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W 31.


Dienstag den 23. Juni 1846.

lieber assyrische Altertbümer.

So groß auch das Interesse war, mit den, man in den
letzten Jahrhunderten die assyrische Geschichte wegen ihres Ein-
greifens in die Schicksale des israelitischen Volkes behandelte,
so wenig bekümmerte i»a» sich um die assyrischen Altcrthünier.
Der Juwelier I. B. Tavernier, der die Türkei, Ostindien und
Perssen »ach allen Richtungen durchreiste, gab (1643) die erste
Nachricht von den Trstininerresten der alten Ninosstadt, die man
im Norden der Tigrisbrücke bei Mosul antreffe, und von dem
Grabmal des Propheten Jonas, welches stch in einer Moschee
auf einem von Häusern umgebenen Hügel befinde. Hundert
Jahre später kam Niebnhr (Reisen Bd. II. S. 333) in diese
Gegend und erkannte in dem auf einem Hügel ans dem linken
Ufer des Tigris Mosul gegenüber gelegenen Flecken Nunia einen
Nachklang der alten Ninos, aber zu näheren Untersuchungen
der Lokalität sah et sich nicht veranlaßt. Diese waren dem »ach
allen Seiten hin thätigcn Geist des neunzehnten Jahrhunderts
Vorbehalten. Im Jahr 1820 stellte der Resident der ostindischen
Kompagnie in Bagdad, James Rich, genaue Vermessungen an
'rt und Stelle an und brachte den ersten Plan dieser Trümmer-
padt zu Stande, welcher ein irreguläres Parallelogramm anf-
wcist, das sich dicht am Ostufer des Tigris von N. W. gen
S. O. in größerer Länge als Breite durch die Ebene zieht und
für die alte Stadt einen Umfang von 9500 bis 10,000 Schritten
— 1‘4 deutsche Meile ergibt. I» dem ans einem künstlichen
Hügel erbauten, von dem Grab des Propheten Jonas benannten
Flecken Nebbi Uunus fand er verschiedene, theilS zerbrochene,
theils ganze Backsteine und Stücke von Gyps, welche mit keil-
förmigen Inschriften bedeckt sind. Einer dieser Backsteine, welcher
1 Fuß 4 Zoll in der Dicke hat, befindet sich gegenwärtig im
brittischcn Museum. Mehrere solcher Fragmente fand Rich in
den Grund der Häuser eingebaut, namentlich sah er in der
Küche einer solchen Hütte ein Stück Gyps mit Keilschrift, das
zu der Mauer eines schmalen Ganges zu gehören schien, von
dem man sagte, er führe in den Berg hinein; allein die Ver-
suche, weiter zu graben, mußten eingestellt werden, weil sie die
Häuser zu nntcrminiren drohten. Ganz parallel mit diese»,
Gange fand er in einem andern Hanse eine wohlerhaltene In-
schrift, welche bei der Erbauung des Hauses entdeckt und an
ihrem ursprünglichen Ort »»verrückt gelassen worden war.
Somit war Rich ans der Fährte noch viele andere Altcrthümer
zu entdecken, ja vielleicht gehörten die beiden Parallelmanern
zu einem größeren Palast, dessen Plan zu untersuchen noch jetzt
der Mühe werth seyn dürste, allein bei der dichtgedrängten
Hänsermasse konnte man nur dann, wenn eines derselben ein-
stürzte und rcparirt wurde, tiefer eindringen. Darum gab er
weitere Forschungen ans, versäumte jedoch nicht, zur Ueberra-
schnng für spätere Reisende, den Namen seiner Gemahlin, Mary
Rich, und seinen eigene» »eben diese Keilschriften zu setzen.

