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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 18.1837

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https://doi.org/10.11588/diglit.3200#0286
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M 69.

Kunst-Dlatt.

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Dienstag, den 29. Äugutt 1837.

Hamburg, 1. Juni 1837.

Unsere Ausstellung rechtfertigt und lobt sich in ihrer
zweiten Periode noch mehr als im Anfang; es ist nicht
blos ein schöner Frühling von Gemälden aus benach-
barten Ländern uns zugcwachsen, sondern es zeigen sich
auch schöne, wirklich erfreuliche, kernhafte Früchte der
hiesigen Kunstvereine, Werke hiesiger Künstler. Ohne
dieses würde auch die schönste Ausstellung nur ein vor-
nehmer Lurus seyn. Einige unserer jungen Künstler
haben in den zwei letzten Jahren Schritte gemacht,
welche nicht Wenige beinahe in Staunen setzen; so hat
Karl, früher in Kopenhagen, jetzt in München, eine
Heidelandschaft an der Elbe mit einer lebendigen Treue,
mit einer Wahrheit des Charakters gegeben, welche selbst
den Duft der Heidekräuter auszuathmen scheint. Ueber-
haupt scheinen die Hamburger Künstler in dem Gpade zu
gedeihen, als sie an die heimische Natur sich anzuschließen
und hineinzuleben unternehmen, während Studium frem-
der Kolorite und Naturen selbst den bessern nicht recht
zu gelingen scheint, ja ihre Art selbst zu gefährden droht.
Wir scheinen insofern eine der holländischen verwandte
Natur zu haben; möchten unsere Künstler ihren Beruf
eben so gut erkennen als jene Meister. Diese Autochthonen-
Natur unseres Volkes ist in einem sehr hübschen Gemälde
von Hermann Kaufmann (Eigenthum des Senators
Merk) unwillkührlich ausgesprochen, und es ist dieses
vielleicht nicht eines der geringsten Verdienste desselben;
man glaubt wirklich, daß diese Menschen am Strande
aus diesem angeschwemmtcn Dünenboden herausgewachsen
seyn müssen. Die Gruppirung ist auf diesem Bilde äußerst
glücklich; das Geschäft des Fischcauslesens, das Ausehen,
kleine Bewegungen im Vorbeigehen halten die zahlreichen
Figuren von selbst in einigen Gruppen zusammen. Ist
das hiesige Stadtvolk spröde für künstlerische Behandlung,
so hat sich der Blick mehrerer unsrer Künstler mit gutem
Takt nach einem zwei Stunden von hier gelegenen Markt-
flecken, Blankenese, gewendet. Es lebt hier ein kräf-

tiges, zum Theil hübsches Volk; die überall, wie im
südlichen Deutschland Wälschkorn, an die Luft gehängten
Seefische sind der Aushängeschild dieses Amphibienvolkes.
Während sonst in unfern Gegenden die Dampfschifffahrt
den Verkehr der Segelschiffe mit England sehr herunter
gedrückt hat, ist er hier allein im Aunehmen. Es ist
nicht lange, so mußte der Geistliche noch um den Strand-
segen, das heißt um eine reichliche Ausbeute von den
an der gefährlichen Elbemündung gestrandeten Schiffen
sonntäglich beten. Nun ist der Erwerb friedlicher, der
Menschenschlag darum nicht minder kühn und berechnender
geworden. Wir sahen einen Mann auslaufen, dessen
fünf Brüder auf der See umgekommen waren. Dazu
kommt, daß dieses Völkchen seinen Wohnsitz recht see-
männisch in eine Bucht hinein gebaut hat, welche der
Süllbcrg bildet, der Montblanc der Hamburger, einst
von einer Burg des kühnen Erzbischofs Adalbert von
Bremen beherrscht. Die schöne Aussicht auf die hier
eine halbe Meile breite Elbe, im Licht der untergehenden
Sonne schwimmend, eröffnet Hardorff; einen Blick
in das Dorf selbst gewährt das schöne Bild von Gens-
ler; die Weiber Flachs schwingend, den Stoff zu Segeln
und Tauen zubercitcnd, arbeiten in kräftiger, heiterer
Geschäftigkeit, während ein Paar gedrungener Figuren
dieser Athleten wider Sturm und Wellen gemächlich darein
sehen. Andere behandeln andere Sccnen aus diesem eben
so bewegten, als markirten und festbestimmten Leben;
ein Mädchen, das so eben mit dem Fernrohr durch das
Fenster schauend etwas Frohes zu melden hat, und Aehn-
liches mehr. Sehr schön ist das Scestück des hiesigen
Künstlers Sander, ein Dreimaster, welcher an dem
Fellen von Helgoland die Rippen eingcbrochen hat; das
Scewasser ist von großer Wahrheit der Lichter, durchsich-
tiger Tiefe und voller Leben und Bewegung. — Außer
den sonst schon bekannten Landschaften von Morgen-
stern sind von den Hiesigen noch das Franziskanerkloster
von Soltau und der Nebelmorgen von Kaufmann
zu nennen. Ein Frachtwagen fährt durch einen reisigen,
Register
Co.: Hamburg, 4. Juni 1837.
 
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