Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 1.1820

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12968#0312
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 76

K u n ft - B l a l k.

Donnerstag, den 21. September 1820.

Goethe' s Färb entehre.

Es ist schon einmal im Kunstblatt der Wunsch geäußert
worden, daß Gvethe's Farbenlehre von den Malern fleißig stu-
diert werden möchte. Jener Wunsch traf mit gegenwartigcrAr-
beit zusammen, die zum Zweck bat, von diesem für Naturwis-
senschaft und Knust gleich wichtigen Werke eine kurze Ucbcrsicht
zu geben, und auf dasjenige aufmerksamzu machen, was den
Maler zunächst angeht, und ihm unmittelbar nützlich ist.
Vielleicht gelingt es uns, dadurch manchen auch für die Wtssen-
schaft empfänglichen Künstler zum Studium des ganzen
Werks anzureizen, und wir dessen dafür Dank einzuärntcn.
Denn es gibt nicht leicht ein Buch, welches den Maler
mehr zum Nachdenken über die Erscheinungen der Natur,
die er nachjubudcu bat, auffordern, seine Beobachtung lei-
ten und fördern könnte, als v eß Werk unsres großen Dichters,
der, zugleich ein so großer Kunstkenner, die Natur überall
mit den Äugen des Künstler, wie mir den Äugen des Physi-
kers in seine lebendige Anschauung aufnahm. Auch sind es
gerade die Maler, denen zu Liebe, wie Goethe selbst sagt,
er einen Theil der Arbeit übernommen hat; und sie können
ihm ihre Dankbarkeit dafür nicht besser beweisen, als indem
sie die Vortheile daraus ziehen, die in so reichem Maße
darin für sie niedergciegt sind. Der Umfang von zwev star-
ken Bänden, nebst einer Reihe von Kupfertafeln, schreckt
freylich Manchen zurück. Wer aber mit Lust begonnen hat,
wird, durch die Sache selbst sorrgezogen, gewiß de» ersten
und wichtigsten Thcil nicht'unbeendigt lassen, und hat damit
schon das Wesentliche erschöpft; das Uebrige wird er, als
eine belehrende und immer tiefer in die Wissenschaft einfüh-
rende Zugabe nach und nach ohne Mühe sich aneigncn kön-
nen.

Das Werk zerfällt in drei) Theile, von denen der erste
belehrend, der zwevte streitend, der dritte geschichtlich ist.

Der belehrende Theil zerfällt in sechs Abtbeilungeu,
worin die Farben in physiologischer, physischer
und chemischer Hinsicht betrachtet, dann Bemerkungen
ijber ihre innern allgemeinen Verhältnisse, und über ihre

sinnlich- sittliche Wirkung mitgcthcilt werden. Einer dieser
Abschnitte enthält Betrachtungen über das Verhaltniß der
Farbenlehre zu andern Wissenschaften.

Inder ersten Abtheilung afto werden die physiologi-
schen Farben untersucht. Es sind die, welche durch die
Wirkung und Gegenwirkung des Auges hervorgcbracht wer-
den.

Ausgehend von dem Grundsatz, daß durch das Dunkle
die Augen abgespannt und empfänglich, durch das Helle ge-
reizt und unempfindlich werden, macht uns der Meister
durch verschiedene Bepspiele sogleich mit einer Hauptlehre
bekannt: daß nämlich das Auge, nachdem es eine
Zeitlang das Helle gesehen, das Dunkle, nach
dem Anblick des Dunkeln, das Helle fordere,
und durch eigene Thätigkeit hervorbringe.
Der einfachste und leichteste Versuch zur Bestätigung dieses
Satzes lasst sich auf einer grauen Flache machen. „Mau
„Halle ein schwarzes Bild ceinen schwarzen Gegenstand) vor
„eine graue Flache, und sehe unverwandt, indem es wegge-
„nvmmen wird, auf denselben Ftcck; der Raum, den cs
„einnahm, erscheint um Vieles Heller. Man halte auf eben
„diese Art ein weißes Bild hin, und der Raum wird nach-
„her dunkler als die übrige Flache erscheinen. Man ver-
„wende das Auge auf der Tafel hin und wieder, so werden
„in beyden Fällen die Bilder sich gleichfalls hin und her be-
„wegen." —

Sodann wird das farbige Abklingen blendender,
farbloser Bilder mit seinem Gegensätze vorgetragen. Um
naher anzuaeben, was es mit diesem Abklingen zu besagen
habe, ftp von mehreren Erscheinungen nur diese eine an-
geführt: „In einem Zimmer, das möglichst verdunleltwor-
„den, habe man im Laden eine runde Oeffnung, etwa drey
„Zoll im Durchmesser, die man nach Belieben auf- und ;u-
„decken kann; durch selbige lasse man die Sonne auf ein weißes
„Papier scheinen, und sehe in einiger Entfernung starr das
„erleuchtete Rund an ; man schließe nun die Oeffnung und
„blicke nach dem dunkelsten Orte des Zimmers, so wird man
„eine runde Erscheinung vor sich schweben sehen. Die
„Mitte des Kreises wird man hell, farblos, einigermaßen
„gelb sehen, der Rand aber wird sogleich purpurfarben er-
Register
Für diese Seite sind hier keine Informationen vorhanden.

Spalte temporär ausblenden
 
Annotationen