Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Morgenblatt für gebildete Stände / Kunstblatt — 30.1849

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.3219#0058
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
•'V1T203 08 ©STSv'-

ttt den Bildnissen beider auf jenem Flügel des Genier Altars
als sehr alt erscheine, im entschiedensten Widerspruch steht.

Zunächst wird in Zweifel gezogen, ob die Familie der van
Eyck nach der bisherigen Annahme aus dem Flecken Maaßeyck
in der Nähe von Mastricht stamme. Allerdings findet sich diese
Nachricht schon in der 1568 erschienenen Historie van Beigis
von Marcus van Vaernewiick, ' aus welcher sie van Mander
offenbar entlehnt hat, doch spricht der Umstand, daß schon im
Jahr 1391 ein Meister Joffe van Eyck als Mitglied der kirch-
lichen Brüderschaft der Maria mit den Strahlen zu Brügge
vorkommt2 und der Familienname van Eyck daselbst im Laufe
des löten Jahrhunderts sehr häufig ist, dafür, daß die berühmte
Malerfamilie aus Brügge stammt, und zwar um so mehr, als
die Malerei dort-bereits in der Zweiten Hälfte des 14ten Jahr-
hunderts in einemsehr blühenden Zustande seyn mußte, indem der
kunstliebende König Karl V. von Frankreich im Jahr 1371 das
Titelblatt einer Bibel mit Miniaturen von einem Johann von
Brügge ausführen ließ. Wenn Herr Carton geneigt ist, diesen
Meister für den Vater des Hubert und Jan van Eyck zu halten,
so scheint mir diese Vermuthung sehr gewagt. Auch legt er selbst
kein großes Gewicht darauf. Seinen Wunsch, das Gemälde in
jener Bibel aufzusuchen, um das Verhältniß desselben zu den
Werken der van Eyck festzustellen, habe ich bereits bei meinem
Aufenthalt in Paris im Jahr 1833 gehegt. Meine nach jener
Handschrift angestellten Nachfragen haben indeß zu dem traurigen
Ergebniß geführt, daß dieselbe während der ersten französischen
Revolution vernichtet worden ist. Ungleich eher ist der Vater
unserer großen Künstler in jenem oben unter dem Jahr 1391
aufgeführten Josse van Eyck zu vermuthen, worauf auch Carton
hindeutet. Der Beisatz Meister, mit welchem Hubert van Eyck
in demselben Verzeichniß der Mitglieder jener Brüderschaft auf-
geführt wird, läßt mit Wahrscheinlichkeit auf einen Künstler
schließen, so daß wir darin zugleich auch den Lehrer des Hubert
und Jan van Eyck haben würden.

Ueber Hubert van Eyck enthält die Schrift zunächst noch
folgende, urkundlich beglaubigte Beiträge. „Am Tage der Messe
des h. Bavo (d. h. am 1. Okt.) 1422 ward Hubert van Eyck
Gildebruder von der Gilde unserer lieben Frauen, auf Anrathen
des Chors von St. Johannes zu Gent." 3 Bekanntlich war da-
mals grade der berühmte Altar für eine Kapelle jener Kirche in
Arbeit und die Komposition, sowie das bereits Ausgeführte mochte
die Chorherrn jener Kirche so sehr befriedigen, daß sie ihm durch
ihre Empfehlung jene Auszeichnung verschafften. Der von dem
Verfasser gegen die Annahme des bekannten Kunstforschers de Bast,
daß Hubert van Eyck schon viele Jahre in Gent ansässig gewesen,
aus dem Jahr dieser Aufnahme gezogene Schluß, daß für jenen
Fall eine solche Aufnahme schon viel früher erfolgt seyn würde,
scheint mir immer etwas gewagt, wird aber durch den Umstand
bestätigt, daß in den Rechnungsbüchern über die Rechte des Jn-
digenats von Gent vom Jahr 1426, in welchem Hubert van Eyck
bekanntlich starb, sich verzeichnet findet, daß seine Erben eine
Abgabe haben erlegen müssen, welche nur von solchen Leuten erhoben
wurde, die man als nicht Einheimische betrachtete.'' Daß die

1 Siehe die Ausgabe von 1619. Blatt 119. b.

2 Er heißt dort „Meester Joes van Uyke," welche Schreibart
für van Eyck häufig vvrkommt. Diese Nachricht gibt Earton in
einem Nachtrage, indem er dieselbe erst später von Herrn Goetghe-
buer, einem eifrigen Sammler alter Schriften, erhalten hat.

3 Im Original nach dem Auszug aus den Verzeichnissen jener
Brüderschaft durch Herrn Goetghebuer: »8ente Barnesse anno
xiiij0 en xxij, -was Hubrecht van Eyke, Guldebroeder van het
Oser Yrouwe Gulden up de rade van den chore van Siht Jans
te Ghend.«

4 »Van den hoire van Lubrecht van Eyke VI S. gr.« Lu-
brecht ist hier offenbar nur ein Schreibfehler für Hubrecht.

