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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 3.1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.5183#0074

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den, um der wegen ihrer ungemeinen Rührigkeit und der
entschieden glücklichen Führung ihrer Unternehmungen
allgemcin anerkanntcn und von hoch und niedrig auf's
kräftigste nnterstützten Direktion des österreickischen Mu-
seums einen Stein zwischen die Füße zu werfen. Dem
Museum war für seinen Neubau der Platz an der ver-
längerten Wollzeil und dem Ring unweit vom Stadtpark
angewiesen, und die Museumsleitung mußte damit um so
mehr einverstanden sein, als es leider für ausgemacht
gelten kann, daß dieser Platz unter den zur Wahl ge-
lassenen Rayons der einzige ist, wclcher die vom Museum
zu fordernden Bedingungen in sich vereinigt. Namentlich
ist dieser Platz der einzige, der eine entsprechende spätere
Erweiterung des Museums oder eine Verbindung desselben
mit der ebenfalls dringend nothwendigen Kunstgewerbe-
schule zulassen würde. Nun hat sich aber — unbegreif-
licher Weise lange post testuw! — plötzlich herausgestellt,
daß der Bodcn dieses Platzes einen vor Iahren angelegten
ominösen Kanal, nämlich den sogenannten Cholerakanal,
in sich birgt, und obwohl sich der Architekt des Museums,
Prof. Ferstel, im Stande und bereit erklärte, dieses
Hinderniß durch eine doppelte Ueberwölbung und durch
eine etwas modificirte Führung i>er Baulinien zu besei-
tigen, wurde daraus von der Bankommission dcs Gemeinde-
kollegiums Anlaß genommen, gegen die Bewilligung des
Platzes nachträglich einzuschreiten. Es wäre sehr schlimm,
wenn diesem Streben an entscheidender Stelle Folge
geleistet würde. Abgesehen davon, daß der Wiberstand
des Gemeinderathes auf keinem stichhaltigen Grunde rnht,
würde dadurch der Thätigkeit des Museums vermuthlich
auf längere Zeit hinaus ein unangenehmer Hemmschuh
angelegt werden. Die i?okalitäten dcs Museums, ohnehin
von einer höchst primiliven und „provisorischen" Schön-
heit, sind bereits von einem wahren Chaos der verschie-
densten Kunst- nnd Jndnstriegcgenstände bis an das Dach
vollgestopft. Nur ein einziger Saal, der der keramischen
Sammlung, trägt einen einheitlichen Charakter und bietet
in seincn, überdics in besonderer Mannigfaltigkeit vor-
liegendcn, Schätzen einen ungemein lehrrcichcn Ueberblick
über die Entwickelung diescs Kunstzweiges von dcn ältcsten
Zeiteu bis auf die Gegenwart. Wie schön würde eS sein
nnd in wie nachhaltigerer Weisc könnte das Museum auf
die Besucher wirken, wenn auch den übrigen Haupt-
zweigen der Kunstindustrie, vorzugsweise der Weberei
und Stickerei, dann der Glasarbeit und Goldschmiede-
kunst ähnliche für sich bestehende, planmäßig geord-
nete Sammlungen gewidmet wären! In noch höherem
Gradc macht sich dic Unzulänglichkeit der Aufstellungs-
räume des Museums den zahlreichen Gypsabgüssen
gegenüber geltend, welche jetzt in buntem Durch-
einander zwischen Glaskästen, Rüstungen und auf
Schränken und Konsolen herumstehen. Wie sehr die
Wirkung einer plastischen Sammlung und jedes einzelnen

Kunstwerks in ihr von der Aufstellung bedingt ist, und
wie wichtig es namentlich für die richtige Beurtheilung
der hohen Kunst des Alterthums ist, daß ihre Werke der
monumentalen Würde ihres Stils entsprechend aufge-
stellt werden, weiß Iedermann. Jn Wien haben wir
durch das ebenso schön wie zweckentsprechend aufgestellte
plastische Museum der Akademie der bildenden Künste
davon erst kürzlich einen neuen Beweis erhalten. Endlich
aber drängen auch die alljährlichen Vorlesungen im öster-
reichischen Museum immer gebieterischer auf einen Neuban
hin. Auch diescs Jahr werden diese Vorlesungen, die sich
bekanntlich über die verschiedensten, mit dem Kunstleben
in Berührung stehenden Wisscnskreise ausdehnen, von
durchschnittlich 300 Personen aller Berufs- und Alters-
klassen besucht, und uoch etwa die Hälfte der angegebenen
Zahl mußte aus Mangel an Raum ohne Einlaß bleiben.
Auch ist es für daS Mnseumspersonal eine nicht eben sehr
angenehme und den Kunstgegenständen förderliche Auf-
gabe, eine der drei AusstellungSlokalitäten jeden Don-
nerstag zum Behufe der Vorlesnngen auszuräumen und
wieder neu zu ordnen. Allen diesen Uebelständen kann
nur durch einen schleunigen Neubau gesteuert werden.
Die Vorbereitungen dazu sind getrofsen, die Pläne dcs
Prof. Ferstel, auf einen schlichten, durch Hausteingliede-
rung und Sgraffitodekoratiou belebten Rohbau berechnet,
haben die Genehmigung des Kaisers erhalten, — es fehlt
nur der Platz. Und dic Bewilligung desselben hat in diesem
Fall cinen um so höheren Werth, als sonst am Ende auch
das Gelb zur Ausführung des Gebäudes nicht so willig,
oder wenigstens nicht so schnell zur Berfügung gestellt
werden dürfte, als es ohne die Platzverweigerung des
Gemeinderaths geschehen wäre.

Von den Hauptverschleppungsgegenständen dieses
Kollegiums, nämlich der famosen Wasserleilung und dem
neuen Rathhausbau, an dem wir vermuthlich nächstens
wieder cin Beispiel der beliebten allgemeincn Konkurrenz-
wuth erleben werden, erzähle ich Ihneu das nächstc Mal.
Es ist Zcit, daß ich heute auf ein anderes Künstgebiet,
auf das unsrer ueuesten Plastik übergehe, welchcs leidcr
an versehlteu und unnütz hingezögerten Unternehmungcn
noch weit reicher ist als das der Architektur.

Schon vor ungefähr drei Iahrcn sahen wir die
Skizzen des auf der hiesigen und dcr Dresdencr Akademic
gebildeten talentvollen Kundtmann zu den für die
Schwarzenbergbrücke bestimmten allegorischen Figuren
hier öffentlich ausgestellt. Die Entwürfe gefielen, und
Kundtmann begab sich alsbald im Auftrage des Gemeinde-
rathes nach Rom, um dort die Lehrmodelle anzufertigen
und sich zur Ausführung der Werke im Großen zu rüsten.
Die Brücke ist inzwischen längst fertig geworden, der an-
stoßende Platz hat durch die Enthüllung der Schwarzen-
bergstatue seinen monumentalen Schmuck erhalten, an die
Vollendung der umliegenden Baulichkeit wird Hand an-
 
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