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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 3.1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.5183#0013

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JnSachse' s permanenter Gemäldeausstellung werden
seit Kurzem eine Anzahl von Aquarellen bewundert, die
S. K. H. der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin
hat anfertigen lassen. Es sind militärische Scenen aus
dem Feldzuge des zweiten preußischen Reservekorps unter
Führung des Großherzogs, gemalt von Louis Braun,
und Architekturbilder, die ihren Gegenständen nach gleich-
falls mit jener kriegerischen Promenade in Beziehung
stehen, von Lorenz Ritter. Die ersteren zeigen durchweg
eine frische freie Zeichnung, oder wenn man will, Kom-
position, namentlich eine Scene aus einem Artillerie-
manöver. Das Aquarell ist dabei mit jencr Leichtigkeit
und Flottheit behandelt, die ihm seinen eigenthümlichen
Reiz giebt und es zu einer Art von malerischer
Stenographie stempelt. Nur die Färbung befriedigt nicht
recht. Sie ist bunt und entbehrt allzusehr der Tiefe.
Durch die Unmittelbarkeit der Anschauung jedoch, durch
die ungeschminkte Natürlichkeit und Lebendigkeit der Vor-
gänge und durch das stoffliche Jntereffe dieser selbst ist
die Anerkennung, welche diese Arbeiten finden, eine voll-
kommcn berechtigte, und eine solche, die dem Künstler zu
verdientem Lobe gereicht. — Ganz ähnlich sind die kleineren
Blätter von Ritter, die indessen von zwei grvßcren Pen-
dants weit überragt werden, der innercn Ansicht der St.
Sebalduskirche in Nürnberg niit dem Sebaldusgrabe,
und einer gleichen, dcr St. Lorenzkirche mit dem schönen
Sakramcnthäuschen. Leider ist im crstercn Bilde das
Größenverhältniß zwischen dem Monnment nnd der
Kirche auffallend nnrichtig: das Grabdenkmal erscheint
bei weitem zu hoch, die übrige Ausführung jedoch verdient
uneingeschränktes Lob. Es fehlt der Farbe nicht an Kraft,
das Licht, das eine Mal hinten in den Chor, das andere
Mal in breitem Strome von der Seite her einfallend, ist
malerisch und effektvoll behandclt, die Räume wirken be-
deutend, wie sie es sind. — Von Adalbert Begas habe
ich hier zum ersten Male ein männlichcs Biidniß, das
des Herrn Generals von Riebcn, gesehen, und die Ver-
muthung bestätigt gefunden, daß er in solchem Borwurf
sich nicht mit gleichcm Glück wie in der Darstellung duftigcr
zarter Frauengestalten bewegen würde. Der Kopf, ob-
wohl plastisch nnd lebensvoll hatte etwas Frostiges und
zugleick Trockenes in der Farbe, die Figur erschien fast un-
förmlich. Bekannten Liebreiz aber athmet ein jugendliches
weibliches Porträt, stchend, die Hände in ganz ungesuchter
Weise im Schooß ineinandergelegt. Man sollte meinen,
wenn man Begas'Frauenbildnisse betrachtet, das„schöne"
Geschlecht bestände wirklich aus lauter Meisterstücken der
Schöpfung, so bezaubernd weiß er seine ätherischen Ge-
bilde hinzustellen. Jch glaube, es ist das Geheimniß
dieses Künstlers, die Spur des Unbeschreiblichen, des ewig
Weiblichen, das nns hinanzieht, in seinen Originalen zu
entdecken und es in verklärtem Glanze aus den Zügen,
aus der ganzen Erscheinung strahlen und leuchten zu

lassen. Eine geheimnißvolle Schönheit, die von dem
sinnlich Reizvollen weit verschieden ist, eignet allen seinen
Schöpfungen, und diese Tiefe seiner Auffassung hat ihn
so schnell in die Neihe unserer ersten Porträtmaler gestellt,
mehr, glaube ich, als sein technisches Verdienst, wie groß
es immcr sei, mehr selbst als seine Farbc, die indcffen
diesmal, wenn nicht nngenügende Beleuchtung mich ge-
tänscht hat, ein weuig kühler in der Harmonie ist, als sie
mir aus des Künstlers früheren Bildern in der Erinnerung
steht. — VonC. Freyberg zieht das Porträt eines Knaben,
lebensgroß in ganzer Figur, durch seine Komposition an.
Nachlässig sitzt er mit halb nntergeschlagenem Bein auf
einem Tabouret und läßt den rechten Arm auf eineni
neben ihm stehenden Windspiel ruhen. Wärc der violette
Sammetanzug und das anmnthig träuniende Kindergesicht
markiger behandelt, so wäre nichts Erhebliches an dem
Bilde auszusetzen. — Das Porträt des Domherrn von
Posen, von Paul Stankiewicz, befriedigt in dem breit
und sicher gemalten Kopf sehr wohl, weniger in der zu
monotonen und selbst etwas stumpfen Tracht. — Eine
iuteressante Erscheinung ist ein historisches Genrebild von
JnlinsSchrader, benannt „Heinrich IV. nnd diePute,"
nicht gcrade schr verständlich, aber malcrisch recht anziehend.
Der König, vor dessen genugsam bekannten Gesichtszügen
der Meister etwas mchr Respekt hättc haben können, ruht
etwas nonchalaut in einem Lehnsessel, neben und hinter
ihm einige Herren seines Gefolges. Er empfängt mit
freundlich grüßender Haudgeberde einen Mann, der im
schönsten, ctwas bänrischen Staat und mit einer großen
frisch geschlachteten Pute in dcr crhobenen Hand ihn mit
ehrfnrchtsvoller Verbeugung begrüßt. Dabei steht eine
Dame, die ihn dem Könige vorzustellen schcint, und ein
Knabe bemüht sich, eine kräftige Dogge zurückzuhalten,
die dem Ankömmliiig keinen allzufreundlichen Empfang
zu bereiten Miene macht. Abgesehen davon, daß die
Dame etwas posirt, daß an manchen Stellen, wie den
weibisch feinen Händchen des Königs, weniger makellose
Elcganz zn wünschen wäre, uud daß die Pointe der Hand-
lung ein Räthsel blcibt, crfrent cine gewisse Frische nnd
vor Allcm die wohlig warme Farbe. Leidcr wird das
Wohlgefallen an dem Bilde merklich hcrabgestimmt, wenn
man hinterher die Geschichte mit der Pute erfährt. Heinrich
ist unerkannt im Hause eincs seiner Officicre; die Frau
inBerlegenheit uin ein Abendesscn; ein benachbarterBauer,
der den König erkannt hat, will seine Pntc nur gcben,
wenn er selbst sie niit verspciscn kann, und der König
willigt darein, dem als lustiger Kiimpan bekannten Biannc
scinen Wnnsch zn gewähren: jetzt komnit er und überbringt
die Putc, — das ist das Bild. Aber das Beste kommt crst:
cr unterhält den König durch seine lauiiigen Einfälle
beim Essen außcrordeiitlich, und als sich dieser crhebt,
bricht er das Jnkognito, fällt dem Könige zu Füßen, und
stellt ihm vor, daß er, um nicht durch seine, deS Bauern,
 
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