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Kunst der Nation — 2.1934

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Eckstein, Hans: Raum und Farbe
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Pastor, Eilert: Zwei unbekannte Werke Rauchs von den Externsteinen
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Oswald Poetzelberger: an die Berufenen unter den Künstlern
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https://doi.org/10.11588/diglit.66550#0111

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Kunst der Nation

3

Weiß oder auch ein kaltes lichtes Grau wird am
besten wirken.)
Die schematische Darstellung der Farbgebung
eines Raumes, die der Gründer der Meisterschule
für das deutsche Malerhandwerk in München,
Otto Rückert, freundlichst zur Verfügung ge-
stellt hat, gibt Ausschluß über die Veränderungen
des Raumeindrucks durch die Farbe. Der dar-
gestellte Raum liegt nach Norden. Durch das
Fenster schaut man auf graue Dächer. In der
Abbildung oben werden die Wirkungen vier ver-
schiedener Farbgebungen untersucht. Der dunkle
Anstrich der Wände bei Heller Decke läßt den mit
6,50 Meter Länge und 3,90 Meter Breite sowieso
sehr tiefen Raum (absichtlich wurden zu diesem
Beispiel ungünstige Maß-
verhältnisse gewählt) zu
eng erscheinen. Der Raum
wird zum „Schlauch",
die Decke „fliegt weg",
die Weißen Türen Platzen
ans der dunkelfarbigen
Wand heraus. Die dunk-
lere Decke bei hell ge-
strichenen Wänden (Zeich-
nung darunter) drückt zu
stark, der Raum er-
scheint zu niedrig. Durch
eine starke farbige Her-
vorhebung der Türen und
von Teilen der Fenster-
nische wird der Raum
in seiner farbigen Er-
scheinung zu stark „zer-
rissen" (oben rechts). Die
günstigste Farbgebung,
die den Raum weit und
luftig macht, wird erzielt
durch, einen Weißen Farb-
ton der Wände und der
Decke, einen Hellen Fuß-
bodenbelag (Linoleum),

hältnissen durch überlegte Farbgebung wesentlich
verbessern lassen. So kann man z. B. Räume in
den Prunkmietskasernen des 19. Jahrhunderts
mit übermäßig hoher Decke (bei entsprechend guter
Belichtung, so daß die Decke als Reflexfläche ziem-
lich entbehrt werden kann) niedriger erscheinen
lassen, indem man die Decke dunkler streicht oder
tapeziert als die Wände. Bei Räumen von nor-
maler Höhe wird man dagegen gerne die Decke mit
einer um eine Nuance helleren Tapete tapezieren,
um jede drückende Wirkung zu vermeiden und die
Decke als Reflexfläche besser auszunützen.
So einleuchtend für jeden Menschen mit Farb-
empfindung und Raumgefühl die besprochenen
Maßnahmen sind, so viel wird doch noch immer


Helle Behandlung der
Eichenholztüren (rechts
unten). Die Fensternische

Rauch, Plakette des Felscnbildes. Gust der Sainer-Hiitte, 1823. 8,8 : 11,2 em

(vgl. die Abbildung unten) ist in Gelb gehalten
und dadurch sowohl als der wichtigste Raumteil
herausgehobeu wie aus dem Gesamtraum etwas
herausgelöst, so daß dieser weniger eng und
schlauchartig erscheint. Das aktive Gelb bringt,
vor allem gegen das Grau des Fensterausblicks,
eine angenehme Belebung in den Raum. Das
Beispiel ist deshalb besonders lehrreich, weil es
zeigt, wie sich Räume mit ungünstigen Maßver-

und immer wieder von Architekten und Hand-
werkern gegen die einfachsten Gesetze der farbigen
Raumbehandlung gesündigt. Man macht sich nicht
klar, daß eine mechanisch einheitliche starke Fär-
bung aller vier Wände jede Wirkung einer
anderen Farbe an der Wand wie sonst im Raume
ertötet, und daß die endlose Wiederkehr des Rap-
ports ermüdet und das so heilig gehaltene Orna-
ment entwertet.

