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Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 23.1842

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https://doi.org/10.11588/diglit.3204#0013
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Kunstblatt.

Donnerstag, den 6 Januar 1842.

D a n n e ck e r.

(Schluß.)

Es ist zur Charaktcrisirung des Künstlers nicht un-
wichtig, zu bemerken, daß die meisten seiner Werke weib-
liche Gestalten sind, uud daß er sich seltener mit dem
Relief beschäftigt hat, als mit der runden Figur. Aus
jenem Umstande ergibt sich nicht ohne Wahrscheinlichkeit,
warum es ihm bei seinem Christus weniger gelang, die
Anforderungen an die Kraft und Majestät des Gottes-
sohnes zu befriedigen, als denen an die Milde und
Würde des hülfreichen Menschensohnes zu genügen. In
der Gestalt seines Johannes hat er sich dagegen unstreitig
zu einer männlicheren, bestimmteren und kräftigeren
Körpcrform entschieden, und zwar, wie er selbst sich nicht
selten äußerte, im Gegensätze mit den weichlichen und
weibischen Darstellungen dieses Jüngers, die man sonst
überall finde; unbewußt wohl auch im Unterschiede von
seiner eigenen frühern Richtung und Gewohnheit, welche
an einer Ariadne, einer Ceres, einer Muse und Nymphe
durchaus angemessen war, bei dem Ideal des Mannes
und der Menschheit aber nicht hakte ausreichcn können.

So selten Dannecker im Relief arbeitete, so vortreff-
lich sind doch gerade die wenigen Werke dieser Gattung
von seiner Hand. So namentlich die Gruppe der Ge-
schichte und Tragödie, die, in Rom im Jahr 1789 mo-
dellirt, und später zweimal in Marmor ausgeführt, dem
Grafen Szeceny in Ungarn und dem Herrn van dcr Hoop in
Amsterdam angehört; ferner der Genius und die Astro-
nomie, für Keppler's Denkmal im Regensburger Dom
ausgeführt. Ein drittes, ausgezeichnet schön gedachtes
Relief war eine Zeitlang verloren gegangen und ist in
diesen Tagen aufgefunden worden. Es war zu einem
Hypothyron der Kanzlei des königlichen Geheimen Cabi-
nets'in Stuttgart bestimmt, woselbst cS auch nunmehr
seine angemessene Aufstellung erhalten loll, und fh-üt
Alerandcr den Große» dar, der einem Freunde, welcher
in einen Brief, den der König liest, hercinsieht, den

I Siegelring auf den Mund drückt. Dergleichen Erfin-
dungen zeugen von einem Geiste, der den grvßsten Mei-
stern aller Zeiten ebenbürtig ist, wiewohl sich in ihnen
die Produktivität desselben nicht bloß concentrirt, sondern
, auch erschöpft haben dürfte, da dieselbe sich überhaupt
nur in so wenigen Hervorbringungen dieser Art zu er-
kennen gibt.

In den Abend seiner künstlerischen Thätigkeit fallen
i seine aus dem Kreise der christlichen Religion entnom-
menen Werke, zumal der Christus, Johannes (in Marmor
für die Grabcapelle der verewigten Königin Katharina
auf dem Rothenberge ausgeführt) und eine knieende
weibliche Gestalt des betenden Glaubens, für das Grab-
monument der beiden verewigten Gemahlinnen des jetzt
regierenden Großhcrzogs von Oldenburg vollendet. Sic
verrathcn ein ernstes Streben nach Verkörperung der
Ideale eigener Religiosität. Dadurch tragen sic aber auch
daS Gepräge der Subjectivilät an sich, streifen in das
Gebiet des Malerischen hinüber und entfernen sich
namentlich von dem eigentlichen Typus der kirchlichen
! Kunst; am wenigsten allerdings ist dieß bei dem Jo-
hannes der Fall, dessen unleugbare Vorzüge auch von
anderer Seite schon oben bezeichnet worden sind. Jeden-
falls gehören die christlichen Bildwerke Danneckcr's zu
den frühesten der neueren Zeit und lassen das Bedürfniß
und die Fähigkeit auch der plastischen Kunst, von dem
christlichen Princip durchdrungen zu werden uud cs in
eigenthümlicher Weise zu entfalten, erkennen.

Sein vorzüglichstes Verdienst dürfte in dem Bildniß
bestehen. Er wußte die Individualität rein und würdig
aufzufassen und mit der frappantesten Naturwahrheit de»
Adel der plastischen Darstellung zu verbinden. Sein
größtes und mit Recht berühmtestes Werk in dieser
Gattung ist die Büste Schillers, die kleinere nach der
Natur, die kolossale aus dem Gedächtnis! nach dem Tode
seines großen Freundes gefertigt. Ebendahin gehören
vornehmlich auch die Büsten Lavaters, Glucks, der Könige
Friedrich und Wilhelm, der Königin Katharina, des
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