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Nr. 61

Kunst-

Donnerstag, der

Einige Bemerkungen über den jetzigen Zustand der
.Historienmalerei) in Frankreich.

Diese Demerknuqen find durch den Aufsatz über das
neuste Gemälde .von David (Nr. 57. des Kunstblatts)
veranlaßt. Indem unser Herr Cvrrespondent dort die
früheren und späteren Werke des genannten Meisters ver-
gleicht., und den Gang seiner Marimen und Bestrebungen
würdigt, oertheidigt er diejenige Kunstansicht, durch
deren Aufstellung David.eine ausgezeichnete Malerschule
gegründet und mit großer Gewalt auf den Gang der
Kunst, selbst außerhalb Frankreich, gewirkt har. Es
mußte natürlich dem gelammten Publicum höchst ausfal-
lend sevn, zu sehen, wie der Meister den Weg, für dessen
Eröffnung ihm die ganze Nation sich verpflichtet fühlte,
auf dem er eine Menge talentvoller Künstler zu großen und
rühmlichen Werken angeführt, von selbst verließ, und
in seinen lezren Werken.einem beynah entgcgengesezten
Streben sich hingab. Keine der öffentlichen Anzeigen
in französischen Blättern über sein vorlezteo Gemälde:
Amor, welcher Psvche verläßt, und über das eben an-
gezeigte, Venus und Mars, konnte verbergen, daß
bevde Gemälde eigentlich nicht gefallen. Aber es macht
den Franzosen Ehre, daß sie es/ür unrecht halten, einen
Man», der unter den ersten Geistern der Nation immer
mit Achtung genannt werden muß, in seinem späten Al-
ter, wo er ihnen weniger zu Dank arbeitet, durch bittere
Kritik zu kränken. Sein Name wird mit Recht als ein
Nationalgut betrachtet, welches unangetastet bleiben soll.—
Wir kennen das angezeigre Gemälde blos ans einem
schlechten Umriß, der einer sranzösisä-en Zeitschrift bep-
gelegt worden, und können daher weiter nichts sagen, als
daß wir, abgesehen von der Wahl des Gegenstandes, auch
die Composition nicht für gelungen halten können. Unsere
Absicht ist hier bloü, zu der Würdigung der verschiedenen
Ansichten und des Ganges, welchen David und die fran-
zösische Historien-Malerep, früher und spater genommen,
durch einige geschichtliche Bemerkungen beyzulragen.

Davids Streben, als er sich zuerst aus der alten
Manier herausriß und seinen Stpl begründete, ging of-

B l a i r.

29. I ult 182 4.

fenbar auf Darstellung edler Charaktere und schöner For-
men. Jene suchte er in den Geschichten der Römer und
Griechen, diese in den Bildwerken, die uns von bcvdcn
übrig geblieben sind. Aber seine Compositionen erhielten
nicht den tiefe» Ausdruck einer edlen Idee, welche Scenen
und Charaktere in ihrem innersten einfachsten Wesen er-
greift, sondern den äußern Prunk theatralischer Leiden-
schaftlichkeit; und seine Formen, nach Statuen purisicirt,
und ohne durchgreifende Harmonie der Farben dargestellt,
blieben zum großen Theil frostig und ohne Naturwahr-
heit. So erscheinen uns die Hvratier als eine höchst
theatralische Composition; im Brutus bat sich der Künst-
ler an eine Scene gewagt, deren moralischer Gehalt im
Gemälde so wenig darstellbar ist, daß dasselbe abschreckend
wirkt; in den Sabinerinnen endlich, welche viele schöne,
mit großer Wahrheit und Empfindung aufgcfaßte Motive
enthalten, (man sehe die Gruppen der Weiber und Kinder),
konnte sich doch ebenfalls, besonders in den beiden Haupt-
figuren, das theatralische Pathos nicht verleugnen, wel-
ches dem reinen natürlichen Gefühl widerwärtig ist. Ei-
nige kleinere Bilder, wie der Belisar, Paris und He-
lena, tragen, obgleich später gemalt als die Horatier, noch
Spuren der altern Manier, sind zwar srcyer von thea-
tralischer Affektation, aber in der Erfindung auch unbe-
deutender. Den Levnidas können wir nicht mit unserm
Harrn Correspondenten zu Davids lezter Periode zählen,
denn in Composition und Zeichnung ist noch eben so sehr
das Heroische gesucht, und der Meister hat blos einem hö-
her» Grade von Kraft und Wahrheit der Farbe nachge«
strebt, der aber für den Mangel au Einheit in der Com-
position und an Tiefe m der Auffassung der Charaktere
nicht entschädigt. *)

Wie überall dem vorragenden Talente Hochachtung ge-
bührt, so verkennen wir nicht, was Davib in der Thar
geleistet. Er «Lein unter allen Malern seiner Zeit hat
eine Schule gegründet, durch ungewöhnliche Thäligkeit

®) Die genannten Bilder sind sämintlich in der Sallerie
Luxembourg.
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