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101.

K u rr s

Dienstag, den 19. Deccmbcr 1843.

Kunstnachrichten ans Mittet- und Vberitatien.
Gesammelt in den Monaten Juni und Juli 1843.

(Schluß.)

Mailand.

Bei Mailand kann und mnß ich mich kürzer fassen.
Ungeachtet der Arcv della Pace ganz und die Arbeiten
am Dom größtentheils vollendet sind, herrscht doch in
den Bildhaueratcliers große Thätigkeit. Bekanntlich
nimmt Pompeo Marchesi unter den lombardischen
Bildhauern den ersten Mang ein; auch nach Deutschland
sind Werke von ihm gelangt. (Vergl. Kunstbl. Nr. 94.)
Daß gerade ihm eine Goethestatue für Frankfurt auf-
getragen ward, dürfte indeß einigermaßen befremden.
Der Werth seiner Sculpturen ist sehr ungleich; ein gro-
ßes Talent aber laßt sich ihm nicht absprechen. Sein
größtes neueres Werk, überhaupt eines der kolossalsten
unserer wie aller Zeiten, ist eine aus neun Figuren be-
stehende Gruppe: die fromme Mutter am Cyarfreitag,
die in der neuen Kirche S. Carlo Borromeo ausgestellt
werden soll, welche, nach dem Plane Carlo Amati's,
auf dem Platze des vormaligen Seroitenklosters gebaut
wird. Auf einem Felsen, auf dessen Spitze die Gesetz-
tafeln liegen, siebt man das Kreuz ragen; zu seinem
Fuße sitzt eine hohe und ernste Frau, die Religion,
welche, einen weiten Mantel aus einander schlagend, den
Leichnam des Heilandes zeigt, welcher, gegen ihr Knie
angelehnt, auf dem Boden ruht. Auf dem Abhange und
am Fuße des Golgatha sieht man eine fromme Mutter,
welche ihre Familie herbeiführt, den Erlöser zu be-
trachten; drei jüngere Kinder sind mit ihr, während auf
der entgegengesetzten Seite ein Jüngling, der des Au-
genlichtes entbehrt, von zwei Schwestern geleitet znm
Gebete nabt. Ein hohes rundes Piedestal von weißem
Marmor wird das Ganze tragen. Dasselbe ist rings-
herum mit Candelabern in Relief verziert, um welche
prachtvolle Guirlanden sich schlingen, deren Mitte durch

die Passionsblume gebildet wird. Das große Werk, wel-
ches im Jahr 1835 der verstorbene Kaiser Franz dem
Künstler auftrug, ist sehr weit vorgerückt, und wird in
einer für diesen Zweck erbauten Kapelle Platz finden.1

Neben Marchesi sind vorzugsweise Gactano Monti
aus Ravenna und Bencdetto Cacciatvri namhaft
zu machen. Zahlreiche Arbeiten von ihnen sieht man
am Friedensbogen. Unter den neuern Werken Mvnti's,
der viel Eigenthümliches hat, ist ein Grabmonument für
die junge Gräfin Colleoni zu Bergamo zu bemerken, so
wie eine Porträtgruppe der Frau v. Lalareff, geb. Prin-
zessin Biron von Curland, mit ihrem Kinde. Bon Cac-
ciatori sah ich u. A. ein Denkmal für Amadeus i-, Her-
zog von Savoyen, welches in der königlichen Kapelle zu
Turin aufgestellt werden wird.

Unter den Malern ist der Benetianer Hayez vor
Allen zu nennen, wie er denn wohl auf den ersten Platz
unter den Malern des jetzigen Italiens Anspruch machen
dürfte. Leider sah ich jetzt keine vollendeten Bilder von
ihm; mehrere angefangcne, darunter zwei Sccnen aus
der tragischen Geschichte der Foscari, die Ankunft des
ersten Kreuzheers vor Jerusalem u. s. w., lassen Ausge-
zeichnetes erwarten. Luigi Sabatelli hat in der
letzten Zeit mehr in Florenz, seiner Vaterstadt, gemalt.
Seine Fresken auS dem Leben Galilei's in der diesem
großen Naturforscher im Museo fisico errichteten Tri-
büne - und ein, sonst mit vielem Talent componirtcs
kleineres Bild (eigentlich Skizze) beim Marquis Gino
Cappvni: Francesco Fcrruccio auf den Wällen Volter-
ra's, den Sturm des kaiserlichen Heeres abschlagend
(1530), leiden an dem ziegclfarbenen Colorit, welches
Sabatello überhaupt in seinen Bildern hat. Eine ehren-
volle Stelle unter den Landschaftmalern nimmt der

1 La buona modre del Venerdi sanlo, gruppo di scul-

lura del prof. P. Marchesi, discorso di A.ncclo Maz-
zoldi. Mailand 1811. 24 S, svo.

2 Vergl. Kunstblatt 1842, Nr. 78.
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