Nr, ir.
KuvA - Blatt.
Donnerstag, d e n 6. Februar i § 2 Z.
Kunst n achrsichten aus Paris.
Januar 1823.
(Beschluß.)
S c u l p t u r.
Die Künste beschäftigen sich mit allen Triumphen,
um ihren Glanz zu vermehren und rhr Andenken zu ver-
ewigen. Ihnen -trägt bas dankbare Vaterland auf, die
Monumente zu errichten, die an die großen Männer
erinnern sollen, welche ihm gedient, und auf die es stolz
ist , oder an die Fürsten, die ihre Regierung verherrlicht
haben. In dieser leztcrn Hinsicht verdiente es ohne Zwei-
fel Ludwig XIV., daß man ihm eine Statue errichtete. '*)
Einsichtsvoller Beschützer des Talents und des Genie's,
bezaubert vom Ruhm und leidenschaftlich eingenommen für
Alles, was einen erhabenen Charakter trug, groß selbst
in seinem Unglück, in Allem würdig der Geschichte Frank-
reichs, hat er, durch seine großen Eigenschaften verdient,
dem Jahrhundert, welches ihm das Dasepn ga'o, den Na-
men zn geben.
Nickt als ob ihm nicht ein erleuchteter Philosoph ernste
Vorwürfe machen könnte; der Widerruf des Edikts von
Nantes, die Mordbrennerey der Pfalz sind unverlilgbare
Klecken; aber in welches menschliche Geschick mischen sich
nicht Verirrungen und Unfälle? Was übrigens die Nach-
welt an Ludwig xiv. ehrt, ist das, was wahrhaftig lo-
den swerth ist, das übrige kommt auf Rechnung mensch-
licher Schwäche.
Schon zu den Lebzeiten dieses Fürsten unternahm ein
bloßer Privatmann, der Marschall Duc de la Feuillade, ihm
ein Monument zu errichten, das am 10. August 1792 um-
gestürzt worden ist. §u dem Ende kaufte er die Grund-
stücke, die heutzutage den place de- victoire« bilden;
dieser Platz wurde von Maniard auf Kosten der Stadt
Paris gebaut, die auf diese Art zu her Unternehmung
*) Vorläufige Notizen über ble alte «ub neue Bilbsäule
Ludwigs XIV., welche diesen Bericht zuin Tveil ergänzen,
findet cer Leser im vorige» Jahrgang des Kuustblatls
Wr. 77- vorn rosten September.
beytragen wollte, und das Monument ward am 28. Marz
1Ü86 eingeweiht.
Es war eine Figur zu Fuße, im königlichen Gewand,
welche Ludwig Xiv. vorstellte, wie er einen Cerberus mit
Füßen tritt; eine geflügelte Siegesgöttin, mit dem einen
Fuß auf einer Kugel stehend, siezte mit der einen Hand
dem Haupte des Königs eine Lorbcrkrone auf, mir der
andern hielt sie einen Bündel von Palmen und Olivcn-
zweigen. Die ganze Gruppe war von vergoldetem Bley,
das Piedestal war mit Basreliefs bekleidet, welche die merk-
würdigsten Begebenheiten seines Lebens darstellken. An
seinen Ecken waren vier Figuren von Bronze, zwölf Fuß
hoch, welche Sklaven darstellten, die Ketten trugen. Diese
Figuren sind das Einzige, was noch von diesem Monu-
ment eristirt. Sie zieren heutzutatze die Fa<?ade des Jn-
validendauses, aber die Ketten sind verschwunden. Dir
Höhe des Ganze» betrug 35 Fuß.
Man erinnert sich, daß diese mit Ketten beladene
Sklaven, so wie die übermüthigen Inschriften auf dem
Piedestal Murren und Klagen bep mehreren fremden
Nationen erregten. Das neue Denkmal, dessen Ausfüh-
rung Hrn. Bosiv übertragen ist, einem sehr geschickten
Künstler und Mitglied- des Instituts, ist in einem Sinne
gedacht, der dem Zeitgeiste und den Rücksichten angemes-
sener ist, welche die Nationen sich gegenseikig schuldig
sind.
Es ist eine Reiterstatue in Bronze. Ludwig XIV.,
gekleidet, wie ein römischer Cäsar, das Haupt mit einem
Lvrbeerkranz umwunden, hat ein Roß bestiegen, das, den
Zügel nicht duldend, der seine Hitze zurückhält, steigt und
sich bäumt; mit der einen Hand hält er den Commando-
stab, mit der andern den Zaum des Pferdes. Der
Hauptanblick des Denkmals ist von der Straße mure des
peiiis champs, der belebtesten ron allen, die auf den
place des victoires auslaufen. Das M VN um ent ist groß
und selbst kühn gedacht; man sieht auf den ersten Anblick,
daß nur eiu Mann von großem Talent einen solchen Ge-
danken fassen und ausführcn konnte; aber wer zuerst die
Bahn verläßt, die alle vor ihm gewandelt sind, kann nicht
sieden .Uebelstaud voraussthen oder vermeiden, den die Cr-
KuvA - Blatt.
