Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
i6o

je» geleuchteten Chors stand der Sarg, der den einbal-
samirten Leichnam enthielt. Darauf batte Man Davids
Pinsel und Palette, seine Uniform als Mitglied des
Instituts und sein Ehrcnkreuz gelegt; die ersten Künst-
!er des Theaters und der Stadt vermehrten noch den
Glanz dieser Feperlichkeit, und die Kirche konnte kaum
die hereinströmende Menge in sich fassen. Man bemerkte
unter den Gegenwärtigen die angesehensten Beamten,
Künstler, Gelehrte; Deputationen von Gent, Brügge
und andern Städten; die berühmtesten von den übrigen
französischen Verbannten, Sieyes, Merlin, Ramel u. s. w.
und die Cvmmissarien, denen die Subscription zur Be-
sorgung des Leichenbegängnisses und des Monuments
anvertraut worden ist, das man ihm zu errichten ge-
denkt.

David starb den 29. December 182Z des Morgens
ein Viertel nach eilf Uhr. Am i9ten war er im
Schauspielhause gewesen, wo man den Tartuffe gab, und
war bis an das Ende des Stücks geblieben. Diese Un-
vorsichtigkeit kostete ihn das Leben; von jenem Augen-
blicke wurde er kränker und delirirte bepnahe fortwäh-
rend; demungeachtet bezog sich alles, was er sagte, ja
sogar seine Bewegungen auf seine Kunst. Einer seiner
Schüler und jezt einer unserer ersten Maler besuchte
ihn zwey Tage vor seinem Tod und erhielt von ihm
Rath und Belehrung über ein Gemälde, an welchem er
eben 'arbeitete. Die Wärme, mit der er sich auszu-
drücken suchte, schwächte ihn bald, und als er nicht mehr
sprechen konnte, fuhr er noch fort, die Stellungen, die er
im Gemälde beobachtet wünschte, mit seinen eigenen Be-
wegungen anzudeuten. Den Tag darauf brachte man
ihm den Kupferstich, den Langier nach seinem Leonidas
ausgeführt bat. Der Anblick dieses Bildes weckte ihn
aus dem todtenähnlichen Schlummer, in den er versun-
ken war. „Gut, sagte er, nur legt mir das Blatt
näher vor die Augen, denn sie werden sehr schwach"; dann
betrachtete er es, ließ es vor sich an die Wand hängen
und begehrte, daß man seinen Stuhl davor Hinrolle.
Darauf nahm er die wenigen Kräfte, die ihm noch blie-
ben, zusammen, und deutete mit seinem Stock auf die-
jenigen Theile der Arbeit, die ihm noch mangelhaft schie-
nen. Unmerklich lebte er wieder auf; seine Bemerkun-
gen waren wichtig und voll Kunstgefühls; in seiner Rede
bemerkte man noch einige jener lebhaften und nialeri-
schen Wendungen, welche die Natur allen großen Män-
nern eingibt, wenn sie von ihrer Kunst sprechen. Er
verlangte einen Stift, um einige Figuren zu berichtigen,
an welchen der Künstler die Gradation des Lichtes nickt
genug fühlbar gemacht hatte. Man bat ihn, davon abzu-
lassen, und der Rübe zu pflegen. Er gab endlich den
dringenden Bitten seiner Kinder und Freunde nach,
und pvn jenem Augenblick an sprach st nicht wieder.

Einige Personen behaupten, seine lezten Augenblicke
sevcu durch schreckhafte-Visionen gestört worden; biswei-
len sei, es ihm gewesen, als befände er sich auf einem
Blutgerüste, oder als wäre er von Menschen umgeben,
die ihn verfluchten. Diesen absurden Erdichtungen wird
von allen widersprochen, die ihn in seinen lezten Augen-
blicken umgaben. Seine Visionen waren im Gegentheil
alle heiter und angenehm.

Bep ihm war seit langer Zeit schon der politische
Partepgänger dem Künstler gewichen.

Hier geht der Verfasser zu einigen Bemerkungen
über Davids Charakter über, die der Kunst fremd sind.
Er scheint sein Freund gewesen zu sevn, und sucht so
viel als möglich den Vorwurf eines blutigen Dema-
gogismus von ihm abzuwalzen. Zum Schlüsse theilt er
den Brief mit, den die Commission zur Sammlung von
Bepträgen, die zur Errichtung eines Denkmals bestimmt
sind, an alle Schriftsteller und Gelehrte richtet, die, wie
er sich ausdrückt, fick für die Kunst intereksiren und sich
selbst durch das Andenken an einen Man» ehren wollen,
'der so viel zu ihrem Glanz und Fortgang bevgetragcn
hat. Die Unterzeichneren sind: der Ritter Odewaere,
2- 2- Navez, M. Srapleaur, H. Van Assede, Van
Geel, de Potter, 2- A. Thomas der Sohn.

Man kann bepnahe mit Gewißheit Voraussagen, daß
die französische Negierung es bereuen wird, einem klein-
lichen Rachgefühl nachgcbend, einen ihrer merkwürdigsten
Männer, auch noch nach dem Tode verfolgt zu haben.
Sie verdiente, daß eine Zauberruthe ihr auch die Mei-
sterwerke entführte, mit denen sie ihre Museen schmückt,
und die noch lange als ein Denkmal seines Verdienstes
und des Undankes gegen ihn dahängen werden.

Neue K u p f c r si i ch e.

Eine Madonna mit dem Kinde nach Raphael, ge-
stochen von R. Morghcn. Fol. 8 fl.

Es ist Anmuth in diesem Madonnengesicht, aber
auch etwas Dissonirendes in den Theilen. Der Kopf
könnte überhaupt genauer modellirt und das Kind weni-
ger pausbackig seyn- Sonst liegt eine schöne 2ntention
in dem Bilde, viel Zartes und Gemütblickes. Morghens
Stich hat auch hier wieder etwas Trockenes und Kaltes.

Uebrigens gibt dieses Blatt einen neuen, erfreulichen
Beweis, daß die italienischen Kupferstecher sich noch im-
mer an die alten tüchtigen Meister halten, der Kunst
und gewiß auch sich selbst zum Vortheile.

— ber.
Register
Für diese Seite sind hier keine Informationen vorhanden.

Spalte temporär ausblenden
 
Annotationen