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Die Kunst in der Photographie — 3.1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.41390#0021
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ENGLAND


DIE englische künstlerische Photographie ist in diesem Werke wiederholt behandelt worden von einem
Mann, der schriftstellerisch und selbstschaffend seit vielen Jahren mitten in der Bewegung steht, die
darauf hinzielt, der photographischen Technik künstlerische Seiten abzugewinnen.
England steht ja in dieser Hinsicht allen übrigen Ländern zeitlich voran; es hat auch hierfür, wie
für viele andere Gebiete modernen Denkens und Fühlens, wie für die politischen und die sozialen, wie
auch wohl für die malerischen Anschauungen als die Geburtsstätte zu gelten.
Für die künstlerische Photographie nimmt man gewöhnlich als Grund hierfür an, dass England
allen übrigen Ländern in der Technik voraus war, dass hier früher als irgend anderswo in der Trocken-
platte die eigentliche technische Vorbedingung für eine künstlerische Photographie gegeben war. Aber
man muss innere Gründe heranziehen, um den Vorsprung Englands ganz zu begreifen. Man müsste
eigentlich hier wiederholen, was von so und so vielen, die sich mit der modernen Kunst Englands beschäftigt
haben, gesagt und wieder gesagt worden ist. Man müsste
hinweisen auf die insulare Abgeschiedenheit, auf die stetige
kulturelle Entwickelung aus sich heraus einer verhältniss-
mässig reinen Rasse.
In ihrer bisherigen Entwickelung giebt die künst-
lerische Photographie einen vorzüglichen Maassstab für
die Kulturhöhe der sogenannten gebildeten Bevölkerungs-
schicht. Künftighin wird sich das freilich ändern mit dem
immer stärkeren Hervortreten einzelner Persönlichkeiten
von scharf ausgeprägtem individuellen Charakter, mit den
immer steigenden Anforderungen, die dazu führen, die
Ausstellungen immer exklusiver zu gestalten, in denen
an die Stelle eines allgemein hohen Niveaus eine Reihe
von Spitzen treten werden.

Wollte man die Stellung der englischen Abtheilung
innerhalb der Berliner Ausstellung für künstlerische
Photographie charakterisiren, so könnte das wohl am
besten durch den Hinweis geschehen, dass hier fast
durchgängig ein hohes Geschmacksniveau vorhanden war,
dass aber fast nirgends Uber diesem Niveau dem Einen
angenehm, dem Andern unangenehm auffallende Indi-
vidualitäten hervorwuchsen. Hier verstummten die scharfen
Streitworte, die man wohl anderswo, besonders im Ober-
lichtsaal, fast fortwährend für und wider die kühnen
Neuerer ertönen hörte.
Ein Auge, das sich etwa von den muthig ge-
wählten Farben des Gummidrucks beleidigt fühlte, konnte
Harold Baker, Birmingham. hier mit Behagen über die Wandfläche hingleiten. Alles
Andante dolcemente. war in schwärzlichen oder bräunlichen Tönen gehalten.

D. K. i. d. Ph. m. 2.

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