Malerfamilie der van Eyck aber eigentlich in Brügge ansässig
und, wahrscheinlich nur einige Jahre vor jener Aufnahme des
Hubert in obige Brüderschaft, wegen der Ausführung jenes
großen Auftrages von den Familien Vydt und Borlut mach Gent
gezogen war, geht unumstößlich aus den Auszügen aus den schon
oben erwähnten Verzeichnissen der Genossenschaft der Maria mit
den Strahlen hervor, in denen die Aufnahme des Hubert van
Eyck sich unter dem Jahr 1412, seiner Schwester, der Marga-
retha van Eyck aber unter 1418 verzeichnet findet. '

Bekanntlich hatte der verstorbene Archivar zu Brügge, Herr
Scurion, aus dem Vorhandenseyn eines unvollendeten Bildes
des Jan van Eyck in Upern vom Jahr 1444 und dem Vermerk
in einer alten Gewinnliste einer Lotterie vom Jahre 1445, daß
die Wittwe des Jan van Eyck zwei Pfund gewonnen, den Schluß
gezogen, daß der Tod des Jan van Eyck in das Jahr 1445 fallen
müsse, und war diese Bestimmung auch seitdem von den Kunst-
historikern angenommen worden. Eine meines Wissens in seiner
Ausführlichkeit bisher in Deutschland noch nicht bekannt gemachte
Entdeckung des Herrn de Stoop in Brügge beweist indeß, daß
jene Schlußfolge irrig ist, und stellt endlich das Todesjahr des
großen Künstlers urkundlich fest. Ich lasse sie daher hier folgen.
Die betreffenden Notizen befinden sich in einer Rechnungslegung
des Canonicus Johannes Civis über die Einkünfte der Kirche
des h. Donatian zu Brügge während des Jahrs 1440, welche er
dem Kapitel im Jahr 1441 gemacht hat.2 Daselbst heißt es bei
den Einnahmen für die Begräbnisse. „Item für das Begräbniß
des Meisters Jan Eyck, des Malers XU Pfund Parifis," 3 und
bei den Einnahmen für die Grabgeläute: „Item für das Grab-
geläute des Meisters Jan Eyck, des Malers XXIIII 8. P."4
Die kirchliche Feier des Todestages von Jan van Eyck wurde,
wie Herr Carton bemerkt, bis zur französischen Revolution all-
jährlich im Juli begangen, so daß sein Tod wohl gewiß in diesen
Monat fällt. Da aber damals der Anfang des Jahrs erst von
Ostern gerechnet wurde, so bleibt es, insofern Jan Civis seine
Rechnung erst im Juli 1441 gelegt haben sollte, immer noch
ungewiß, ob Jan van Eyck im Juli 1440 oder 1441 gestorben
ist, indem alsdann in der Rechnung der Monat Juli zweimal
Vorkommen konnte. Diese Ungewißheit wird aber von Carton
sehr richtig durch die Aufschrift des Christuskopfs in der Samm-
lung der Akademie von Brügge, »Johes de Eyck, inventor
1440, 30 Januar,« beseitigt. Daraus erhellt nämlich, daß er
im Monat Januar 1440, welchem nach obiger Jahresrechnung
der Monat Juli desselben Jahrs vorausging, noch lebte, so daß
er mithin sicher erst im Lauf des Juli 1441 gestorben ist. Hie-
mit stimmt es auch, daß ein Vermächtniß von ihm an jene Kirche
erst im Lauf des Jahrs 1442 eingezahlt worden ist. 3 Hieraus
geht hervor, daß Foppeus, welcher 1440 als das Todesjahr des
Jan van Eyck angibt,0 doch der Wahrheit sehr nahe kommt,
van Mechel aber in seiner Angabe des Jahrs 1441, in seinem
Kataloge der kaiserl. Galerie in Wien,7 einer guten Nachricht

1 Sie werden dort Meester Hubrech van Hyke und Mergriete
van Hyke geschrieben, doch läßt diese, wie schon oben bemerkt, öfter
vorkommende Schreibart keinen Zweifel zu, daß darunter obige Per-
sonen zu verstehen find.

2 Im Original. Computatio Joannis Civis, Canonici, de
bonis fabrice ecclesie beati Donatiani Brugensis anni 1440,
facta capitulo anno 1441.

3 Im Original: »Item pro sepultura magistri Johannis Eyck,
pictoris, XII Iibras parisis.«

4 Im Original: »Item ex campana magistri Johannis Eyck,
pictoris XXIIII. 8. P.«

5 In der Rechnungslegung des Canonicus Walther Diedolf über
das Einkommen der Kirche des h. Donatian im Jahr 1442, welche
er 1443 dem Kapitel gemacht, heißt es nämlich: »Item ex testa-
mento Johannis Eyck pictoris XLVIII 8.« (d. h. Scheelen.)

6 Bibliolheca Belgica. Tom. 3. p. 635.

7 Wien 1783. S. 350,
Index
There is no information available here for this page.

Temporarily hide column
 
Annotationen