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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 18.1938

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Heft 11 (November 1938)
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Lange, Walter: Unser "Bildersturm" in der Schule
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Buch und Bild / Am schwarzen Brett
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https://doi.org/10.11588/diglit.28172#0227

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193

Unser „Bilderfturin" in der Schule

walter Ü a n g e - Göppinrsen

Aürzlich kain ich in ein Rlaffenzimmee, deffen Inneres
jn erfreulichec weise von vielen seiner Art abstach. Es
war an den wänden mit Bildern geschmückt, die^die
Schüler selbst gemalt l-atten! 2lcht Tage früher war das
noch nicht der Fall gewesen, sondern Guadratmetereintei,
lungen, Üandkarten, Maßtabellen und dergleichen beherr-
ten den Raum. Ausnahmsweise hatte ich als Zeichenlehrer
jm Rlaffenzimmer unterrichten müffen und so kam ich
darauf, die Schüler aus die <vde ihrer wände aufmerksam
;u machcn und ihnen zu raten, wie dem abzuhelfen wäre.
Auf dem Tisch nebcn dcm Ratheder hatte ich nämlich
einige Malereien vorgefunden — Themen, die wir vorher
iiii Zeichenunterricht behandelt hatteii — Ritter, zu Fuß
kämpfend oder hoch ;u Roß, dic nun, für den Deutschunter-
richt angefertigt worden waren. Ich sagte, solche Di.ige
gehören eigentlich an die wand — besonders wo eine
Raumpflege noch nottut — und trug den Schülern auf,
deshalb sinmal höflich mit dem Rlaffenlehrer ;u sprechen.
Das taten sie und dieser ging darauf ein; so war der Er-
solg osfenbar. Fiir Schriftübungen mit der Redisfeder,
aber auch in der Schreibstunde, diktierte ich daraufhin
solgenden Tept:

Schasft würdige Schulräume!

Schüler aus eincr Schulc in württemberg haben cs
unternommen, die öden wände ihrer Rlaffenzimmer mit
selbstgemalten Bildern ;u schmücken. Sie taten das Gegen-
tcil jener Bilderstürmer im Mittelalter, die viele Bilder
aus überfüllten Rirchen herausriffen und verbrannten. In
unseren Schulcn fehlcn Bilder! Dort müffen ste hinein.
Also malt solche und malt sie gut, damit jene Aufenthalts-
räume, die der deutschen Erziehung dienen, deffen auch
wert seien und von deutschem Geschmack Runde geben.
wir brauchen eincn Sturmtrupp, der hier aktiv vorgeht.
c^elst mit!

Als das geschrieben war, gab ich noch eine ausführlichc
Erläuterung. Ich sagte den Schülern, daß man in einem
solchen Falle nicht „mit der Tür ins Haus fallen" dürfc,
wcnn man Erfolg haben wolle. Es sei gut, zuerst dem
Rlaffenlchrer eininal cine wohlgelungene Arbeit ;u zeigen,
che man weitergehe. wenn sie ihm gcfalle, könne man
inehr wagen. Ein's müffe gehörig nach dem andern kom-
men, nur dann sei die Sache aussichtsreich. So kamen wir
nebenbei aus cine kleinc Sittenlehre und daß sie befolgt
wurde, konnte ich wenige Tage später konstatieren — ich
hatte nicht tauben <vhren gepredigt, das bewies die Tat:
Die Schüler hatten dic Bilder gemalt und an die wand
geheftet! Der Rlaffenlehrer hatte es geduldet — mit mchr
oder weniger eigener Mitarbeit.

was erreicht war, war nicht viel. Dielleicht nur ein
kleiner Reim ;u ctwas größerem, aber damit doch schon
ctwas: ein erster Schritt ;u einer wirklichen Raumpflege
in der Schule, ;ur cigcntlichen R a u m e r; i e h u n g.
Hans Thoma' schreibt: „vor allen Dingen bin ich hoch-
crsrcut über die Idee, daß die öden Schulwände mit Bildern
gcschmückt werden könnten. Ich weiß aus meincr Iugend-
crinnerung, wie sehr dies ;ur Freude der Rinder geschicht;
— ich weiß, wie bilderhungrig Rinder meistens sind —
wic in ihnen ein Sinn lebendig ist, dcr bei den meisten durch
eine Art von Vernachlässigung wicder verloren geht."