Zwei unbekannte Werke Rauchs
von den Wernsteinen
Von
Eilert Pastor

Die Geschichte der Externsteine ist die Geschichte
der Verschüttung besten deutschen Volksgutes, und
das spiegelt sich wider bis in das Geschick jener
beiden Werke unseres großen Bildners Rauch, die
hier zum erstenmal veröffentlicht werden.
Jedermann kennt die Felsengruppe der Extern-
steine am Egge-Gebirge südlich des Teutoburger
Waldes. Sie waren das große Volksheiligtum der
Sachsen, das die Jrminsut beherbergte. Hier
wurde den Göttern Germaniens gedient, nicht zu-
letzt den Sternen, von denen die Steine ihren
Namen als Egge-Stern-Steine haben, so wieder-
um bekundend, wie sehr Himmelskunde allen alten
Glaubens Grund gewesen ist. Drei Lage lang zer-
störte die Heeresmacht Karts des Großen, was zu
zerstören war. Aber Sitte und Sage umwoben
den Ort weiter. Der Teufel sollte hier Hausen;
die Sonne sollte mau hier beobachten; Feste waren
hier zu feiern, im Anblick des seltsamen Felsen-
retiefs, das in den einen der Felsen gemeißelt war.
Solch ein Fest begingen hier un Sommer 1823
Prinz uno Prinzessin Wilhelm voll
Preußen, und aucy Rauch war dabei. Las
FelstnmlO fesselte ihn so, baß er, ats die Fest-
genopen avzogen, davlieo, um es in alter Rupe
nnb Sorgfalt avznzeichnen. So entstand diese
schone uno saubere Bteistlftzeichuuug, die er daun
nach Berlin nntnaym. Von da schickte er eine
Durchzeichnung an Goethe, den das Bild
augenvticttlch so gefangen nahm, daß er darüber
einen Aufsatz „Die Exterusteine" schrieb, der Wohl
auch größere Beachtung verdient. Eine weitere
Durchzeichnung erhielt die Prinzessin Wilhelm,
eitle dritte Rauchs Freund Lund, während der
hier wiedergegebenen Abbildung das Original zu-
grunde liegt*).
An Hand dieser Zeichnung formte Rauch nuu
ein herrliches kleines Flachrelief, das er dann von
der Sainer-Hütte in Eisen ausgießen ließ und
dem Prinzen Wilhelm schickte**).
Die weiteren Abgüsse können nicht sehr zahl-
reich sein, sonst wäre es noch unverständlicher, daß
solch ein Meisterwerk 111 Jahre im Dornröschen-
schlaf gelegen hat, so daß es selbst unseren besten
Rauch-Kennern unbekannt war.
Was besagt nun das fünf Meter hohe Felsenbild selber?
Es ist im oberen Teil eine Kreuzabnahme. Oben schwebt
Gott-Vater mit der Siegesfahne, umgeben von trauernder
Sonne und Mond, alles recht ungewöhnliche Beigaben. Links,
mit zerstörtem Kopfe, Maria, rechts als Eegengestalt
Johannes. Zwischen ihnen links der den Leichnam Christi
haltende Joseph von Arimathias und rechts Nikodemus, der
auf einen merkwürdigen Gegenstand tritt. Goethe deutete
ihn als Baum, andere als Sessel, bis man endlich auf den
Gedanken kam, diesen Gegenstand aufzurichten, und siehe da,
es war ein Sinnbild, das man dann in der deutschen Früh-
kunst auch sonst wiederfand: es war die Jrminsäule selber.
Mit Füßen getreten unter dem Bilde des Kreuzes; aber
diese Füße hat germanischer Zorn schon bald wieder ab-
*) Ich fand es bei Frau d'Alton-Rauch, der Gattin eines
Rauch-Enkels, die es mir dankenswerterweise zur Veröffent-
lichung zur Verfügung stellte.
**) Es ist hier gleichfalls abgebildet, und auch hier habe
ich der Verwaltung der staatlichen Schlösser und Gärten für
ihre bereitwillige Unterstützung zu danken.

