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sibrig, daß die Abdrücke möglichst :it einem Gemeingut aller
Kunstfreunde, der nahen wie der entfernten, möchten gemacht
werden, denn auch diejenigen, welche sich des Anblicks der
Originale in dem fönigl. Knpferstichkabinet erfreuen, werden
es doch noch lieber sehen, wenn sie gewissermaßen zu dem Mit-
besitz derselben gelangen können, diejenigen aber, welchen nur
die wenigen und seltenen, von Dürer selbst gestochenen Porträts
oder nicht einmal diese zugänglich sind, werden es noch dank-
barer erkennen, wenn ihnen Gelegenheit gegeben wird, sich ohne
große Unkosten eine Anzahl von Bildnissen merkwürdiger Zeit-
genossen des Künstlers zu verschaffen, die, als freie Handzeich-
unngen, dessen wundervolle Meisterschaft in diesem Fach noch
deutlicher als selbst seine Kupferstiche beurkunden. Auch dieser
Wunsch ist erfüllt, indem vorerst ein Heft mit 6 Bildnissen
unter dem obigen Titel der Buch- und Kunsthandlung von
Gropius allhier zum Verkauf übergeben worden ist, bei der sie
für den Preis von 3 Thlr. zu haben sind. Da sich bei diesem
Heft ein erläuterndes Tertblatt nicht befindet, so wird es nicht
am nurechten Ort seyn, hier die darin enthaltenen Bildnisse
einzeln anzugeben und noch Folgendes über dieselben hinzuzufügen.

1) „MargraffJochaim (sic) Chnrfürst." DerKnrfürstJoachii»,
mit dem Beinamen Nestor, von Brandenburg, Bruder des Kar-
dinals Albrecht, Kurfürsten von Mainz. Geboren 1484, ist er
hier im 3-isten Lebensjahr, also in der ganzen Frische seines
Mannesalters und wie Dürer in seinen Bildnissen nicht nur
den äußern, sondern zugleich den innern Menschen malt, so
sprechen auch aus diesem Klugheit, Starrsinn und Kraft, die
Eigenschaften, welche Joachim während seiner Regierung bethä-
tigte. Ans den, Hut steht Dürer's Monogramm.

2) „Margraff Jochaim Sohn." Deö Vorigen Sohn und
Nachfolger, welcher sich als Kurfürst Joachim II. den Beinamen
Hektar erwarb und die Reformation in seinen Ländern einführte.
Obgleich er erst 13 Jahr alt war, als ihn sein Vater mit nach
Augsburg nahm, so möchte mau beim ersten Anblick das feine
lebendige Gesicht doch eher für das eines Jünglings halten.
Jndeß ist dieß nur Täuschung, wozu hauptsächlich beiträgt, daß
der Kopf von gleicher Größe wie die übrigen, und wie in 1
und 4 mit dem Fürstenhut über einem Haarnetz bedeckt ist.

3) „Friderich von Bayern, Pfaltzgraff." Der Bruder und
von 1546 ab der Nachfolger Kurfürst Ludwigs V. von der Pfalz,
der mit ihm beim Reichstag zugegen war. Auch er wandte sich
und sein Land der Reformation zu. Ein herrlicher Kops im
Alter von 35 Jahren, dem Gesichtsschuitt nach etwas an König
Franzi, von Frankreich erinnernd, im Hut, mit krausem Haar
und unten nach vorn spitz anslaufendem Bart.

4) „Der von Auhaldt." Da, nach der angegebenen Druck-
schrift, bei dem Reichstag die Fürsten Wolfgang von Köthen
und Johann von Dessau zugegen, beide aber ziemlich gleichen
Alters waren, so ist es schwer zu entscheiden, welchem von
beiden dieß jugendliche, verständige Angesicht angehört. Die
Vergleichung mit alten Familienporträts deö anhaltischen Fürsten-
hauses soll jedoch für den 1492 gebornen Wolfgang den Aus-
schlag gegeben haben.

