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U' 31

fl II II It li l fl t t.

Sonnabend den 24. Juni 1848.

Archäologie.

Mythologie und Symbolik der christ-
lichen Kunst von der ältesten Zeit bis ins
161c Jahrhundert. Von Ferdinand Piper,
Professor der Theologie an der Universität zu Berlin.
Erster Band. (Auch unter dem Titel: Mythologie der
christlichen Kunst von der ältesten Zeit bis ins 16te
Jahrhundert. Erste Abtheilung.) Weimar, Druck und
Verlag des Landes-Jndustrie-Comptoirs. 1847. xliii
u. 510 S. 8.

Bei dem großen Aufschwung, den in der jüngsten Zeit das
Studimn der Geschichte der bildenden Künste genommen hat, und
bei der großen Anzahl von Werken, die sich die wiffenschafiliche
Ergründung des Verlaufs und der inner» Entwickelung derselben
zur Aufgabe gemacht haben, sind es vor allen zwei bestimmte
Richtungen, die vorzugsweise verfolgt und mit besonderer Kon-
sequenz ansgebildet worden sind,

Einmal nämlich ist man bei knnsthistorischen Untersuchungen
darauf ausgegangen, den formalen Charakter einzelner Meister
oder ganzer Schulen zu bestimmen. Man hat hier ein Vorherr-
schen des Gefühls, dort ein Ueberwiegen verständiger Auffassung
gesehen, hier eine sentimentale, dort eine mehr sinnliche Be-
handlungsweise nachgewiesen. Auf diese Weise sind die einzelnen
Meister charakterisirt, dann bestimmten Schulen ihre bestimmten
Eigenthümlichkeiten zuerkannt worden, und die Kcnntniß ihrer
Aufeinanderfolge sowie ihrer inner» begriffsmäßigen Verknüpfung
konnte mit Recht als wesentlicher Theil der Kunstgeschichte selbst
betrachtet werden.

Der zweite Punkt betrifft die Technik, Das technische Ver-
fahren ist in allen Schulen ein anderes gewesen, und mit einer
höheren Entwickelung der künstlerischen Ideen ist eine größere
Entwickelung der Technik stets Hand in Hand gegangen. Der
Begriff der Technik ist hier im weitesten Sinne zu nehmen und
umfaßt, um zunächst von der Malerei zu reden, alle einzelnen
Theile und Seiten derselben: in der Zeichnung das Studium
und die künstlerische Anwendung der Anatomie, der Gewandung,
Perspektive; in der Farbengebung die Lehre von der Schatten-
gebung, vom Helldunkel, der Luftperspektive, die Wirkung der
Farben neben und aufeinander u, s, w, Dieß Alles läßt sich
unter dem gemeinschaftlichen Namen der Malweise begreifen,
und wenn nach der obigen Auffassung die Kunstgeschichte als
Geschichte der Meister und Schulen erschien, so erscheint sie nach
dieser zweiten als Geschichte der Malweise,

Je mehr sich nun aber der Zusammenhang herausgestellt hat,
in welchem die Entwickelung der Kunst mit der jedesmaligen
Bildungsstufe gewisser Völker oder Zeitabschnitte steht, je deut-
licher es sich gezeigt hat, daß eben der sachliche Gehalt dieser
Bildung auch die wesentliche Grundlage aller gleichzeitig geschaf-
fenen Kunstwerke ausmacht, desto mehr mußte auch die Noth-
wendigkeit einer dritten Auffaffungswcise der Kunst anerkannt

werden. Es ist dieß die Auffassung nach dem Gegenstände, dem
stofflichen Gehalt der Kunstwerke, als in welchem sich der innige
Zusammenhang der Kunst mit dem faktischen Ideengehalt des
Lebens selbst am allerdeutlichsten ausprägt. Die Ueberzeugung,
daß von dieser Richtung eine große und bedeutende Förderung
der Kunstgeschichte zu erwarten sey, hat sich dem Res., der sich
schon seit längerer Zeit mit speziellen in dieß Gebiet einschla-
genden Forschungen beschäftigt, immer mehr und mehr aufge-
dräugt, und zu umso größerer Genugthuung mußte es ihm daher
gereichen, dieselbe Ueberzeugung so bestimmt auch von anderer
Seite getheilt und sogleich in so umfassender Weise bethätigt zu
sehen, wie dieß durch das vorliegende Werk geschieht, welches sich
den trefflichen, aber wenig zahlreichen Werken, die unsere Lite-
ratur in dieser Beziehung aufzuweisen hat, auf eine würdige
Weise anreiht.

Der Vers, geht davon aus, die Kunst als eine der wichtig-
sten Quellen der historischen Theologie zu behandeln, und stellt
somit das Werk, welches dem Professor Dr. Neander gewidmet
ist, eigentlich sogleich ans theologischen Boden. Es bedarf indeß
wohl kaum einer Vorbemerkung, daß wir bei vorliegender An-
zeige desselben die theologische Seite des Gegenstandes durchaus
bei Seite lassen und dagegen nur die eben so wesentliche kunst-
historische Seite desselben berühren werden. Nur der Worte sey
hier erwähnt, womit der Vers, sogleich im Eingänge der Vor-
rede die Bedeutung der Kunstwerke als Quelle für die Kenntniß
namentlich des christlichen Lebens feststellt, „Die Kunst," sagt
er daselbst, „welche von der Kirche ausgegangen und das ganze
Mittelalter hindurch ihr treu geblieben ist, offenbart in ihren
Werken den Geist, den sic empfangen hat; die religiöse Erregung,
wie der sittliche Charakter jedes Zeitalters stellt in ihnen sich dar,
freilich verschieden nach Maßgabe der technischen Mittel, über
welche sie jedesmal zu verfügen hat, und der Hingebung, mit
der sie an die Gegenstände der christlichen Erkenntniß sich wagt.
Doch läßt sie die ganze Gestalt des Lebens durchscheinen, wie
überhaupt die Kunst die verborgenen Tiefen des Lebens in Ge-
fühl und Anschauung, mehr als Wort und Schrift es vermag,
allseitig ans Licht bringt. Man wird also vorzugsweise die Werke
der Kunst zu berücksichtigen haben, um das christliche Leben
| zu erforschen, indem man auf den Grund der künstlerischen Dar-
stellung eingeht," Was nun die spezielle Aufgabe des vorliegen-
den Werkes betrifft, so ist dieselbe eine doppelte und bezeichnet
der Vers, dieselbe folgendermaßen: „die erste Aufgabe betrifft
die mythologischen Vorstellungen, welche auf dem Gebiet der
christlichen Kunst Eingang gefunden haben; ihre Geschichte ist
der Gegenstand dieses ersten Bandes, dessen zweite kleinere Ab-
theilung, von der Aufnahme der Naturgotthciten in die christ-
liche Kunst, bald Nachfolgen soll," S, xiv. „Schon aus der
Mythologie der christlichen Kunst heißt es ferner S, xxm: ergibt
sich ein umfänglicher Stoff für unsere zweite Aufgabe, die
Symbolik derselben, welche der zweite Band umfassen wird, da
viele mythologische Vorstellungen in symbolischer Bedeutung her-
übergenommen find. Uebrigens aber bewegt sich dieselbe rein
innerhalb der Kirche, in welcher der einfältige Glaube mit der
Register
Ernst Guhl: Archäologie: Mythologie und Symbolik der christlichen Kunst von der ältesten Zeit bis ins 16te Jahrhundert. Von Ferd. Piper. Erster Band- Weimar 1847. 8.
 
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