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Nr. 51,

Kunst-Blatt.

M o «tag, de« 26. Juni I 8 a o»

Apoll unter

den Hirten, nach Schick's
Gemälde.

Kreide-Zeichnung von Kupferstecher Rist in Stuttgart.'*)
Es ist schon lange der Wunsch der Kunstfreunde, daß
bas Meisterwerk des uns so früh entrissenen Schick, durch ei
nen schonen Kupferstich vervielfältigt, zur allgemeinen An-
schauung gebracht, und so dem ausgezeichneten Künstler ein
würdiges Andenken gestiftet werden möge.

Herr Rist hat den Entschluß gefaßt, seinen Grabstichel
an dieser Aufgabe zu versuchen, und hat zu dem Zweck eine
Zeichnung verfertigt, die wegen der überaus treuen, sorg-
fältigen und zarten Ausführung von allen Kennern das
größte Lob erhalt. Sie ist das Werk von mehr als einem
Zahr, und dennoch tragt sie nicht im geringsten das Ge-
präge eines ängstlichen Fleißes, sondern die im Gemälde
herrschende Lebendigkeit der Formen und des Auedrucks ist,
svivkic dieß in einer verkleinerten Nachbildung und bloßen
Zeichnung geschehe» kan», vollkommen darin Iviedergegeben.

Wer bep der ersten Grundlage seinen Gegenstand Mit
so viel Ernst, mit so viel Ausdauer und Liebe behandelt,
berechtigt auch für die fernere Bearbeitung zu den besten
Erwartungen. Wir glauben diese von Herrn Rist um so
mehr hegen zu dürfen, da er bereits vor einigen Jahren
durch das Blldniß des verewigten Königs von Würtemberg
stch als einen trefflicken Schüler des um die deutlche Kup-
serstccherkunst hochverdienten Hrn. Professors Müller be-
währt hat.

Aber, um den Lesern des Kunstblatts einigermaßen
einen Begriff von der Bedeurung und Wichtigkeit des Un-
ternehmens zu geben, müssen wir sie mit dem Kunstwerk,
dem es gewidmet ist, näher bekannt zu machen suchen.
Zwar ist schon früher eine Beschreibung desselben von einem
gcilkreichcn Kunstfreund in Schick's Biographie (Morgenbi.
>8ir Nr. i2o.) geliefert worden; allein die meisterhafteste
Beschreibung reicht nicht hin, eine genügende Vorstellung
von dem Gebilde eines Künstlers zu geben, mit dessen Art
und Weise der Leser nicht bereits durch die Anschauung an-
») Das Gemälde ist ungefähr 1 o Fuß i-reit und 8 Fuß „och
Die Figuren etwas unter Lebensgröße. Die Ucichnunä
'ift 23 Zoll breit und 17 Zoll hoch. ^ ö

derer seiner Werke vertraut ist. Darum freut es uns, ans
den beyUegenden von Hrn. Rist gearbeiteten Umriß uusers
Gemäldes Hinweisen zu können. Er zeichnet sich bis auf
ein paar kleine Fehler — an den Augen des nackten Kna-
ben und des hinter ihm sitzenden Mädchens — durch eine
seltene höchst lobenswerthc Treue aus.

Hier wirs nun Jeder auf den ersten Blick erkennen,
daß er eine der gelungensten Eompositionen vor Augen
habe.

Schöngebildete Landleute haben sich um einen edle»
jugendlichen Sänger gelagert, er hat sie durch den Zauber
der Töne hingerissen, nun ruht die Lepcr, und er
hält alle durch die Schönheit und Weisheit seiner Rede
in sanftem Entzücken gefesselt. Da sind die mannich-
faltigsten Gestalten und Charaktere vereinigt, der sinnende
Hirtenjunge und der feurige Jägerbursche, das unbefangene
und das zärtliche sehnsüchtige Mädchen, der kräftige rü-
stige Jüngling, die kluge edle Jungfrau, der besonnene
Mann, liebevolle Gatten und der ernste erfahrene Greis ;
und wie denn in dem frepen Naturleben, bep bedeutenden
Ereignissen, Groß und Klein sich versammelt, so sind auch
die Knaben dabey; wir unterscheiden den schalkhaften, den
dunkelstaunenden, den wilden und den verständig-aufmer-
kenden; ja selbst das neugierig schwazhafte kleine Mädchen
und das spielende Kind fehlen nicht. —

So finden wir alle Lebensalter dargestellt, ohne daß
wir, wie sonst bep Compositionen, wo sie ohne innern
Grund blos der Mannichfaltigkeit wegen angebracht sind,
Absichtlichkeit des Künstlers gewahren. Es erscheint eben
alles so natürlich und einfach, als könne es nur so und
nicht anders seyn; wir haben nicht zu forschen und zu fra-
gen, sondern nur zu schauen und zu empfinden, und erst
nachdem Sinn und Gemüth ganz von dem Gegenstand er-
füllt sind, können wir dem Nachdenken Raum geben.

Aber es bedarf kaum des Nachdenkens die höhere Be-
deutung des Bildes entdeckt sich von selbst; auch für Jeden,
der nichts von Apoll und dem Hirtenvolk des Königs Admet
weiß, springt die hier verborgen liegende Wahrheit, wie
eine reife Frucht aus halbgeöffneter Schaale, hervor. Die
göttliche Kunst der Töne und der Rede übet
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