geschlagen. Heute wird bei den Externsteinen die Erde ge-
siebt, jedes Moospolster untersucht, und da hat man nun
vor wenigen Wochen unter solch einem Moospolster auf der
Spitze des Hauptfelsens das kreisrunde Loch wieder gefunden,
26 Zentimeter tief, 27 Zentimeter im Durchmesser, in dem
die Jrminsäule einst gestanden hat, wie heute das Christen-
kreuz auf dem Kirchturm.
Die Gelehrten streiten sich noch um die Entstehungszeit
des Felsenbildes; am wahrscheinlichsten ist die Ansicht des
um die Externsleine so verdienten Forschers Teudt: Das
Sockelbild ist heidnischen Alters, wie auch wohl heidnischen
Inhalts, der infolge der Verwitterung noch nicht einwand-
frei gedeutet ist. Der obere Teil ist spätestens um Elf-
hundert entstanden, zeigt aber deutliche Spuren, daß einst
auch hier ein heidnisches Bild gestanden hat, das fortgemeißelt
und durch das christliche ersetzt wurde, nachdem bereits Karl
der Große dort hatte Apostel abbilden lassen, wie den auf
der Rauch-Platte links sichtbaren Petrus mit dem Schlüssel.
Hier war ein, vielleicht der Brennpunkt des großen Sachsen-
krieges. Es ist heilige Stätte für Deutsche. Und nun be-
denke man: Schon bevor dies alles in seinen Zusammen-
hängen bekannt war, hat man mit Recht gesagt, daß diesem
Bildwerke an Alter und Bedeutung kein anderes in Deutsch-
land an die Seite zu stellen sei. Ist es doch das älteste Relief
auf deutschem Boden. Und davon hat unser großer Bild-
hauer Rauch vor über hundert Jahren eine meisterlich ge-
fertigte Plakette geschaffen, ein wahres Juwel aus Eisen —
und es ist unbekannnt geblieben.
Zum Schluß noch ein Wort zur Beurteilung
der Zeichnung wie der Plakette. Die Zeichnung
ist schon dadurch von dokumentarischem Wert, daß
sie ein getreues Abbild der Externsteine im Zu-
stande von 1823 gibt. Sie widerlegt in ihrer liebe-
vollen, fast zarten Ausführung die mir begegnete
seltsame Ansicht, Rauch habe nicht zeichnen können.
Ich habe inzwischen genug Bilder gesehen, um im
Gegenteil behaupten zu können, daß Rauch ein
sehr genauer und feinsinniger Zeichner war. Die
Plakette wiederum ist, wie schon erwähnt, ein
Juwel des Eisenkunstgusses. In Einzelheiten
weicht sie von der Zeichnung ab; insbesondere
deutet sie noch die Umgebung des Felsenbildes an
und gibt dem Sockelbild eine teilweise andere Er-
klärung. Schon durch ihre Kleinheit kaun sie
natürlich nicht so genau sein, wie die Zeichnung.
Als plastische Wiedergabe des Felsenbildes ist die
Plakette aber einzigartig. Auch die Verbindung
des Bildes mit seinem Hintergrund und dem Gras
und Kraut des Bodens sowie die ganze Anordnung
zeigt Auge und Hand des Meisters***).

IZtünt Vu-'Itluiluui oäer verdateter
Austeilung mmerer Aeitung bitten wir
äie LkLieber, sieb sofort an äen An-
steiler väer an äie rustäiulige Austell-
postanstalt ru wenäeu unä erst äann,
wenn äies beinen Lrlolg baben sollte,
uns äavon Mitteilung ru inaeben.

