüberwandern mußt , praktisch für uns unerrcichbar
ist. Vorläufig ist keine andere Lösung möglich, daher über-
legten wir lange: wie könncn wir mit dem wenigen Hand-
werks;eug, das uns im Zeichensaal geblieben ist, mit unse-
ren großen Rlaffen Arbeitcn für die winterhilfe herstellen,
die brauchbar sind und den Rindern, die sie erhalten,
Frcude machen? ^lluf einmal wußten wir cs — wir machen
Puppcn! Heute, wo man bci uns fast'schon von ciner klei-
ncn Puppenfabrik rcden kann, wo wir unsere Puppen bereits
mit allerlei Fcinheiten ausarbeiten, wo manches richtige
kleine Runstwerk untcr den gcschickten Rinderhänden ent-
steht, freuen wir uns fast, daß uns der cntlegcne.werk-
raum erfinderisch werdcn licß, und daß hicr aus dcr Not
eine Dugend wurde. Denn hätten wir nicht jedes Aahr
wicder vor dcrselben Frage gestandcn und sie nicht ininier
wieder in dcrsclben ^lrt bcantworten niüffen, so wären
unsere Puppen nicht das gcworden, ivas sie hcute sind,
nämlich — und darauf sind wir nicht wenig stol; —, ein
regelmäßiger Dcitrag ;um Winterhilfswerk der NSV. in

Lichtenberg, die uns im vorigen Aahre für ihre weih-
nachtsbescherung sogar wieder um Puppen bat.

Die ersten waren ;war noch richtige kleine Scheusale,
mit ältlichen Gesichtern und merkwürdigen Proportionen,
aber aller Anfang ist schwer, und wir waren schon über
die ersten Erfolge glücklich. Öb es auch die Rinder waren,
die diese ersten Machwerke unter ihrem weihnachtsbaum
fanden, wiffen wir nicht, aber wir trösteten uns damit,
daß Mütter ja auch oft die weniger gut geratenen Rinder
am meisten^lieben, und daß wir oft drei- oder vierjährige
kleine Mädchen mit noch unschöneren gekauften Puppen
.hatten spielen sehen.

Zuerst waren noch allerlei Schwierigkeiten ;u überwin-
den. wer sollte den Ropf formen; Sollten wir Ton oder
plastelin ;u der Grundform verwenden; wir entschieden
uns, beides ;u versuchen. Einige mutige Schülerinnen fan-
den sich auch, die sich daran wagten, einen Rinderkopf ;u
modellieren, von dem wir dann die Gipsnegativform für
unsere Puppenköpfe absormen wollten. Die ersten Versuche
fielen recht kümmerlich aus. Statt eines Rindergesichtes
sahen uns lautcr alte Frauen und Männer an. Es mußte
also erst ein wenig studiert werden. „Ach habe jetzt acht
Tage in jeden Rinderwagen hineingeguckt", er;ählte eine
der größeren Schülerinnen in der nächsten Zeichenstunde.
Es war mit gutem Erfolg geschehen, denn ihr gelang es
nun, mit etwas Nachhilfe den ersten einigermaßen brauch-
bapen Ropf ;u modellieren. Er wurde noch schnell vor
Schulschluß in noch feuchtem Zustand in der Mitte von
oben nack unten mit einem Draht in ;wei Hälften geteilt.
Leider fanden wir ihn am Montag früh trotz der feuchten
Tücher, mit denen wir die Hälften umwickelt hatten, stein-
hart vor. Trotzdem wollten wir ihn verwenden. Da in den
wintermonaten die gan;en Rlaffen im Zeichnen so;usagen
eine große Arbeitsgemeinschaft darstellen, eben mit dem

, phsts: lkrita Schunck
 
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