Diese Notizen, welche erst im Jahre 1836 durch das von
Rickfs Wittwe hcransgegebenc Tagebuch (Narrative of a Resi-
dencc in Ivoordistan and on the site of ancienl Ninevehj

by A. J. Rich. 2 Bde. London, 1836) eröffnet wurden, zeigten
dem französischen Konsul in Mosul, Botta, den Weg, den man
einschlagen müsse, um bedeutendere Resultate zu erhalten. Mit
Interesse für historische Forschung vom Vater her begabt und
vom Eifer beseelt, den Ruhm dieser wichtigen Entdeckungen der
französischen Nation zuzuwende», verfolgte er die von Rich an-
gefangenen Grabungen, aber nach langen Arbeiten, wobei er
nichts als einige Marmorstücke und Ziegel mit Inschriften fand,
überzeugte er sich, daß sich nichts Erhebliches erwarten lasse,
wenn man nicht die Häuser ankaufe und cinreiße, was ihm bei
der Ungewißheit des Erfolgs doch bedenklich schien. Er wandte
sich daher nach dem von dieser Stelle weiter entlegenen Dorfe
Chvrsabad, wo er nach kurzem Graben auf zwei parallellaufende
Mauern stieß, durch deren Verfolgung er zu der Aufdeckung
eines großartigen Palastes gelangte. Der Palast stand auf einer
künstlichen, 40 Fuß hohen, ans ungebrannten Backsteinen erbau-
ten Terrasse, wie sie in dem der Ueberschwemmnng ansgesetz-
ten Flachlandc von Babylon und Ninive jedem Prachtbau als
Snbstrnktion gegeben und im Alterthum im Allgemeinen als
Werke der Semiramis (l'eiundmSog inya Diod. Sic. II, 14.)
betrachtet wurden. Der Unterschied aber zwischen dieser und
den babylonischen Terrassen besteht darin, daß in Ehvrsa-
bad die Masse von Backsteinen mit einer aus Quadern beste-
henden Strebcmaner eingefaßt und geschützt war, während
man in Babylon, wo es an Bausteinen fehlte, dazu eine Be-
kleidung von gebrannte» Bausteinen anwendete. Der Bericht,
den Botta ini Jahr 1843 an die französische Akademie über seine
Entdeckung erstattete, verbunden mit den Abschriften einiger
Inschriften und den Zeichnungen einiger Basreliefs, erregte das
Interesse dieser gelehrten Gesellschaft in dem Grade, daß sic
die Förderung dieser Unternehmung den Ministern des Innern,
des Auswärtige» und des öffentlichen Unterrichts dringend empfahl
und auf eine Unterstützung Botta's von Seiten des Staates
antrug. Diese Schritte hatten die erwünschte Wirkung, denn
es wurde ihm eine Summe zur Disposition gestellt, die ihn in
den Stand setzte, das ganze Dorf Chvrsabad anzukanfcn, um
das große Denkmal ganz offen zu legen. Mit rühmlicher Frei-
gebigkeit genehmigte dir Kammer der Deputirten diele Ausgaben,
und als Botta später das Äedürfniß eines Zeichners fühlte, um
die zahlreichen Reliefs, welche an sich schon ans einem zerbrech-
lichen Material gearbeitet und anßerdcni durch das Feuer, dessen
Spuren in dem Palast überall sichtbar sind, noch zerbrechlicher
geworden sind, vor ihrem Zerfallen abzuzeichnen und dadurch
vor dem unvermeidlichen Untergang zu retten, so wurde ihm
vom Ministerium der durch ähnliche Arbeiten in Persien rühmlich
bekannte Eugene Flandin zugesandt, dessen geschickter Hand
wir eine Menge von Zeichnungen verdanken, welche den Stoff
zn einem ganz neuen Zweig der Kunstarchäologie bieten werden.
Eine von der Akademie niedergesetzte Kommission, bestehend
ans den Herren Letronne, E. Bnrnonf, F. Lajard, Gnigniaut,
I. Mohl und dem Berichterstatter R. Rochctte trug in ihrem
Rapport fait a 1’AcademieR. des Inscr. ct Relles-
I,ctlrcs dans la scanne du 16. Mai 1843 darauf an, daß
Register
Chr. Walz: Ueber assyrische Alterthümer.
 
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