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mich Flüchtigkeit der Behandlung. Keinem ist Aehnlich-
keit abzusprechen. Die von ihm ausgestellte Grablegung
hätte mit Ruhe und Fleiß ausgcführt werden sollen.
Iezt mißfällt der graue Ton des Leichnams und der
Mangel an Harmonie des Colorits. Von dem Taub-
stummen Porträtmaler Hrn- Bauer war dießmal nur
ein, wie es schien, ähnliches Porträt zu sehe».

In die oben angeführte Gattung fallen auch die sehr
lobeuswcrthen Bilder des Hrn. Börner, eines sehr ge-
schickten Malers, der das fein Charakteristische zu seinem
besonder» Studium gemacht zu haben scheint. Wir sahen
von ihm eine Strickstube, in welcher zwey ältere weib-
liche Personen an zwey verschiedenen Fenstern, durch welche
ein helles Licht eiufäüt, mit ihren Schülerinnen sitzen. Der
Fleiß und Unfleiß, der sich in den Blicken der Mädchen und
in ihrer Haltung darstellt, ist äußerst gut getroffen. Das
Mädchen, das ihre 'Arbeit der Lehrerin vorzeigt, ist eine
vorzüglich gelungene Figur. Die Klarheit der Beleuch-
tung und der Farben, der Fleiß und die Reinlichkeit der
Ausführung verdient eben so viel Lob, als das Charak-
teristische der Erfindung. Möchten doch mehrere Künst-
ler die anspruchlosen Scenen des Lebens mit solcher Be-
obachtung und solchem Fleiße auffaffen! — In der land-
schaftlichen Darstellung des Hrn. Lenz, der übrigens im
Zeichnen viel Gewandtheit verrath, fand man zu viel
Zusammengestelltes, was sich nicht selbst zu einem
Ganzen einigen will; das Grün und Blau stand hier
grell neben einander. Ueberhaupt dürfte, nach dem Ver-
brauch der Farben bey mehreren neuerdings gesehenen
Bildern junger Maler zu schließen, das Neublau künftig
etwas thgner werden. Das Uebrige können wir über-
gehen.

Unter den hier ausgestellten Zeichnungen, beson-
ders unter den a r »i tekto n isch en (z. B. die Gewölbe
in der Bastey) fand sich viel Lvbenswerthes und Talent
verralhendes. Auch einige andere Kunstarbeiten waren
ausgenommen, welche das Fortschreiten unserer Industrie
bezeigen, z. B- eine treffliche Buchbinderarbeit, eben
so sauber, als zweckmäßig, glänzend ohne Ueberladung;
und ein großer kunstreich gearbeiteter und verzierter sil-
berner Pokal. Der Einfall, statt des Knopfes am Deckel
ein kleines fein gearbeitetes Schi ff Zusehen, gehört viel-
leicht dem Besteller an, sonst würde man den trefflichen
Künstler einer u nzweckmäßig en Künsteley beschuldi-
gen müssen.

Die den Handel betroffenen Unglücksfälle hielten dieß-
mal die fremden Kunsthändler ab, mit ihrem Vorrath auf
unserer Messe zu erscheinen. Auch der geachtete Buch-
und Kunsthändler Winter hatte dießmal außer zwey bra-

ven Porträts nichts mitgebracht, und ein französischer
Kunsthändler, dessen Namen mir entfallen, soll nichts
Ausgezeichnetes gezeigt haben. Um so mehr wurden die
schönen Privatsammlungen besucht, wozu dießmal die des
Hrn. Hofrath Keil hinzukam. Beyläuflg will ich bemer-
ken, daß der Besitzer einer der werthvvllsten dieser Samm-
lungen, Hr. v. Speck, einige Hauptstücke derselben (die
sprechende alte Frau mit der Pelzjacke, welche mit dem
Buche in der Hand durch einen geöffneten Laden schaut,
von van der Heist, die lieblich einfache Madonna mit
dem Kinde von Francesco Francia; zwey Landschaf-
ten von Wyna nt s und Caracci, einen Kirchenprospect
von DeLorme und ein ländliches Bild von Ostade)
hat lithographiren, und von dem kürzlich beschriebenen
großen Oclbilde von Waldes einen gestochenen Umriß fer-
tigen lassen. Vornehmlich ist die Lithographie des erst-
genannten Bildes gelungen.

Ich benutze die gegenwärtige Gelegenheit, um noch
von einem trefflichen architektonischen Bilde eines vor-
züglich begabten jungen Malers zu sprechen, welches eben
in die Sammlung des Hrn. v. Quaudt in Dresden
abgegangen ist. Es ist dieses der Dom in Erfurt, des-
sen hervorstehende Theile von einem über den benachbar-
ten Häusern hervorschimmernden Abendlichte beleuchtet
werden. Der Moment ist trefflich gefaßt; das Gebäude
mit seiner Umgebung lebenswarm geschildert. Es scheint
der ruhige Abend eines Sonntags zu sevn; die Straßen
sind leer; aus dem Portal der Kirche kommen einzelne
Personen; die andern scheint der schöne Tag ins Frepe
gelockt zu haben. Die Zeichnung und Farbengebung der
architektonischen Massen ist in allen Abstufungen des
Lichts von den dunkeln Substrnctionen im Vordergründe
an bis zu dem Glockenthurm auf der hintern, beleuchte-
ten Seite, wahr und rein; die Lichter an den Strebe-
pfeilern von dem ansprechendsten Effect. Da das Kirchen-
gebäude keine zu colvssalen Formen bat, so schaden ihm
die mit aller Treue hingestcllten bürgerlichen Nachbarn-
häuser nicht; ja sie scheinen mit dem Gegensatz, welchen
sie bilden, nvthwendig zur Idee zu gehören. Alle Kenner
haben die Fortschritte des jungen Künstlers bewundert,
der vor einem halben Jahre das nach der Phantasie ent-
worfene, aber mehr als Dekoration behandelte Bild eines
Doms, in welchem sich doch der Schwung des jugend-
lichen Talents beurkundete, dem obengenannten Kunst-
sammler verkaufte. Der Künstler heißt Hasen flu t und
hat sich jezt nach Magdeburg begeben, um den dortigen
Dem zu malen. Vor Kurzem ist au» der Maler Gold-
stein aus Italien zurückgekehrt, welcher sich auf ähnlicher
Laufbahn befindet. Wir erwarten bald manches Gute
von seiner Erfindung zu sehen.
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