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Kunst- und Unterhaltungsblatt für Stadt und Land — 1.1852

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Poetische Blumenlese
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https://doi.org/10.11588/diglit.45111#0245
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"A—

185

poetische
Für das Gcrnüth.
Winter.
Wie sie ruht die stille Erde,
Heilig sei uns ihre Ruh!
Friedlich ist des Schlafs Geberde,
Winkt uns frommes Schweigen zu.
Seht, ein weißer, zarter Schleier,
Deckt sich liebend über sie;
Durch die große Erden-Feier
Regt sich keine Melodie.
Wißt ihr, als mit Jubelklingen,
Feuerwein zu Tage kam,
Unter uns'rem Zechen, Singen,
Wie sie Plötzlich Abschied nahm?
Und die Schatten wurden langer,
Leiser ward's in Höh' und Tief'!
Eingewiegt vom lezten Sanger,
Schloß sie halb das Äug' und schlief.
Und so oft sich warm der trüben
Höh' entstiehlt ein Sonnenlicht,
Lächelt, wie verklärt in lieben
Träumen, mild ihr Angesicht.
Rauhes Wehen, kalter Schauer
Rührt die Zartverhüllte nicht;
Unterm bleichen Tuch der Trauer
Haucht ein warm belebt Gesicht.
Laßt sie schlafen, ruh'n, die Müde,
Denn die Lust, sie schläft nicht ein,
Und dem offenen Gemüthe
Blüht sie ewig grün und rein.
Sang und Scherz durchklingt den Abend,
Traulich schlingen sich die Reih'n,
Und mit goldnen Träumen labend,
Kehrt der Nächte Ruhe ein.
Enger schmiegt sich's Hilft' an Hüfte
Um den Herd, und Fuß an Fuß,
Und dem Hauch der rauhen Lüfte,
Wehrt der Wärme sanfter Kuß.

s 1 u IN k n l e se.

Träume duftig, luftig gleiten
Hold ergötzlich durch das Haus,
Mährchen schaurig, traurig breiten
Ihre fremden Wunder aus.
Und die schönsten Träume schmiegen
Sich an's Fenster blumig an,
Ist es nicht, als ob verschwiegen
Elfenkunst die Pracht ersann?
Weiße Blüthen, schöne Lüge!
Weckt ein freundlich Hoffen mir,
Das mich gern hinüber trüge,
Zu des Frühlings Farbenzier.
Hoffnung schläft ja unter Blüthen,
Hoffend schläft die Erde auch;
Einst aus tiefem, dumpfem Brüten,
Küßt sie wach des Lenzes Hauch.
L. S.

Neue Liebe.
Kann wohl ein Mensch des Andern auf der Erde,
Ganz, wie er möchte, sein?
>— In langer Nacht bedacht' ich mir's und mußte sagen Nein!
So kann ich Niemands heißen auf der Erde,
Und Niemand wäre mein?
— Aus Finsternissen hell in mir erglomm ein Freudenschein :
Sollt' ich mit Gott nicht können sein,
So wie ich möchte, Mein und Dein?
Was hielte mich, daß ich's nicht heute werde?
Ein süßes Schrecken geht durch mein Gebein!
Mich wundert, daß es mir ein Wunder wollte sein,
Gott selbst zu eigen haben auf der Erde!
Eduard Mörike.

Unterschied.

Rosengeruch ist klassischer Art und stärkend, dem Wein gleich;
Heliotrop und Jasmin edel, doch immer modern.
Eduard Mörike.
 
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