„Die Bedcutung der Bilder ist für Rinder viel stärkcr,
die wirkung auf sie ist vicl grüßer als bei Erwachsenen.
Sie legen vicl in die Bilder hinein, sie lesen viel aus den
Bildern heraus — und ein Bild an der Schulwand würde
inanchem cin Sinnbild werden — eine licbe Erinnerung,
dic jhn durchs Lebcn bcgleitet." —

Das schrieb cr im Iahrc 1000. Damals hätte man Bilder
kaufen küiincn. Und dann sind die guten Rcpcoduktionen

' ,/Im 'Zcrbftc dcs ^cbcns" von ^ans Llioina, Nliinchen

nach Meisterwerken so billig geworden und trotzdem hat
man's nicht getan. wenigstens nicht ausgiebig genug. Vlun
hat man kein Geld mehr, aber unsere Rinder können
malen. Der deutsche Zeichenunterricht ist seither aufgebaut.
Ist es da nicht richtig, daß die Rinder ihre Schulräumc
sclber schmiicken;

Erich Retzlasf, Düffeldors, „Deutsche Drachte n",
lir Seiten, rund 100 Bilder, Verlag Die Blauen Bü-
cher, Rarl Robert Langewiesche, Rönigstein i. T. und
Leipzig. preis r.40 RM.

Rund 100 ganzseitige Drachtenbilder und 8 Seiten Tept
machen den Inhalt diescs vorzüglichen Buches aus. Mit
seltener Feinfühligkcit und künstlerischem Empsindcn hat
Erich Retzlafs die auch technisch vollendeten photos geschaf-
fen und ausgewählt; hier eine Schar von Rindern in die
heimatliche Landschaft gestellt, dort den vollen Akkord der
Feiertagstracht im Zusammenklange mit dem kirchlichen
Innenraum gegeben. So lernen wir nicht nur die «^rachten
kennen, sondern immer auch ihr Zusammcngchen mit Land-
schast, Haus, Innenraum. Das Buch reiht sich würdig der
Reihe der besten Blaüen Bücher an. R. B.

Rudols Helm, „D e u tsch e V ol kstrach ten",
ro Seiten Tert und 50 Taseln. I. F. Lehmanns Verlag,
Müiichen. preis kart. 4 RM.

Ein wiffenschaftlich tiesschürsendes, sachlich und klar ge-
schriebenes Buch, zu dem man gern greift, wcnn man klare
Ausschlüffe über Fragen wünscht, die irgendwie mit den
deutschen Volkstrachten im Zusammenhange stehen. In
S Seiten Tept faßt Helm zusammen, was grundsätzlich
iiber deutsche Volkstrachten ;u sagen ist, ohne daß cr sich
in Einzelheiteü verliert. Dann gibt er ;u den 56 Bildtascln
Einsührungen, die genau so knapp und klar die nötigcn
Aufschlüffe über die Landschaft und Stammcsgebundenheit
der Einzcltrachten bringen. Die Bilder sind gut ausge-
wählt und ;um Deil sarbig. 'R. D.

Oswald A. Erich, „Deutsche V 0 l k s t r a ch t c n",
5S Seiten, id Abbildungen, Vcrlag Libliographischcs
Institut, Leipzig. preis 0.00 RNl.

G. Erich, Rustos am Volkskundemuseum in Berlin, gibt
in diesem Buch cincn kleinen 2lbriß iiber die wichtigstcn
Trachten unscres Volkes. Der knappc Raum gebot von
vornhercin, aus alles ;u verzichten, was über das Grund>
sätzliche und wichtigste in der Trachtensrage hinausgeht.
Dcnnoch muß gcsagt wcrden, daß cs dem Versaffer gelang,
mit dcn rund 50 Seiten Tcpt und id ganzseitigen farbigen
Bildern einen guten Abriß über die deutschen Volkstrach-
ten ;u bringen. Das Bild hält lcidcr dem wort nicht im-
mer dic waage. R. B.

Hedi Schcrcr-Voses perkonig: Brauch und
Lracht in Ge > 'kcrreich, ic>r Seitcn Tcxt, zahlrciche
farbige Abbildungen. Verlag Tyrolia, wicn-NIünchcn.
preis r.40 RM.

plicht was uns perkonig von dcn Trachten und Bräu-
chcn des österrcichischcn Bauern crzählt, bestimmt zuletzt
den wcrt diescs Buches, sondern wic er cs crzählt. Und
dafür ist zweiscllos entschcidend, daß cr sclbst cincr dcr
trcuesten Söhnc seincs Volkes und üandcs ist, daß cr mit
jcdcr Faser seincs Herzens an sciner Heimat hängt, daß
allcs das, von dcm er in dicscm Buch kündct, nicht cin
Schatz seines wissens sondern vielmchr scincs rcinsten
und ticsstcn Erlebcns ist. Dic viclcn ganzseitigcn Trachtcn-
 
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