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Dienstag , den 12. Vktober 1841.

Daulmnst -es Mittelalters.

Ueber die ausgedehnte Anwendung des Spitzbogens
in Deutschland im lOten und llten Jahrhun-
derte von vr. C. Richard Lepsius, Direc-
tionsmitglied des archäologischen Instituts in Rom,
Ehrenmitglied der konigl. Gesellschaft für Lite-
ratur in London, Mitglied der asiatischen Ge-
sellschaft zu Paris, der deutschen Gesellschaft zu
Leipzig, der antiquarischen in Are;;o. Als Ein-
leitung zu der deutschen Uebersetzung von Herrn
Henry Gally Knight's Entwickelung der
Architektur unter den Normannen. Leipzig, 1811.

Die mannigfachen mit Abbildungen illusrrirten
Specialbeschreibungen von Bauwerken im Kreis- wie im
Spitzbogenstyle haben bereits so viel Material geliefert,
um nun eine General-An- und Uebersicht der verschie-
denen, auch in Deutschland verkommenden Baustyle ge-
wonnen zu haben und dadurch in den Stand gesetzt
worden zu seyn, genauere Untersuchungen über den Ur-
sprung, die Fortbildung und Verbreitung des Rnnd-
und des Spitzbogens in der Architektur bis zur völligen
Ausbildung des Styls genauer und wissenschaftlicher
verfolgen zu können. Herr Henry Gally Knight, Mit-
glied des englischen Parlaments, hat nun aus dem
reichen Schatze seiner architektonischen Sammlungen und
nach eignen Anschauungen — er hat fast ganz Europa
durchreist und stets ausgezeichnete Künstler, in Italien
u. a. Dom. Quaglio, zur Seite gehabt — uns eine Reihe
von-Thatsachen mitgetheilt, deren Mittelpunkt die Aus-
bildung der Architektur unter den Normannen in Frank-
reich, England und Sicilicn bildet.

Die Aufgabe ist gewiß glücklich gestellt, indem ihre
Einheit in der Einheit des Volkes und ihre Mannigfal-
tigkeit wiederum in der Verschiedenheit der Lander liegt,
in denen cs sich niedcrlicß und Staaten gründete. Die

Ausbreitung der Normannen und die Vlüthe ihrer Macht
fallt gerade in die Zeit, in welcher ganz Europa von
einer großen geistigen Bewegung ergriffen, sich zu einer
neuen festen Gestaltung entfaltete. Sie halfen wesentlich
den Knoten lösen, der sich seit dem Untergänge des Alter-
thums wiederum geschürzt hatte, und dessen glücklicher
Entbindung der Genius der neuen Welt entstieg. 911
fielen sie bekanntlich unter Rollo in Frankreich ein,
setzten sich im Verlaufe des lOten Jahrhunderts immer
fester in diesem neuen Sitze, und »ahmen gleichfalls das
Christenthum an. 1003 begannen, unter Dragv, ihre
Niederlassungen in Unter-Italien. 1062 schifften sie
nach Sicilie» über, und wurden seit dem Falle der
sarazenischen Hauptstadt Palermo im Jahr 1072, unter
Herzog Robert, Herrn der ganzen Insel. Um dieselbe
Zeit, 1066, ging Wilhelm der Eroberer aus der Nor-
mandie nach England über und gründete dort die neue
Dynastie.

So war, wie Hr. Dr. Lepsius gleichfalls durchaus
richtig commentirt, dieser kräftige Vvlksstamm auch be-
rufen, an der Entfaltung der Kunst, die, wie alle geisti-
gen Interessen, im 12ten und 13ten Jahrhunderte einem
höheren Aufschwünge entgegen ging, einen lebendigen
Antheil zu nehmen. Seine weite Ausbreitung und poli-
tische Bedeutung zugleich in Norden und Süden eignete
ihn vor allen Völkern dazu, in den verschiedenen Ländern
eine Vermittelung für Kunstformen und für den Geist,
der sie hervorrief, zu gewähren. Dieser Punkt ist cs
auch vorzugsweise, welcher dem Werke des Hrn. H. G.
Knight ein hohes Interesse und eine besondere Wichtig-
keit für die Geschichte der Architektur verleihet. Denn
da die Normannen während der Blüthe ihrer Macht in
allen den genannten Ländern eine Menge Bauwerke er-
richtet haben, so fragt es sich nun: wie viel daran dem
in jedem Lande Vorgefundenen Kunststyle, wie viel der
Zeit und dem allgemeinen Standpunkte der Kunstbildung
in Europa, und wie viel endlich der Eigenthümlichkcit
des herrschenden Volkes, den Normannen, angehörte.
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