Oswald poetzelberger:
An die Verusenen unter den Künstlern

Am 20. September sprach in München in der
ersten Mitgliederversammlung der Reichskammer der
blitzenden Nünste, Lanöesstette Bayern, der Landes-
stellenleiter Professor Oswald Poetzelberger. Aus
die>en äußerst wertvollen Ausführungen bringen wir
einige Auszüge.
Die Kunst ordnet und formt, sie scheidet das
Wesentliche vom Unwesentlichen, sie hebt das
Snlschewende aus der Masse oes Zusättigen, sie
setzt an Stelle des Begriffs den Znvegriff, an
Vielte des Wortes die Form des seelischen und
geistigen Ausdruckes — nicht als ein Abbild
oer Wirklichkeit, sondern als ein Sinnbilo
der Wahrheit.
Wir Künstler sollen die Träger dieser Mission
sein. Wir Künstler sollen dieses Gewissen
verkörpern und darstellen, wir sollen es deuten
uno erregen. Sind wir uns alle dieser Mission
bewußt? Man sagt ost, die Menschheit habe kemen
Sinn meyr für die Kunst. Kann es nicht
daran liegen, daß es uns Künstlern an der
zwingenden Ausdruckskraft fehlt, um die Men-
schen wieder in den Bann der Kunst zu ziehen?
Es war die Frucht der sogenannten liverali-
stischen Denkweise, daß die Kunst sozusagen in
die „Branche" der Genußmittel, wie Wein,
Labar, Lanzvergnügen usw., eingereiht und so
— dem Geist jener Epoche entsprechend —
wirtschaftlich erfaßbar und auch erfaßt
wurde. Damit drängten sich die wirtschaftlichen
Gesichtspunkte der Rentabilität und Ausnützbar-
keit dessen, was rein geistig sein und bleiben
sollte, in den Vordergrund. Die Kunst selbst
verlor ihre Würde und ihre sittliche Mission.
Hunderte von Menschen aber, die nie zur Kunst
geboren und berufen waren, ließen sich eben
durch diese wirtschaftlichen Erwägungen be-
wegen, den Künstlerberuf zu ergreifen. All diese
Leute bilden nunmehr das Heer der Enttäuschten,
das Heer der Entgleisten und vor allem
das Heer der Fordernden und Unzufriedenen. All
diese Menschen fordern täglich, sie stellen zwar
keine Anforderungen an sich selbst, sie bieten
keine künstlerische Leistung, aber sie fordern.
Sie werfen sich in die Brust, daß sie Künstler
seien, und daß es unerhört sei, daß der Staat
sie nicht ernähren will — um ihres Genies
willen —, allerdings nicht um ihrer Leistungen
willen, denn diese existieren nicht.
Der Geist eines wirtschaftlichen Ellenbogen-
tums hat sich in die Ausstellungen gedrängt,
er hat selbst ehrliche
Künstler auf falsche
Bahnen gelenkt, er hat
die ganze Kunst zu einer
Spekulation auf die Lei-
stungsfähigkeit des Käu-
fers gemacht, anstatt
auf die Leistungsfähigkeit
des Künstlers.
Ich stehe nicht hier,
Illusionen zu erwecken,
sondern um Illusionen
zu zerstören: Es sind
keine goldenen Berge da,
wir haben nur einen ein-
zigen Faktor, aus den
wir unsere Hoffnung
setzen können und setzen
müssen; unsere eigene
künstlerische Ar-
beit!
Es ist selbstverständ-
lich, daß von feiten der
Berusslammer alle nur
erdenklichen Schritte un-
ternommen werden, um
der größten augenblick-
lichen Not zu steuern,
aber alles das sind ja
nur Notbehelfe, und
meistens sind es Mittel,
die, gleich vielen Medika-
menten, schädlich wirken,
wenn sie zur Gewohnheit
werden.
Der Gedanke läßt
mich nicht zur Ruhe
kommen, daß all diese
Bemühungen mit der
Zeit uns wieder auf einen falschen Weg führen.
Werbung und Propaganda großen Stils sind
Gifte, die man bei der Kunst auf die Dauer nicht
ungestraft anwendet.
Jede Kunst, die, anstatt durch ihre innere
Kraft aus sich selbst zu wirken, angepriesen, feil-
geboten, ja aufgenötigt wird, entwürdigt sich
selbst und verliert mit Recht den letzten Rest
von Kredit, den sie überhaupt noch hat. Wenn
wir die Kunst innerlich billig machen, dann
wird sie auch äußerlich billig werden. Wenn wir
sie zum Warenhausobjekt machen, dürfen wir
uns nicht Wundern, wenn man sie auch nicht
anders einschätzt. Wenn wir die Kunst ver-
schleudern, dann wird man auch uns Künstler ver-
schleudern. Kunst darf nie zum Zwang oder zur
Nötigung werden, sie muß, wenn sie überhaupt
existieren will, ein Gebiet menschlicher Sehnsucht
bleiben!
Um auf diesen Weg zu gelangen, bedarf es
einer grundlegenden, großen und wichtigen Vor-
arbeit, die den Schlüssel zu allen weiteren Pro-
blemen darstellt: die Berufsorganisation muß
eine Organisation der Berufenen
werden, und die Unberufenen müssen mit der
Zeit ausgeschaltet werden. Ohne diese Vornahme
ist alle andere Arbeit unnütz!
Wo liegt die Grenze zwischen Berufenen und
Unberufenen?
Wir haben als äußeren Rahmen den Wort-

