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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 1818

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https://doi.org/10.11588/diglit.12990#0045
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Nro. 12.

Kunst-Blatt.

18 18.

Bau Wissenschaften.

Rede dcsK. B. Geheimenraths, Ritter von Wie-
be king, die derselbe als ordentliches srequen-
tirendcs Mitglied der baierischen Akademie der
Wissenschaften zur Fcycr ihres Stiftungstages (des
28. März) in einer öffentlichen Versammlung dieses
Instituts, gehalten hat, und die von dem Einfluß der
Bauwissenschaften auf das öffentliche Wohl handelt.

lB e sch l I, ß.)

Sind diese Ansichten richtig, so ist cs auch gewiß, daß
man einer Nation zum sichersten rühmlich gedenken könne,
wenn man ihre Bauwerke ehrenvoll zu erwähnen berechtigt
wird; dasjenige Volk, dessen Denkmale der Baukunde keine
ruhmvolle Erwähnung verdienen, steht also auf einer nie-
drigen Stufe von Kultur. Ja, der gelehrte und vollendete
Baumeister wird aus den genauen Abrissen der öffentlichen
und Privatgebäude, auS den Planen von den künstlichen
Hafen, Flußkorrektionen, Bedeichungen der Flüsse und
Inseln, der Seeuserbautcn, Austrocknungen und Bewäs-
serungen der Festungen und Brücken, der Aquedukte, Ka-
näle, der Wehre, Schleusen, Kunststraßen, so wie aus
der Untersuchung der vorhandenen großen Maschinen, der
Schiffsdocken und Schiffswerfte, die geistige Ausbildung,
das rühmliche Bestreben, nützliche Nationalwerke anzule-
gen und anfzusühren und den Geschmack in denjenigen
Kenntnissen, Werken und Sitten, die das Leben ange-
nehm machen und verschönern, am sichersten würdigen:
denn wo einem ganzen Volke die Geistes-Kultur, der Sinn
für edle und große Formen, für schöne Verhältnisse und
für nützliche Bauunternehmunzen allgemein ist, darf der
mittelmäßige Baumeister sich kaum unterfangen, seine ab-
geschmackten Verzierungen und.kleinlichen Ideen, seine un-
bequemen schlechten Verhältnisse und viele Iierralhen an sich
tragende Wohngebände, seine fehlerhafte» Plane für Kir-
chen, Theater, Brücken und dergleichen in Vorschlag zu
bringen.

Das gründlick e Unheil und der gebildete Geschmack
des Volkes mit. l ückt die Anlage solcher Werke, und dort
wagt es sicher Nftmand, wer er auch sey, sich dem Tadel
der antdeilnehmenden und verständigen Menge blos zu stel-
len. Aber wo finden wir jetzt ein so hoch gerühmtes Volks

Also müssen wir von den Einsichtsvollen der Nation und
den reichen oder mächtigen Bauherrn Alles erwarten. An
die Monumente der Baukunst weiß auch der Gebildete die
wichtigsten Erinnerungen ans der Geschichte mit lebendi-
gem Geiste zu knüpfen. Der Anblick dieser Bau - Denkmale
begeistert ihn, er wird mit Abscheu gegen die Urheber ihrer
Entstellung erfüllt; das nachlässige »nd geschmacklose Ver-
fahren bey ihren Unterhaltungvarbeiten empören ihn; mit
Verachtung sieht er ihren Abbruch und den Handel, wel-
cher mit ihrem Baumaterial getrieben wird. — Wenn diese
Ansichten nicht bestritten werden können, und wenn der
Instand der Bauwiffenschasr ein getreuer Spiegel ist, wo-
rin sich die Kultur der Völker, der Regierungen und Bau-
herren erkennen lässt, wenn sie allein durch ihre Werke den
Beweis liefert, daß die Sterblichen ihren Anlagen eine
Dauer für Jahrtausende zu geben vermögend sind, obste
gleich nur eine Spanne Ieit auf diesem Erdball verweilen,
und sich dies durch ihre Tugenden, durch ihre Hervorbrin-
gungen und ihren Geist ehrenvoll überleben, d. i. im rühm-
lichen Andenken der Nachwelt bleiben und wenn wirklich
die gebildeten Männer, so wie die mächtigen und reichen
Bauherren, mit Ernst und ohne Heuchcley die Bauwiffcn-
schaficn und insbesondere ihre herrlichen Monumente zu
schätzen wissen, und wenn sie sich von großen Gebäuden
Modelle verlegen lassen, wie die berühmtesten Bau-
meister Italiens gcthan; so kann man auch der neuen
Morgcnröthe der schönen Daukundc mit gegründeter Hoff-
nung entgegen sehen. Wo aber weder der Werth der
Bauwiffenschast und die Anstrengung ihres Studiums er-
kannt, noch der vollendete Bankundigc vom mittelmäßigen
unterschieden wird, und wo man weder die Zwecke der Ge-
bäude, noch den reinen Styl zu würdigen versteht, dort
sind sreplich ihre Fortschritte und die Aufführung sehler-
freper Werke nicht zu erwarten. Aber diejenigen, welche
nach zweplausend Jahren die lteberblcihsel griechischer und
römischer Baukunst mit Enthusiasmus bewundern, sollten
diese nicht wünschen, daß unfern Werken von der spätesten
Nachwelt ein Gleiches z» Tbeil werde? Sollten sie nicht
gern zum Entstehen fehlersrcyer Gebäude bevtragcn, zu-
mal wenn sie erwägen, wie nicht der Aufwand an Golde,
sondern an Kenntnissen, nicht die zu große Menge der
verwendeten Ban-Materialien, sondern nur der ihrer
mechanischen Festigkeit entsprechende und ihr aus den rich-
Register
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