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ins Leben zurückrufen. Doch nein! cs ist nicht >0. Es ist nur
der Name, der wiederkehrt, um sich au eine durchaus andere
und neue Erscheinung zu heften. Diese Variationen sind nicht
Uebcrtragungen des Thema's in eine andere Tonart, nicht eine
Zersplitterung und Versetzung seiner Elemente, nicht eine Ver-
flüchtigung des kompakten Geistes in hüpfende Dunstbläschen und
ein Jongleurspiel mit ihnen, sondern es sind „Phantasien" oder
wie der Künstler selber sich erklärt, Versuche den Dichter zu
erklären und sein Gedicht weiter fortzudichten. Der ganzen Auf-
fassung und Anordnung nach fallen diese Zeichnungen in die
Reihe der Arabesken oder Randzeichnungen, die sich in Rhythmus
und Form immer nach einem architektonischen Grundtypus richten
sollen, um Deutlichkeit und Charakter zugleich zu geben. Soltau
hat dicß nicht gethan und bewegt sich ganz frei von irgend welchen
architektonischen Einflüssen; wild und lustig wie im Walde schie-
ßen seine Blumen auf, bunt durcheinander mengen sich strenger
Styl, Genre, Landschaft, und wenn auch das architektonische
Grundgesetz des Gleichgewichts seine Rechte durchsetzt, so werden
sic ihm doch durch allerhand Aus- und Abschweifungen immer
wieder auf den bloßen Nominalwerth gebracht. Diesi alles hin-
dert natürlich nicht, daß man an der Reichhaltigkeit der Gedan-
ken, an der mannichfaltigen Schönheit der Gestalten und Dar-
stellungen Freude haben kann, wenn auch mit Sicherheit anzu-
nehmen ist, daß eine größere Strenge in der Form (die sich bis
auf die Zeichnung im Einzelnen erstrecken dürfte) diesen gcist-
und gemüthvollen Phantasien einen bleibenderen Werth sichern
würde. Um nur eines zu neunen, so sollten Figuren entweder
entschieden das Gepräge des bloßen Ornamentes tragen, und also
an der Hüfte in eine andere Form (Blume oder Thier) über-
gehen, oder vollkommene Lebensfähigkeit zeigen und nicht etwa
unter dem Knie abbrechcn, wie der Jüngling in der Malve, die
seine Füße so wenig aufnehmen kann, als die Muschel gegenüber
die Jungfrau.

Um aber unfern Lesern von der Behandlnngsweise im All-
gemeinen eine Vorstellung zu geben, wählen wir ein anderes
Blatt, dem einige Distichen von Goethe zu Grunde liegen:

„Diese Gondel vergleich' ich der sanft cinschaukcliiden Wiege

Und das Kästchen darauf scheint ein geräumiger Sarg.

Recht so! zwischen der Wieg' und dem Sarg' wir schwanken

und schweben

Auf dem großen Kanal sorglos durchs Leben dahin."

Das Hauptbild zeigt uns eine Gondel, von einem venetianischen
Gondoliere geführt. Muscheln und Schnecken umgeben zuunterst
das Bild, zuoberst aber allerhand Embleme des Lebens, von der
Sichel und Sense bis zur Tiara und Krone, in Anspielung auf
den „großen Kanal" des menschlichen Lebens. Dieß ist aber nur
die untere Abtheilung des Blattes. In der obern sehen wir
eine neapolitanische Fischerfamilie auf einem Rachen am Land;
das Netz ist zum Trocknen ausgespannt, der Fischer singt zur
Guitarre, die Frau spinnt, ein Kind hört dem Vater zu, ein
kleineres schlummert in der Wiege, „eben der ein Schutzgeist
einen Drachen würgt, aus dessen Rachen eine Maiblume wächst
mit den Blüthen des Ruhmes und der Vorsicht. Die Mitte des
Blattes nimmt das Stück eines Kirchhofes mit einer Kapelle ein,
neben der ein bedeckter Sarg steht.

Die Ausführung ist nur zum Theil Radirung, zum Theil
hat die kalte Radel vollendet; beide sind mit Geschmack und
Geschick gehandhabt; und die Freunde der Kunst werden die
Gaben des Künstlers, der sich schon seit lange in Paris aufhält,
gewiß mit Theilnahme begrüßen, wie sie sich mit Vergnügen
seiner beziehungsreichen Zeichnungen zu den Hamburger Dank-
adressen erinnern.