5) „Ulrich von Hutten." Dieser treffliche Ritter war mit
Kurfürst Albrecht, der ihn an seinen Hof genommen hatte und
hoch hielt, nach Augsburg gekouimen. Damals sah er, nach
den überstandenen Leiden seiner Jugendjahre, von dem gewon-
nenen sichern und ehrenvollen Standpunkt aus, eine Fülle
schöner Hoffnungen für sein heißgeliebtes Vaterland schimmern.
Er schreibt über den Reichstag einem seiner Freunde Folgendes,
wozu die vorgedachten Bildnisse einige Belege liefern: „Wir
haben hier wahrlich das herrlichste Schauspiel vor Augen. Der
Fürsten, durch Jugend und Gestalt ausgezeichnet, der Grafen
und 'Ritter, des deutschen Adels Blüthe, sind so viele, daß man

bei diesem Anblick vor den Türken nicht sonderlich zittern kann,
i Wenn Deutschland jetzt so viel Verstand zeigt, als ihm Kräfte
! zustehen, so möchte man sich erdreisten, den ganzen Erdkreis
mit Unterjochung zu bedrohen. Gebe Gott, daß diejenigen den
besten Rath finden, von deren Rathschlägen alles abhängt. Denn
l was ist mehr zu wüuscheu, als daß Deutschland endlich zum
Bewußtseyu seiner selbst gelange!" Dürer hat Hutten, wie den
Kurfürsten Albrecht, hier zweimal gezeichnet; Letzterer konnte
jedoch in gegenwärtigem Heft vorerst noch entbehrt werden, da
! es von ihm zwei andere schöne und häufig kopirte Bildnisse
gibt, die Dürer selbst in Kupfer gestochen hat; das eine von
1519 zum Halle'schen Heiligthumöbuch, das andere etwas größer
von 1523. Die beiden Bildnisse Huttens sind dagegen um so
schätzbarer, als wir von ihm, außer dem seltenen Holzschnitt,
wo er in halber Figur, im Harnisch mit dein Lorbeerkranz
(Münch, Opp. Hutten. I. 8. XLVI. Nr. 2) und einem andern
! kleineren, wo er im Kleid und Hut erscheint (ib. 8. XLVIII.
Xr. 3.), welche Holzschnitte allen übrigen Abbildungen von ihm
zum Grunde liegen, keine andern gleichzeitigen, am wenigsten
von einem Meister wie Dürer besitzen. In dem hier gewählten
Bildniß sehen wir Hutten in seinem 30sten Jahr, bärtig, den
Hut keck auf das trotzig zurückgebogene Haupt gestülpt, mit
geistvollem Auge vor sich hinäuSschauen.

6) „Melchior Pfintzing, Abt zu St. Sebald und St. Victor,"
der als Rath und Geheimschreiber Marimilians und wegen
seines Antheils am Theuerdank bekannte gelehrte Geistliche und
Staatsmann. Das Bild entspricht zwar seinem 1518 37jähri-
gen Alter, weicht aber darin von den übrigen ab, daß es,
während diese sich bloß auf den Kopf beschränken, Brustbild,
der Kopf daher nur von der halben Größe der übrigen ist. Es
kann also auch wenig früher oder später in Nürnberg selbst
gezeichnet seyn, welches PfinzingS Vaterstadt und wo er, nach-
dem er Probst von St. Sebald geworden, von 1513 ab ein-
heimisch war. Erst 1521 gab er, wegen der dortigen Religions-
Veränderung, seine Stelle auf und zog nach Mainz, wo er als
Probst von St. Alban 1534 starb.

Möge die Fortsetzung dieser Hefte, von reichlichem Absatz
unterstützt, nicht lange auf sich warten lassen!

Sn.

Bemerkungen auf einer Reife durch
Schwaben.

Von Fr. F. Fernbach.

2. Lorch.

Die tut Remsthale bei Gmünd noch vorhandene ehemalige
Klosterkirche ist die ursprüngliche Begräbnißkapelle des edlen und
alten Geschlechts der Hohenstaufen *. Die ungefähr int 12teil
! Jahrhundert erbaute Klosterkirche ist dreischiffig, in der Form
eines lateinischen Kreuzes, ihre theils rund-, theils spitzbogigen
Oeffnnugen verrathen schon von Außen ihr ehrwürdiges Alter.
Durch einen geschmacklosen Giebelban und Dachstnhl aus der
Neuzeit wird jedoch der Eindruck ettvas geschtvächt.

Der etwas erhöhte Vorchor hat zwei Seitenkapellen und
eine gewölbte Kuppel; dieser Theil der Kirche scheint, abgesehen
von den Kapellen, der älteste und die vier byzantinischen Eck-
pfeiler mit den hohenstansischen Löwen in den Kapitellen müssen
noch Reste der ursprünglichen Kirche seyn.

Die im Langhanse auf den Vorderseiten der acht Pfeiler

' Gestiftet im Jahr 1102 von Herzog Friedrich von Hohen-
staufen, 1525 im Bauernkriege zerstört, nachher in einer dein alten
Ban nachgebildeten, aber ärmeren Form wiederhergestellt. A. d. R.
Register
Fr. X. Fernbach: Bemerkungen auf einer Reise durch Schwaben. 2. Lorch.
 
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