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Die Kunst in der Photographie — 2.1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.41389#0054
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Ferdinand Coste, Lacanche.

Auf der Jagd.

ehemals so eng die Negativplatte mit
der schliesslich daraus hervorgehenden
Positivkopie verknüpften.
Gewisse Schulen, die den Ursprung
ihrer Erzeugnisse verleugnen, gelangen
durch die angewendeten Verfahren, durch
eine unbegreifliche Uebertreibung der
Vereinfachung dahin, dass sie Bilder von
einer nicht gut zu heissenden Undeut-
lichkeit der Linien und vollständiger
Dunkelheit hervorbringen. Für ein
grosses Unglück halten wir unsererseits
die Uebertreibungen nicht, gegen die sich
mit Recht solche Leute auflehnen, die
in der Photographie wie in allen Dingen
ein für die Befriedigung des Auges und
des Verstandes unentbehrliches Abwägen,
ein Gleichgewicht finden wollen. In der
Malerei, in der Litteratur, in der Musik
giebt es Intransigenten; was ist also
wohl natürlicher, als dass man auch unter
den Photographen solchen begegnet?
Ist es nicht sogar ein Beweis von Kraft
und Lebensfähigkeit, wenn die Kunst-
richter in unseren Ausstellungen Stoff
zu langen Untersuchungen und ernsten
Kritiken finden? Die am meisten an-
gefochtenen Bilder, ich will sagen, die
Bilder, welche gerade durch ihre Mängel

sind, scheinen

und ihre Uebertreibungen der Weichheit und Vereinfachung am meisten anzufechten
uns nützliche Beispiele zu sein, an denen diejenigen, welche einzig nach künstlerischer Vollendung
trachten, das lernen können, was sie vermeiden müssen, die Gefahren, welche ihnen drohen, und das
Uebermass, in das sie nicht verfallen dürfen. Aus der Vergleichung aller Werke, die aus ver-
schiedenen Gründen eine aufmerksame Betrachtung verdienen, entsteht eine gesunde und heilsame
Strömung, von der die Zukunft nur Nutzen haben kann.
Wir wollen hier keinen kritischen Rückblick auf die von den französischen Künstlern im letzten
Salon des Photo Club in Paris ausgestellten Bilder werfen: das wäre zu spät und würde nicht viel Interesse
bieten. Wir können jedoch sagen, dass neben den von den Meistern der ausländischen Schulen ausgestellten
Bildern, worunter mehrere wie Bleistift-, Röthel- und Sepia-Zeichnungen, sogar wie Pastell- oder Aquarell-
Bilder aussahen, die Werke der französischen Aussteller mir im Allgemeinen von ruhiger Haltung
schienen und eine geschmack- und massvolle, sehr persönliche und sehr mannigfaltige Gesammtheit bildeten.
Wir wollen uns darauf beschränken, unseren Lesern einige Abdrücke nach den in Paris aus-
gestellten Aufnahmen vorzulegen.
Obgleich vielfach nachgeahmt, bleiben die Bilder von Herrn C. Puyo immer, was sie sind: reine
Meisterwerke von Geschmack und Feinsinnigkeit. Wie man sich leicht überzeugen kann, wenn man sein
Bild „Lektüre“ prüft, ist bei ihm völlige Vertrautheit mit der Szenierung vereint mit tiefer Kenntniss der
Harmonie der Linien.
Das Nackte in der Photographie ist eine Schwierigkeit: Herr Maurice Bremard beweist, dass
man sie überwinden kann; er ist ein Meister des Gummidrucks, sein „Studienkopf“ ist von meister-

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