3) I o a ch i m u s v o n S a n d r a r t nach dem von
ihm im großen „Friedensmahl" zu Nürnberg ange-
brachten Selbstbildniß in Kupfer gestochen von Joh.
Kräcker. 1847.

Dieses Blatt empfiehlt sich durch einen kräftigen malerischen
Vortrag, strenge und charaktervolle Zeichnung und eine erfreu-
liche Energie in der gleichmäßigen Durchführung. Nur eine
Stelle ist durchaus unverständlich. Es ist als ob Sandrart zweierlei
Haar gehabt, oder eine halbe Perrücke über seinem schönen, in
langen dunkeln Locken von der Stirne herabwallenden Haar ge-
tragen; denn die hintere Hälfte ist viel lichter und trocken be-
handelt. ef.

Reifewerk.

Genrebilder aus dem Oriente. Gesam-
melt re. und gezeichnet von Heinrich v. Mayr k.,
mit erklärendem Texte von Sebastian Fischer, vr.rc.
Lief. IV biö VI. (Taf. 19 bis 36.) Stuttgart, Verlag
von Ebner und Seubert, 1847. Fol.

In Nr. 28 des Kunstblatts vom Jahr 1846 und in Nr. 8
vom Jahr 1847 haben wir bereits Nachrichten über die früheren
Hefte dieses Werkes gegeben. Auch die in den neueren Heften
enthaltenen 18 Tafeln sind wiederum reich an den mannigfaltig-
sten Sccnen orientalischen Lebens. Den Kostümbildern einer
ägyptischen und einer griechischen Dame reihen sich die Darstel-
lungen eines Frauenbadcs, der Verlobungsfcierlichkeiten, eines
Hochzcitzuges an. Der letztere windet sich durch eine enge Gaffe,
an dem offenen Laden eines Schulmeisters vorüber. Das lustige
Spiel des Dscherid- Werfens wechselt mit verwegener nächtlicher
Hyänenjagd; der barbarischen Rekrutenaushebung steht der anbe-
fohlene Tanz der Sklaven auf offener Nilbarke gegenüber. In
Irrenanstalten und Pcstspitäler wird der Beschauer eingeführt
und begleitet den gefesselten Miffethäter auf seinem Wege zur
Hinrichtung. Mehemcd Ali's Infanterie und Kavallerie zeigt
uns den immer mehr sich geltend machenden Einfluß europäischer
Bildungsweise; fast völlig europäisch wird der Blick vom Deck
des österreichischen Lloyd-Dampfschiffes auf die stolzen Dreimaster,
die den Hafen von Alexandrien anfüllen. Sämmtliche Darstel-
lungen geben reichlich Unterhaltung und Belehrung; überaus
instruktiv aber sind die Detailblätter mit in Umriß gezeichneten
Utensilien, deren jedes Heft, wie früher, eins bringt. Durch
geschickte Raumbenutzung ist auf diesen Blättern eine ganz außer-
ordentliche Fülle der verschiedenartigsten Gegenstände — in den
vorliegenden Heften von Schmuckgeräthen, Lampen, Leuchtern,
Tabakspfeifen und Beuteln und von Gefäßen — zusammengestellt,
die vor Allem von den äußern Bedürfnissen des Orientalen und
von der Art und Weise ihrer Befriedigung eine charakteristische
Kunde geben. Diese Blätter dürften namentlich auch für die
Künstler, als Studien für das weite Bereich des orientalischen
Kostüms, besonders wichtig scyn. F. K.

Rachrichten vom Dezember.

Nekrolog.

Vldenburg. Hier ist vor Kurzem der Hofmaler I. Jerndorff,
ein geborncr Däne, in der Blüthc seiner Jahre mit Tod abgcgan-
I ge». In Kopenhagen, München und Rom gebildet, hatte er sich
als Landschafts- und Bildnißmaler, besonders auch als Restanrateur
i alter Gemälde ausgezeichnet. Seinem Eifer hauptsächlich verdankten
Register
F. K.: Reisewerk: Genrebilder aus dem Oriente. Ges. und gez. Von H. v. Mayr, mit erklärendem Texte von S. Fischer. Lief. IV. Bis VI. (Taf. 19 bis 36.) Stuttgart 1847. Fol.
 
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