2S 38.
Kunst b l a t i
Donnerstag, Len 12. Mai 1842.
Das eherne Standbild Jean Pauls in Aayreut.
(Schluß.)
Mit der Wahl der Stadt für Aufstellung der Statue
Jean Pauls ist man von einer Gewohnheit abgegangen,
die sich — und auffallenderweise im Gegensatz gegen die
Gewohnheit des Alterthums — unter uns zu bilden an-
gefangen. Wenn nämlich hier in der Regel das Grab
das Postament des Denkmals wurde, so suchen wir da-
gegen die Wiege dafür auf. So, um nur einige wenige
zu nennen, stellt sich für Goethe Frankfurt, für Mozart
Salzburg, für Beethoven Bonn rc. voran, und selbst
Stuttgart rechtfertigt nur durch das nahe Geburtsstädtchen
Schillers sein Anrecht an diesen. So schön und poetisch
die Grundlage dieser werdenden Gewohnheit ist, so
können wir ihr doch nicht Ausschließlichkeit wünschen;
denn wo dürfte Herders Statue, zu der cs doch
hoffentlich deutsche Pietät noch bringen wird, anders
stehen, als in Weimar. Aus gleichem Grunde mag der
königliche Stifter des Jean-Paul-Denkmals Bayreut
als den (obencin an vielbelebter Land- und Heerstraße
gelegenen) Ort gewählt haben, an welchem der Dichter
die letzten zwanzig Jahre feines Lebens ununterbrochen
sich aufgehalten und von wo die Mehrzahl seiner Werke
ausgegangen; wozu außerdem der Umstand besondere
Berücksichtigung verdient, daß Wnnsiedel, die Vaterstadt
Jean Pauls, gleichfalls an der Errichtung eines Denk-
mals desselben arbeitet.
Der zur Aufstellung der Statue in Bayreut aus-
gewählte Platz ist sehr passend und unbedenklich von den
beiden einzigen verfügbaren der einzig entsprechende. Hier
waren unter der Leitung des Kreisbau-Inspektors Weiße
die Vorarbeiten beendigt, das Postament ans Wunsiedler
Granit — so daß doch am Ende Jean Paul auf Grund
und Boden seiner Kindheit zu stehen kommt, — ein auf
zwei Stufen ruhender, mit Platte und Gesims bekränz-
ter, schön polirter Würfel, nach der Zeichnung des Herrn
Direktor v. Gärtner, aufgcrichtct, so daß der sofortigen
Aufstellung der Statue kein Hinderniß im Wege stand.
Am 14. November, demselben Tage, an welchem sechzehn
Jahre vorher Jean Paul die Augen zum Todesschlafe
geschloffen, wurde die Statue unter Feierlichkeiten, die
den Lesern dieser Blätter aus den verschiedenen Zeitungs-
berichten hinlänglich bekannt scyn dürften, und unter
der unzweideutig ausgesprochenen Thcilnahme der Be-
völkerung von Bayreut und der Umgegend, und bei
ziemlich unfreundlicher Theilnahme des Nvvemberhim-
mels enthüllt.
Der Eindruck, den die Statue sogleich auf die ver-
sammelte Menge machte, war ein durchaus günstiger.
Die wundervolle Haltung und Ruhe der vbern Abthei-
lung, wohin sich natürlich die Blicke zunächst richteten,
die Aehnlichkeit der Gesichtszüge wurden allgemein belobt
und dieser Eindruck hat sich bisher erhalten, ein Erfolg,
dessen sich — man möchte sage» nnbegreiflichcrweise —
die Statue Schillers in Stuttgart nicht erfreut.
Die Statue ist 10 Fuß hoch, und eben so hoch ist
das Postament; die Inschriften daran, ans erzgcgvßnen
vergoldeten römischen Uncialbuchstaben, lauten, auf der
Vorderseite:
Jean Paul Friedrich Richter 1EAN etc.
gest. den 14. Nov. MDCCCXXV.
Auf der Nevcrsseite.
Errichtet von Ludwig I-
König von Bayern und Herzog von Franken.
Das Verhältniß des Denkmals zum Platz ist vortrefflich;
es beherrscht denselben vollkommen, ohne seine Gebäude
zu drücken. In Betreff der Ricbtung, die die Statue
erhalten, sind die Meinungen verschieden, und es scy
erlaubt, schließlich »och ans diesen Punkt einzugehen.
Der Platz ist ungefähr quadratisch; an seiner West-
seite führt eine breite Straße (die Friedrichsstraße) vor-
über, an der östlichen mündet eine andere (die Lndwigs-
straße). In der erster», gegenüber dieser Mündung und
der Mitte des Platzes steht daö Gymnasium, ein großes
mit einem Thurm und zwei Aufgängen versehenes.
