Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst in der Photographie — 3.1899

DOI Heft:
[Text]
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.41390#0014
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

-?—-


Ueber die Interesselosigkeit
Seitens des Publikums — ich
komme jetzt auf den zweiten
Punkt, in dem ich der Aus-
stellung Erfolg wünsche — hat-
ten sich bisher photographische
Ausstellungen in Berlin nicht zu
beklagen. Wird das Interesse
auch dieser Ausstellung treu
bleiben, der ersten in ihrer Art,
und zwar einer Art, die nicht
wie bisher die sachliche Wiss-
begierde des Publikums zu be-
friedigen sucht, vielmehr einen
künstlerischen Genuss bieten
will- Die rein materielle Vor-
bedingung für die Veranstaltung
derartiger Ausstellungen ist ein
Publikum für dieselben, es wäre
überaus thöricht, in verblende-
tem Hochmuth auf die Urtheils-
losigkeit der Menge hinabzu-
blicken und so bei dem Bau
das Fundament zu vernach-
lässigen. Ich persönlich habe
die Meinung, dass die verachtete
grosse Menge sehr häufig von
richtigen Gefühlen geleitet wird,
wenn auch der Einzelne sich
nicht immer klar und deutlich
über diese Gefühle Rechenschaft
zu geben weiss. Es ist schliess-
lich nicht nur eine Modesache
gewesen, dass die Böcklin-Ausstellung einen bis dahin unerhörten Erfolg gehabt hat. Derartige That-
sachen reden deutlicher als die thörichten Aeusserungen, die man an allen Ecken und Enden bei
künstlerischen Veranstaltungen hören kann und die dann leicht als die Dokumente betrachtet werden für
jene 'Urtheilslosigkeit des grossen Publikums.
Und deshalb ist es vielleicht auch kein übertriebener Optimismus, wenn wir mit froher Zuversicht
dem Publikums-Erfolge der Ausstellung entgegensehen. Mögen sie schelten und schimpfen, daran wirdes
sicher nicht fehlen, mögen sie die unmöglichsten Gründe anführen dafür, dass das, was die Künstler-
photographen anstreben, ein ästhetisches Unding sei: sie werden doch das Gefühl haben, dass hier etwas
vor sich gehe von innerem Werthe, dass hier ein Streben sei, einer bis dahin fast nur mechanisch ge-
pflegten Sache eine künstlerische Seite abzugewinnen, und dass- dies Streben bereits von zu beachtenden
Erfolgen gekrönt sei. Sie werden schelten und schimpfen, ich bin fest davon überzeugt, — aber sie
werden kommen. Das wird nun vielleicht genügen, um die Ausstellung materiell zu sichern und die
Wiederholung derartiger Ausstellungen, wie sie geplant ist, materiell zu rechtfertigen; aber es wird nicht
genügen, um zu sagen: die Künstlerphotographen haben in Berlin ihr Publikum gefunden. Davon
wird man erst dann reden können, wenn sich unter jenen, die den Genuss irgend einer Art von Kunst-
werken als Lebensbedürfniss empfinden, sich ebenso wie z. B. für die Kupferstechkunst, die Lithographie etc.
- 2 —

Frau Marie Gräfin Oriola, Büdesheim.

Kinderkopf.

|
 
Annotationen