Donnerstag, d e n 6. Februar i § 2 Z.
Kunst n achrsichten aus Paris.
Januar 1823.
(Beschluß.)
S c u l p t u r.
Die Künste beschäftigen sich mit allen Triumphen,
um ihren Glanz zu vermehren und rhr Andenken zu ver-
ewigen. Ihnen -trägt bas dankbare Vaterland auf, die
Monumente zu errichten, die an die großen Männer
erinnern sollen, welche ihm gedient, und auf die es stolz
ist , oder an die Fürsten, die ihre Regierung verherrlicht
haben. In dieser leztcrn Hinsicht verdiente es ohne Zwei-
fel Ludwig XIV., daß man ihm eine Statue errichtete. '*)
Einsichtsvoller Beschützer des Talents und des Genie's,
bezaubert vom Ruhm und leidenschaftlich eingenommen für
Alles, was einen erhabenen Charakter trug, groß selbst
in seinem Unglück, in Allem würdig der Geschichte Frank-
reichs, hat er, durch seine großen Eigenschaften verdient,
dem Jahrhundert, welches ihm das Dasepn ga'o, den Na-
men zn geben.
Nickt als ob ihm nicht ein erleuchteter Philosoph ernste
Vorwürfe machen könnte; der Widerruf des Edikts von
Nantes, die Mordbrennerey der Pfalz sind unverlilgbare
Klecken; aber in welches menschliche Geschick mischen sich
nicht Verirrungen und Unfälle? Was übrigens die Nach-
welt an Ludwig xiv. ehrt, ist das, was wahrhaftig lo-
den swerth ist, das übrige kommt auf Rechnung mensch-
licher Schwäche.
Schon zu den Lebzeiten dieses Fürsten unternahm ein
bloßer Privatmann, der Marschall Duc de la Feuillade, ihm
ein Monument zu errichten, das am 10. August 1792 um-
gestürzt worden ist. §u dem Ende kaufte er die Grund-
stücke, die heutzutage den place de- victoire« bilden;
dieser Platz wurde von Maniard auf Kosten der Stadt
Paris gebaut, die auf diese Art zu her Unternehmung
*) Vorläufige Notizen über ble alte «ub neue Bilbsäule
Ludwigs XIV., welche diesen Bericht zuin Tveil ergänzen,
findet cer Leser im vorige» Jahrgang des Kuustblatls
Wr. 77- vorn rosten September.
beytragen wollte, und das Monument ward am 28. Marz
1Ü86 eingeweiht.
Es war eine Figur zu Fuße, im königlichen Gewand,
welche Ludwig Xiv. vorstellte, wie er einen Cerberus mit
Füßen tritt; eine geflügelte Siegesgöttin, mit dem einen
Fuß auf einer Kugel stehend, siezte mit der einen Hand
dem Haupte des Königs eine Lorbcrkrone auf, mir der
andern hielt sie einen Bündel von Palmen und Olivcn-
zweigen. Die ganze Gruppe war von vergoldetem Bley,
das Piedestal war mit Basreliefs bekleidet, welche die merk-
würdigsten Begebenheiten seines Lebens darstellken. An
seinen Ecken waren vier Figuren von Bronze, zwölf Fuß
hoch, welche Sklaven darstellten, die Ketten trugen. Diese
Figuren sind das Einzige, was noch von diesem Monu-
ment eristirt. Sie zieren heutzutatze die Fa<?ade des Jn-
validendauses, aber die Ketten sind verschwunden. Dir
Höhe des Ganze» betrug 35 Fuß.
Man erinnert sich, daß diese mit Ketten beladene
Sklaven, so wie die übermüthigen Inschriften auf dem
Piedestal Murren und Klagen bep mehreren fremden
Nationen erregten. Das neue Denkmal, dessen Ausfüh-
rung Hrn. Bosiv übertragen ist, einem sehr geschickten
Künstler und Mitglied- des Instituts, ist in einem Sinne
gedacht, der dem Zeitgeiste und den Rücksichten angemes-
sener ist, welche die Nationen sich gegenseikig schuldig
sind.
Es ist eine Reiterstatue in Bronze. Ludwig XIV.,
gekleidet, wie ein römischer Cäsar, das Haupt mit einem
Lvrbeerkranz umwunden, hat ein Roß bestiegen, das, den
Zügel nicht duldend, der seine Hitze zurückhält, steigt und
sich bäumt; mit der einen Hand hält er den Commando-
stab, mit der andern den Zaum des Pferdes. Der
Hauptanblick des Denkmals ist von der Straße mure des
peiiis champs, der belebtesten ron allen, die auf den
place des victoires auslaufen. Das M VN um ent ist groß
und selbst kühn gedacht; man sieht auf den ersten Anblick,
daß nur eiu Mann von großem Talent einen solchen Ge-
danken fassen und ausführcn konnte; aber wer zuerst die
Bahn verläßt, die alle vor ihm gewandelt sind, kann nicht
sieden .Uebelstaud voraussthen oder vermeiden, den die Cr-