laut des Berufsgesetzes. Dieses besagt, daß alle
diejenigen Angehörige des Berufsstandes sein
können, die ihre Zuverlässigkeit uno
Eignung für den Beruf Nachweisen können.
Es ist gewiß etwas Neues und Überraschendes,
daß man im künstlerischen Beruf eine mora-
lische Forderung an die Spitze stellt. Darin
aber liegt in Wahrheit die Heilkraft des natio-
nalsozialistischen Gedankens. Allen im Leben
voranstehen muß das Gewissensgesetz. Das ist die
Religion der Tat, und das ist der Anfang jeder
gesunden menschlichen Ordnung.
Und nun das zweite: die Eignung, die
künstlerische Voraussetzung. Wo ist hier die Grenze
zwischen Berufenen und Unberufenen? Wer soll
das entscheiden? Wer kann eine solche Ent-
scheidung verantworten?
Wenn Sie die Frage, was ist Kunst und was
ist keine Kunst, einmal ganz ernsthaft bis zu
Ende durchdenken, so werden Sie erkennen, daß
sie keine Standpunktsache, keine Geschmacksache
und keine Ansichtssache ist, sondern eine Sache
des Gewissens. Und wer nur eine Spur
künstlerische Veranlagung mitbekommen hat, der
weiß im tiefsten Innern ganz genau, was Kunst
ist und was nicht Kunst ist. Er muß nur ein-
mal den ernstlichen Versuch machen, sich von dem
Egoismus seines eigenen persönlichen und sub-
jektiven Standpunktes freizumachen.
Es find Stimmen laut geworden, die uns den
Vorwurf eines allzu weitgehenden künstlerischen
Liberalismus gemacht haben. Es hieß da, wir
hätten die Pflicht, endlich einmal mit dem „Bolsche-
wismus" in der Kunst auszuräumen, nicht ernst
genug genommen.
Ich spreche es hier in aller Offenheit aus, daß
ich von keinem einzigen echten Künstler je ein
solches Wort des Vorwurfes gehört habe, dafür
aber von Leuten, deren Fähigkeiten so eng be-
grenzt und deren Arbeiten, wenn sie überhaupt
welche vorzuweisen hatten, von einer solchen Be-
langlosigkeit waren, daß ich sie nur als die Ver-
körperung künstlerischen Spießertums be-
zeichnen kann. Alle diese Leute haben nicht ihr
künstlerisches Gewissen gefragt. Sie bringen gar
nicht den Ernst, gar nicht die Selbstüberwindung
auf, so tief in sich hineinzuleuchten. Aus
ihnen spricht nur der Neid und der Groll ihrer
Unfähigkeit.
Wenn wir uns gegen dieses Spießertum
wehren, so müssen wir uns auch gegen diejenigen

Revolutionäre im Bereich der Kunst
wehren, deren Umsturzbedürsnis nicht von einer
aus tiefer Innerlichkeit kommenden Bewegung
oder von schöpferischem Krastbewußtsein herrührt,
sondern die nur aus Lust an lärmender Zer-
störung, aus Frivolität und Zynismus alle Tra-
dition leichtfertig über den Haufen werfen, ohne
wirklich neue Werte zu schaffen. Alle diese
Schwindler und Radaumacher sind eine Gefahr
für die Kunst und für das Volk, und die Berufs-
organisation hat das Recht und die Pflicht, ge-
gegen sie einzuschreiten.
Das sind im wesentlichen die Gesichtspunkte,
die für die Aufnahme der Mitglieder in die Be-
rufskammer maßgebend waren und auch in Zu-
kunft maßgebend sein müssen.
*
Ein Wort bleibt noch zu sagen an einige
unter uns, die in einem gewissen Übereifer eine
stärkere äußere Teilnahme der Künst-
ler am politischen Gemeinschafts-
leben verlangen. Wir wollen nicht verkennen,
daß ihre Beweggründe gut sind und ihre Be-
schwerden zum Teil wahlberechtigt, indessen mögen
sie bedenken, daß es die oberste Pflicht eines
jeden Volksgenossen ist, mit seinem Werk der
Nation zu dienen. Nicht der ist der
beste Nationalsozialist, der am
lautesten „Heil Hitler" ruft, son-
dern der, der seine ganze Kraft in
den Dienst des Aufbaues und der


Rauch, Bleistiftskizze des Felsenbildes an den Externsteinen,21. Juli 1823. Breite 17 cm
 
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