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Kunst- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 1.1852

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Der Schmuggler
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https://doi.org/10.11588/diglit.45111#0077
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Oer Schmuggler.

„Ich bitte Dich, Petro! gib dies gefährliche
Geschäft auf. Jedes Mal, wenn Dn ausziehst,
wandelt mich der Gedanke an, als solltest Du nicht
mehr wiederkehren. Heilige Mutter Gottes! was
sollte dann aus mir und dem Kleinen da werden!
Es hat mir mehrere Nächte hintereinander von
Perlen geträumt, und Perlen, lieber Petro, Perlen
bedeuten Thränen!"
„Pah! Juanita! Perlen bedeuten, daß ich
Dir demnächst ein schönes Perlenhalsband zurück-
bringen werde für das Fest des heil. Januario.
Mein Geschäft aufgeben, das eben jetzt recht zu
blühen ansängt? Ha! ha! Du solltest nur sehen,
wie wir die Spürhunde des Zollamts an der Nase
herumsühren! Da ist besonders der Diavoletto
ein Ausbund von List und Gewandtheit, ein wah-
rer Schatz für die Genossenschaft der Seesüchse."
„Eben Deine Gesellschaft macht mich so besorgt,
lieber Petro! und besonders dieser Diavoletto!
Gibt es doch von Cassel a Mare bis Salerno
keinen boshafteren und falscheren Mann, als diesen
euren Diavoletto. Soll ich Dir die Geschickte der
armen wahnsinnigen Dora, deren Geliebter unter
dem Dolchstoße Deines Gesellschafters gefallen ist,
in's Gedächtniß zurückrufen? Und," setzte Juanita
mit holder Schamröthe im Gesichte hinzu, „hat er
nicht heimlich um mich geworben, dieweil Du, dessen
Freund er sich nennt, die öffentliche Erklärung
meiner Liebe schon empfangen hattest!"
Die letzten Worte seiner Gattin schienen aus
Petro dennoch einen Eindruck zu machen. Sinnend
stützte er sein Haupt in die Hand. Dann sprang
er aus und ries hastig aus: „Hast recht, liebe
Juanita! der Antonio ist falsch und hinterlistig,
wenn er gleich ein tüchtiger Seesuchs ist. Ich will
sehen, wie ich mich los mache. Der Austern- und
Fischfang nährt uns ohnedem zur Genüge. Gott
besohlen!"
Abschied nehmend entfernte er sich eiligen Schrittes.
Mit Thränen im Auge sah ihm die Gattin
nach. „Gott und die lieben Heiligen lenken sein
Herz!" seufzte sie, „denn mir schwanet Böses."

Petro Pertucci besaß in der Nähe von Massa
eine Fischerwohnnng, die er seit ungefähr sieben
Jahren mit seiner geliebten Juanita theilte. Er
war ein geschickter Taucher, dem keine Austernbank
im Meerbusen von Neapel und kein Corallenriff
um Capri und Pasitano zu tief lag, um nicht deren
Schätze zu Tage zu fördern. Seine Geschicklichkeit
gewährte ihm ein anständiges Auskommen, und
sein treuherziges uud heiteres Benehmen ließ ihn
überall willkommen erscheinen. Aber eben diese
Richtung seines Charakters, verbunden mit einer
den Seeleuten eigenen Unerschrockenheit, hatte ihn
in die Gesellschaft jener listigen Feinde des Gesetzes
gebracht, die sich darin gefallen, der Schrecken der
Duaniers und Gendarmc als immer rührige und
thätigc Unterhändler kaufmännischer Gewinnsucht
zu seiu.
Weuu ihn auch zu Zeiten die Rohheit seiner
Genossen abstieß, so hielt ihn auf der andern Seite
der Gewinn, den das verbotene Treiben abwarf,
wieder fest, und der Reiz, den die bis jetzt immer-
glücklich ausgeführten Unternehmungen seinem küh-
nen Geiste gewährten, überwog die wohlgemeinten
Bitten seiner Frau, für die er sonst eine immer-
gleiche zärtliche Zuneigung bewahrte.
Nach der obigen Unterredung begab er sich
von seiner Wohnung nach dem eine Stunde ent-
fernter gelegenen Mafta. Eine ihm wohlbekannte
Taverne in der Vorstadt nahm ihn auf.
Wüstes Geschrei und Gejauchze tönte ihm ent-
gegen, als er die Thüre der Tabagie öffnete.
Sechs Männer saßen um eincu schmutzigen Tisch,
dessen Platte durch die Faustschläge eifernder Gäste
bereits aus dem Loth gewichen war.
Das Aussehen der Anwesenden verrieth die
Seeleute. Die struppigen Haare waren unter dem
blauen Netze verborgen. Den Hals zierte nach-
lässig ein seidenes Schlingtuch und in dem rothen
Gürtel steckte das scharfe Messer, gleich geschickt,
ein Tau zu kappen, als mit den Rippen eines
Feindes Bekanntschaft zu machen.
„Nun! da kommt er ja!" ries Einer der Gesell-
 
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