Kunst b l a t i
Donnerstag, Len 12. Mai 1842.
Das eherne Standbild Jean Pauls in Aayreut.
(Schluß.)
Mit der Wahl der Stadt für Aufstellung der Statue
Jean Pauls ist man von einer Gewohnheit abgegangen,
die sich — und auffallenderweise im Gegensatz gegen die
Gewohnheit des Alterthums — unter uns zu bilden an-
gefangen. Wenn nämlich hier in der Regel das Grab
das Postament des Denkmals wurde, so suchen wir da-
gegen die Wiege dafür auf. So, um nur einige wenige
zu nennen, stellt sich für Goethe Frankfurt, für Mozart
Salzburg, für Beethoven Bonn rc. voran, und selbst
Stuttgart rechtfertigt nur durch das nahe Geburtsstädtchen
Schillers sein Anrecht an diesen. So schön und poetisch
die Grundlage dieser werdenden Gewohnheit ist, so
können wir ihr doch nicht Ausschließlichkeit wünschen;
denn wo dürfte Herders Statue, zu der cs doch
hoffentlich deutsche Pietät noch bringen wird, anders
stehen, als in Weimar. Aus gleichem Grunde mag der
königliche Stifter des Jean-Paul-Denkmals Bayreut
als den (obencin an vielbelebter Land- und Heerstraße
gelegenen) Ort gewählt haben, an welchem der Dichter
die letzten zwanzig Jahre feines Lebens ununterbrochen
sich aufgehalten und von wo die Mehrzahl seiner Werke
ausgegangen; wozu außerdem der Umstand besondere
Berücksichtigung verdient, daß Wnnsiedel, die Vaterstadt
Jean Pauls, gleichfalls an der Errichtung eines Denk-
mals desselben arbeitet.
Der zur Aufstellung der Statue in Bayreut aus-
gewählte Platz ist sehr passend und unbedenklich von den
beiden einzigen verfügbaren der einzig entsprechende. Hier
waren unter der Leitung des Kreisbau-Inspektors Weiße
die Vorarbeiten beendigt, das Postament ans Wunsiedler
Granit — so daß doch am Ende Jean Paul auf Grund
und Boden seiner Kindheit zu stehen kommt, — ein auf
zwei Stufen ruhender, mit Platte und Gesims bekränz-
ter, schön polirter Würfel, nach der Zeichnung des Herrn
Direktor v. Gärtner, aufgcrichtct, so daß der sofortigen
Aufstellung der Statue kein Hinderniß im Wege stand.
Am 14. November, demselben Tage, an welchem sechzehn
Jahre vorher Jean Paul die Augen zum Todesschlafe
geschloffen, wurde die Statue unter Feierlichkeiten, die
den Lesern dieser Blätter aus den verschiedenen Zeitungs-
berichten hinlänglich bekannt scyn dürften, und unter
der unzweideutig ausgesprochenen Thcilnahme der Be-
völkerung von Bayreut und der Umgegend, und bei
ziemlich unfreundlicher Theilnahme des Nvvemberhim-
mels enthüllt.
Der Eindruck, den die Statue sogleich auf die ver-
sammelte Menge machte, war ein durchaus günstiger.
Die wundervolle Haltung und Ruhe der vbern Abthei-
lung, wohin sich natürlich die Blicke zunächst richteten,
die Aehnlichkeit der Gesichtszüge wurden allgemein belobt
und dieser Eindruck hat sich bisher erhalten, ein Erfolg,
dessen sich — man möchte sage» nnbegreiflichcrweise —
die Statue Schillers in Stuttgart nicht erfreut.
Die Statue ist 10 Fuß hoch, und eben so hoch ist
das Postament; die Inschriften daran, ans erzgcgvßnen
vergoldeten römischen Uncialbuchstaben, lauten, auf der
Vorderseite:
Jean Paul Friedrich Richter 1EAN etc.
gest. den 14. Nov. MDCCCXXV.
Auf der Nevcrsseite.
Errichtet von Ludwig I-
König von Bayern und Herzog von Franken.
Das Verhältniß des Denkmals zum Platz ist vortrefflich;
es beherrscht denselben vollkommen, ohne seine Gebäude
zu drücken. In Betreff der Ricbtung, die die Statue
erhalten, sind die Meinungen verschieden, und es scy
erlaubt, schließlich »och ans diesen Punkt einzugehen.
Der Platz ist ungefähr quadratisch; an seiner West-
seite führt eine breite Straße (die Friedrichsstraße) vor-
über, an der östlichen mündet eine andere (die Lndwigs-
straße). In der erster», gegenüber dieser Mündung und
der Mitte des Platzes steht daö Gymnasium, ein großes
mit einem Thurm und zwei Aufgängen versehenes.